Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Endlich ungestört stöbern
Die Landesbibliothek in Eutin, im Osten Schleswig-Holsteins, beherbergt einen Schatz: Rund 13.000 Titel umfasst der Bestand an Reiseliteratur.

Weimar des Nordens“ haben sich die Touristiker in ihrer bildhaften Sprache für das holsteinische Städtchen Eutin einfallen lassen. Die 17.000-Einwohner-Stadt liegt im Naturpark Holsteinische Schweiz. Sie ist umgeben von zahlreichen Seen, Wäldern, sanften Hügeln, es gibt ein gut erhaltenes Schloss am See und eine historische Altstadt. Ein Ort zum Entschleunigen, Segeln, Angeln, Wandern, Schwimmen, zum Tennis und Golf spielen. Und ein Ort, um in der dortigen Landesbibliothek in historischer Reiseliteratur zu stöbern.
Insgesamt 13.000 Titel umfasst der gedruckte Reiseliteraturbestand der Eutiner Landesbibliothek. Reisewerke aus fünf Jahrhunderten, davon 6.000 Originalausgaben aus dem 16. bis 20. Jahrhundert, 1.200 historische Reiseführer, 1.300 Ausgaben in Kopie, 1.700 Neuausgaben und Reprints, 450 Titel in Mikroform, mehrere handschriftliche Reisetagebücher, eine umfangreiche Sammlung von modernen Reiseführern und Ortsprospekten. Dazu kommen über 2.300 Titel Sekundärliteratur, Spezialbibliografien und Nachschlagewerke. In Deutschland ist Eutin die einzige Forschungsstelle ihrer Art.
Hier kann der Besucher in alten Büchern über das antike Rom stöbern oder die Reisen des Olearius nach Russland und nach Persien studieren. Privatpersonen wie der Kieler Hauptmann namens Appenfelder oder Gerhardt Anton von Halem, ein oldenburgischer Regierungsrat, hatten schon im 18. Jahrhundert starkes Interesse an damals beliebter Reiseliteratur.
Und auch die Fürstbischöfe von Lübeck brachten mit ihrer Privatbibliothek Prachtwerke der Reiseliteratur ein. Dies ist der Grundstock einer Bibliothek, die 1837 eröffnet wurde. Im Jahre 1987 wurde deren Besonderheit, die Reisebibliothek, ausgegliedert. Eine Fundgrube für alles, was mit historischen Reisen zusammenhängt, angefangen bei den materiellen Bedingungen der Reise bis zu ihrer literarischen Verarbeitung.
Fündig wird man auch online. Im Rahmen des EU-Projekts „Europeana Travel“ wurden ausgewählte Reiseberichte aus dem Bestand des Leibniz-Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung von der UB Regensburg digitalisiert und anschließend mit OCR behandelt. Damit sind die Werke nicht nur online lesbar, sondern sie können auch nach Stichwörtern in Originalschrift durchsucht werden.
Diese historischen Schriften liefern das, was im heutigen Tourismus oft fehlt: wunderliche Begegnungen und Einblicke.
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