Kolumne American Pie: Flecken auf der weißen Weste
Bruch mit der Tradition: Die US-Basketballliga NBA könnte bald schon Trikotwerbung dulden. Bisher waren nicht einmal die Firmenlogos der Ausstatter erlaubt.
D avid Stern hatte seinen Spaß in Mailand. Zuerst durfte der Boss der amerikanischen Basketball-Profiliga NBA zusehen, wie die Boston Celtics den Gastgeber Olimpio Milano vermöbelten. Erstmals während der diesjährigen Werbe-Tournee der NBA, die neben Boston auch die Dallas Mavericks durch Europa führt, waren die NBA-Cracks ihren Gegnern aus der Alten Welt deutlich überlegen.
Olimpio, immerhin 25-maliger italienischer Meister und Gewinner neun europäischer Trophäen, wurde von der Celtics-Altherrentruppe um Kevin Garnett und Paul Pierce, die drei Tage zuvor noch eine Niederlage bei Fenerbahce Istanbul quittieren musste, regelrecht vorgeführt.
Vielleicht war NBA-Chef Stern übermütig, weil seine Liga am Sonntag endlich ihre sportliche Überlegenheit demonstrierte. Vielleicht war er auch inspiriert vom Hauptsponsor der Italiener, denn Olimpio wirbt für Jeanshosen und heißt seit einigen Jahren offiziell eigentlich EA7-Emporio Armani Milano. Womöglich ja dem Modedesigner zu Ehren enthüllte Stern bei der Pressekonferenz nach dem Spiel, dass die NBA darüber nachdenkt, ihre Kleiderordnung zu verändern und Trikotwerbung zuzulassen.
ist Autor der taz.
Es wäre ein Paradigmenwechsel. Trikotwerbung, wie wir sie aus dem europäischen Profisport kennen, ist bislang verpönt in den USA. Auf den NBA-Trikots prangt neben Namen und Emblem des jeweiligen Teams nur das Logo der Liga mit der Silhouette der dribbelnden Los-Angeles-Lakers-Ikone Jerry West. Nicht einmal die Markenzeichen der Hersteller der Trikots und Trainingsanzüge sind erlaubt. Die Trikots in NFL (Football), MLB (Baseball) und NHL (Eishockey) tragen in den allermeisten Fällen nur dezente Logos der Sportartikler, die die Bekleidung auch hergestellt haben.
Die Teambesitzer entscheiden
Nun aber gibt es, enthüllte Stern in Mailand, ernsthafte Diskussionen in der NBA, diese strengen Regeln aufzuweichen. Er selbst sei zwar dagegen, dieses Alleinstellungsmerkmal aufzugeben, werde sich aber nicht sperren, wenn die Versammlung der Teambesitzer, das höchste Gremium der NBA, sich anders entscheidet: „Ich persönlich bin nicht dafür, aber ich stehe dem auch nicht im Wege.“
Es geht, natürlich, ums Geld. Trikotwerbung wäre für NBA-Teams eine der letzten Möglichkeiten, die Umsätze zu steigern. Bislang lassen sich alle großen Publikumssportarten in den USA die Einnahmen aus großflächiger Trikotwerbung entgehen, nur die vergleichsweise kleine Fußball-Liga Major League Soccer gestattet sie seit 2006.
Das ist erstaunlich, denn immer wenn Profisportler in den USA gegeneinander antreten, wird das Sportereignis auch zur Werbebühne: So gut wie jede Auszeit wird genutzt, damit der Stadionsprecher aufs Autohaus um die Ecke hinweisen kann, und beim Baseball wird jede Spielpause mit Hinweisen auf den örtlichen Immobilienmakler oder Versicherungsvertreter gefüllt.
Auch in allen anderen Bereichen des Marketings sind die US-Ligen führend: Die Idee, die Namensrechte von Stadien an Sponsoren zu verscherbeln, kam aus den USA. Dirk Nowitzki spielt seit 2001 in der American Airlines Arena.
Sechs mal sechs Zentimeter
Nun ist aber nicht zu befürchten, dass der deutsche Superstar demnächst als Litfaßsäule herumlaufen muss. Stern sprach zwar davon, das zu genehmigen, „was in so gut wie jedem anderen Sport erlaubt ist“. Aber im Gespräch ist eine kleine Werbefläche von ungefähr sechs mal sechs Zentimeter, die den 30 NBA-Teams alljährlich bis zu 100 Millionen Dollar Zusatzeinnahmen einbringen soll.
Die klassische Trikotwerbung, wie wir sie seit dem Jahre 1973 kennen, als Eintracht Braunschweig das Bundesliga-Verbot unterlief, ist momentan in den USA im großen Maßstab nicht vorstellbar, weil sie keine Tradition hat. Als die Braunschweiger Fußballer mit dem 14 Zentimeter hohen Jägermeister-Symbol aufliefen, protestierte einst nur der Deutsche Fußball-Bund. NBA-Teams aber müssen damit rechnen, mit massiver Trikotwerbung das Verhältnis zu ihren Fans nachhaltig zu beschädigen.
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