Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Tonnenweise Kitsch aus Fernost
Es ist nicht nur ein Ärgernis für Touristen: Egal ob in Ägypten, auf einer Karibikinsel oder am Ostseestrand, die Souvenirs kommen oft aus China.
D ie Bluse aus Pointe-à-Pitre auf Guadeloupe, die mit ihrem grün-gelben Muster so fröhlich karibisch-afrikanisch daherkam, färbte den Rücken im tropischen Klima genauso grün-gelb. Die farbenfrohen Schweißflecken sprachen Bände über das Billigprodukt aus Asien. Das Bob-Marley-T-Shirt und andere Rasta-Devotionalien auf der Nachbarinsel Dominica waren genauso weit gereist. Traurige Tropen.
Doch nicht nur dort. Die Muschelkette in Hawaii war alles andere als hawaiianisch, geschweige denn aus Muschelkalk. Der Händler im tunesischen Sousse mit seinen Olivenholz-Küchenutensilien stieg irgendwann resigniert aus dem Feilschen aus und holte unter dem Tisch die gleich aussehende Ware, nur 50 Prozent billiger, von der chinesischen Billigkonkurrenz hervor. Die Sphinx am Nil kommt sowieso aus Asien, genauso wie die Ledertasche am Lido di Jesolo oder die Bernsteinimitation am Ostseestrand.
Dass asiatische Billigprodukte die Märkte überschwemmen und die lokale Wirtschaft unterwandern, ist nichts Neues. Aber dass sie uns weltweit als typische lokale Souvenirs angedreht werden, das ist infam.
Die Flut asiatischer Waren auf den ach so malerischen Märkten dieser Welt ist schlimmer als Massentourismus in Benidorm: Nice Scheiß, der Resourcen verbraucht, das lokale Handwerk aussterben lässt und die Welt mit minderer Qualität überschwemmt. Das müsste verboten werden! Von der Unesco und den Regierungen vor Ort.
Nicht nur, weil diese Souvenirindustrie den guten Geschmack beleidigt und verroht, sondern vor allem, weil sie die Einheimischen nur als Schrotthändler am Tourismus verdienen lässt. Das lokale Handwerk wird allenfalls für ein kleines, feines touristisches Luxussegment weiterentwickelt. Wahrscheinlich mit Unterstützung von GIZ und Weltbank.
Doch der Massenmarkt darbt am freien Handel schlechter Produkte. Touristen wollen die Welt entdecken und werden selbst 7.000 Kilometer von zu Hause mit dem Duplikat abgespeist. Das ist echt nicht fair.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn