Kolumne American Pie: Ende einer Mission
David Beckham beendet sein US-Gastspiel. War er der erwartete Heilsbringer für den Soccer? Ein bisschen vielleicht.
W ieder einmal hat er für eine Überraschung gesorgt. David Beckham verlässt die Major League Soccer nach dem Endspiel um die Meisterschaft am 1. Dezember, in dem er mit Los Angeles Galaxy gegen Houston Dynamo den Titel verteidigen kann.
Hatte Beckham nicht vor Kurzen einen Vertrag in L. A. bis 2013 unterschrieben? Egal. Es war oft nicht ganz richtig, was über das Engagement des englischen Promikickers in den USA berichtet wurde. 2007 verließ Beckham als damals noch junger, 31-jähriger Mann Real Madrid, um in die USA zu wechseln.
250 Millionen Dollar soll ihm das gebracht haben, wurde berichtet, und schnell wunderten sich ein paar Leute weniger über die sportlich merkwürdige Entscheidung eines Weltklassekickers, Fußball in den USA zu spielen.
ist taz-Sportredakteur.
Dabei stimmte diese Zahl gar nicht. 32 Millionen Dollar hat ihm der Fünfjahresvertrag wohl gebracht, den er damals unterschrieben hat. Auch nicht schlecht sind die 4 Millionen, die er 2012 kassiert hat. Wie viel Beckham noch wert ist, wird sich zeigen, wenn er einen neuen Vertrag unterschreibt. Der Mann ist auf der „Suche nach einer neuen Herausforderung“, wie er wenig originell verkündet hat.
Und während spekuliert wird, ob er das Premier-League-Angebot aus England annimmt, das ihm angeblich vorliegt, ob er einen Zehn-Spiele-Vertrag bei Melbourne Heart unterzeichnet, über den der australische Klub angeblich bereits verhandelt, oder ob er tatsächlich beim französischen Ölgeld-Klub Paris Saint-Germain landet, der ihn schon im vergangenen Winter verpflichten wollte, wird in den USA darüber diskutiert, wie wichtig Beckhams Gastspiel für den US-Fußball war.
Beckham-Mania
Sagenhafte 300.000 Galaxy-Trikots wurden in Beckhams erster Saison verkauft, und die Manager der MLS sahen schon einen regelrechten Fußballboom auf die Sportnation zukommen. Beckham wurde, angefeuert durch eine irrwitzig aufwändige Werbekampagne von Adidas, in den Staaten schnell zum Superpromi.
Die Hochglanzmagazine bildeten ihn auf ihren Titelseiten ab, und beinahe jeder in den USA kannte plötzlich einen Fußballer aus England, der mit seiner Frau, einer ehemaligen Schlagersängerin, ein teures Haus in Beverly Hills gekauft hatte. Doch die wenigsten wussten, wie er gespielt hat, wo seine Mannschaft steht, und ob er im Titelkampf eine Chance hat.
Das war vielleicht auch besser so. Denn in den ersten beiden Jahren seines US-Engagements lief es alles andere als gut für Beckham, der die meisten Spiele wegen immer neuer Verletzungen absagen musste. Galaxy qualifizierte sich nicht mal für die Playoffs. Der Beckham-Effekt war nur punktuell zu spüren.
Immer wenn der 115-malige englische Nationalspieler mal nicht verletzt war, strömten die Massen in die Stadien, und die Einschaltquoten schnellten in die Höhe. Diese Art der Beckham-Mania gab es bis in dieses Jahr hinein.
So wollten 60.000 Zuschauer Beckhams Gastspiel beim neuen MLS-Klub Montreal Impact sehen. Zu dessen Spielen kamen sonst kaum 20.000 Zuschauer. Und so liegt es sicher auch zu einem Gutteil am Engländer, dass die Liga in dieser Saison einen neuen Zuschauerrekord vermelden konnte.
Fußballboom in den USA?
18.807 Menschen verfolgten im Schnitt die Spiele der regulären Saison. In dieser Hinsicht ist die MLS nach den Ligen in Deutschland, England, Spanien, Italien, Argentinien und Mexiko die siebtattraktivste der Welt.
Doch so richtig lohnt sich das Geschäft in der Liga immer noch nicht. Die Einschaltquoten stagnieren. Die Einnahmen aus TV-Verträgen sind noch zu niedrig, um mehr als eine Handvoll teurer Spieler zu verpflichten. Millionengagen sind selten in der Liga. Der von Joachim Löw aussortierte Altinternationale Torsten Frings kassiert merkwürdigerweise eine solche (2,4 Millionen Dollar) in Toronto. Doch der Spielbetrieb lässt sich nur Dank eines Heers von Spielern aufrechterhalten, die zwischen 35.000 und 80.000 Dollar im Jahr verdienen. Für junge, ehrgeizige Profis aus Europa ist dies gewiss nicht attraktiv.
David Beckham mag es geschafft haben, alternde Starspieler wie Robbie Keane oder Thierry Henry in die USA zu locken, einen nachhaltigen Fußballboom hat er gewiss nicht ausgelöst.
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