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Kolumne American PieWahnwitzige Ego-Nummer

Kolumne
von David Digili

US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump versuchte einst, sich über den American Football zu profilieren. Er trieb damit eine Liga in den Ruin.

Spendabler Spielerkäufer: Donald Trump heißt 1984 die Neuerwerbung Herschel Walker willkommen. Foto: ap

O b der US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump nach 30 Jahren ein Dankesschreiben von der NFL bekommen hat, ist unbekannt. Dabei hätte die National Football League, dieser behelmte Milliardenbetrieb, allen Grund nach drei Jahrzehnten mal danke zu sagen – dafür, dass Trump eine mögliche Konkurrenz in den Ruin getrieben hat.

Die United States Football League sollte eigentlich ab 1983 den Football-Fans die spielfreie Zeit zwischen den NFL-Saisons erleichtern. Zwölf Teams spielten im Frühjahr um die Meisterschaft. Die Liga war als Ergänzung zum populären Marktführer ausgelegt, nicht als direkte Konkurrenz. Sie wurde ein Überraschungserfolg: Durchschnittlich 25.000 Zuschauer besuchten die Spiele, die Fernsehsender ABC und ESPN übertrugen live. Spätere NFL-Legenden wie Quarterback Steve Young oder Defensive End Reggie White starteten hier ihre Profikarrieren.

Der vielversprechende Start allerdings erhielt früh einen Dämpfer: Die Liga wurde vorschnell auf 18 Klubs erweitert – zu viele Teameigner wollten nicht mehr länger auf die ersten Gewinne warten und nahmen die QuasigGebühr von 4 Millionen Dollar pro Team für die Aufnahme in die USFL dankbar an. Dann kam Trump – und machte alles noch viel schlimmer.

In der finanziellen Schieflage sah der Immobilienunternehmer seine Chance: 1984 übernahm er für 9 Millionen US-Dollar die New Jersey Generals von einem Ölmagnaten. „Er war Geschäftsmann und hatte Geld. Das war es, was wir brauchten. Viele Spieler wurden nach ihren Einsätzen nicht bezahlt, aber er hatte die Mittel. Das zählte für uns“, erinnert sich Quarterback-Ikone Jim Kelly, der in der USFL seine Karriere begann.

„Riesige Steroidspritze“

„Die Liga lag im Sterben, und plötzlich kam diese riesige Steroidspritze“ erinnert sich auch der damalige Generals-Präsident Jimmy Gould an den Trump-Einstieg. Sofort wurden für großes (Trump-)Geld weitere NFL-Stars verpflichtet – dabei wollte man Preistreiberei eigentlich vermeiden. „Ich sagte, dass mein Vertrag bei den New York Giants noch drei oder vier Jahre laufen würde“ erzählt NFL-Legende Lawrence Taylor. „Es war ihm völlig egal. Dreißig Minuten später überwies er mir eine Million Dollar auf mein Konto.“ Der Transfer platzte letztendlich.

Doch die Begeisterung sollte nicht lange währen. „Sein Verhalten damals und seine Wahlkampagne heute sind erschreckend identisch“, sagt Radiomoderator Charley Steiner, damals Kommentator der Generals-Spiele. „Es geht einzig und allein um ihn, um seine Marke.“ Bald wurde klar: Trump wollte einzig die große NFL in die Knie zwingen – und setzte durch, dass ab 1986 die USFL-Saison zeitgleich gegen die Konkurrenz laufen sollte. „Wenn Gott Football im Frühling gewollt hätte, gäbe es keinen Baseball“, erklärte Trump öffentlichkeitswirksam. Die meisten Klubbesitzer folgten willig.

Zu mehr sollte es nicht kommen: Kein TV-Sender wollte das Duell mit der großen NFL mittragen. Dazu standen viele Teams plötzlich ohne Spielstätte da – die NFL-Klubs und College-Mannschaften, die vorher ihre Stadien zur Verfügung gestellt hatten, brauchten diese ja nun selbst. Es war der Todesstoß. 1986 saß man auf einem Schuldenberg von 200 Millionen Dollar.

In der prekären Situation diktierte Trump einen weiteren Schritt: Eine wahnwitzige 1,7-Milliarden-Klage gegen die NFL – diese hätte eine Monopolstellung und gegen das Kartellrecht verstoßen. Das Gerichtsurteil ist mittlerweile Sportgeschichte: Die US-Richter gaben der USFL recht – irgendwie. Die letztliche Entschädigung: 3,76 Dollar inklusive Zinsen – symbolisch, da man als Hauptschuldigen für die Misere das Missmanagement der USFL selbst ausmachte.

Es wurde kein weiteres Ligaspiel mehr ausgetragen. Trump sagt heute selbst: „Ohne mich wäre die USFL doch schon viel früher zugrunde gegangen. Ich war ein Segen.“

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