Kolumne Älter werden: Lasst die armen Trojaner aus dem Spiel!
Staatlich lizensierte Spionagesoftware wird jetzt geschichtsbewusstlos nach ahnungslosen Kleinasiaten benannt: Megaquatsch hoch 10.
D ie armen Trojaner. Von den Griechen in archaischer Zeit (fast) ausgerottet, ist das tapfere kleine Volk jetzt plötzlich Synonym für die (un-)heimliche Installation staatlicher Spionagesoftware auf Privatcomputern. Was für ein Megaquatsch! Schließlich waren es nicht die Trojaner, die das Trojanische Pferd bauten, mit (in) dem die Griechen dann klammheimlich in die Stadt gelangten und sie dann eroberten, sondern natürlich die Griechen (wer sonst?) - angeblich (Homer, "Ilias") nach einer Idee des Königs von Ithaka, Odysseus, der dann zur Strafe (Götter) für diese Kriegslist auf eine lange Irrfahrt gehen musste. Was man dem bayerischen Innenminister (IM), einem bekennenden "Trojanerpferdnarr", auch wünschen möchte (ohne iPod und Bodyguards zehn Jahre durch den Hindukusch).
Bundestrojaner, liebe Altersgenossinnen und -genossen der Generation 50 plus (undogmatisch) links, die sie alle Schwabs Sagen des Klassischen Altertums gelesen - wenigstens aber die Illustrierten Klassiker zum Trojanischen Krieg und der Odyssee - oder vielleicht sogar ein humanistisches Gymnasium besucht haben und noch immer Homer im Original deklamieren können, sind sogar Megaquatsch hoch 10.
Troja war schließlich gar kein Bundes-, sondern ein monarchistischer Stadtstaat, das Trojanische Pferd keine trojanische Zimmermannsarbeit, und die Trojaner waren ja gerade Opfer der hinterhältigen Griechen, die den ahnungslosen Kleinasiaten das mit Kriegsvolk voll besetzte hohle Holzpferd scheinbar als Trophäe für deren vermeintlichen Sieg im Trojanischen Krieg hinterließen und den Abzug ihrer Schiffe nur vortäuschten. So, wie es den Griechen erst kürzlich auch wieder gelang, ganz Europa zu täuschen und frech zu behaupten, dass auch sie die Kriterien für die Einführung des Euro erfüllen würden. Alles (wieder) nur Lüge. Ein falsches Pferd allerdings brauchten die griechischen Rosstäuscher dazu in Brüssel erst gar nicht mehr aufzustellen.
ist Korrespondent der taz für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland.
Machen wir jetzt endlich wenigstens Schluss mit der die stolzen Trojaner diskriminierenden falschen und in die Irre (Odyssee) führenden Benutzung des Wortes Trojaner als Umschreibung für die Implantierung staatlich lizenzierter Wanzen auf Personalcomputern, das sicher von einem dieser selbst ernannten geschichtsbewusstlosen Schnellschussschlaumeier von Spiegel-Online zuerst kolportiert und dann von Jungredakteuren der Generation 30 plus doof (lit.), die auf ihren Gesamtschulen in Gemeinschaftskunde nur mit einer Unterrichtseinheit Geschichte konfrontiert wurden (die großen Jäger der Jungsteinzeit), in allen Blättern der Republik, im TV und im Radio gedankenlos immer weiter verbreitet wurde. My Generation in den Medien trägt für diesen Quark keinerlei Verantwortung!
Nennen wir die ganze unappetitliche, juristisch umstrittene Sache ab sofort richtigerweise einfach Friedrich (IM), respektive Bundesfriedrich (IM). Oder Grieche. Hilfe! Ich hab mir einen Griechen eingefangen! Das passt aktuell doch immer (Computer, Aktiendepots, Gastronomie etc.). Wir hatten mal bösartige Griechen als Nachbarn. Äh. Nein. Davon jetzt nichts … mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“