Kohlekraftwerke im Ausland: Hendricks schleift Förderpolitik
Die Umweltministerin will nicht mehr für ausländische Kohlekraftwerke zahlen. Doch das Wirtschaftsministerium hat noch Gesprächsbedarf.
BERLIN taz | Es klingt nach einem Durchbruch in einem langen Streit: „In New York werde ich ankündigen können, dass die Bundesregierung ihre Haltung zur Finanzierung von Kohlekraftwerken im Ausland ändern wird.“ Das sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), als sie am Mittwoch in Berlin über ihre bevorstehende Reise zum Klimagipfel von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon berichtete. „Wir werden das sehr wesentlich zurückdrängen.“
Seit 2006 hat Deutschland vor allem über die staatliche Förderbank KfW und deren Tochter Ipex neue Kohlekraftwerke und -infrastruktur im Ausland über vergünstigte oder staatlich garantierte Darlehen im Umfang von 2,6 Milliarden Euro unterstützt, unter anderem im Kosovo, in Griechenland und in Südafrika. Allein im letzen Jahr wurden 736 Millionen Euro bewilligt. Etwa ein Drittel wurde im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit vom Umwelt- und Entwicklungsministerium vergeben. Der Rest läuft als Exportförderung, für die das Wirtschaftsministerium verantwortlich ist.
Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit werde es in Zukunft keine Gelder für den Neubau oder die Wiederinbetriebnahme von Kohlekraftwerken mehr geben, kündigte Hendricks an. Modernisierungen bestehender Kraftwerke sollten nur noch „nach strengen Kriterien“ bewilligt werden.
Noch nicht abschließend geklärt ist, was mit dem größeren Teil der Gelder geschieht, für die das Wirtschaftsministerium verantwortlich ist. Hendricks erklärte, auch hier sei zwischen den Ressorts eine „prinzipielle Einigung“ erreicht worden: Man wolle die Förderung „deutlich zurückführen“. „Ich gehe davon aus, dass nur noch wenige Anträge positiv beschieden werden“, sagte sie. Über Details werde aber noch verhandelt. Das Wirtschaftsministerium wollte eine Einigung auf taz-Anfrage nicht bestätigen. „Die Gespräche laufen noch“, sagte eine Sprecherin.
Oxfam: Vollständig aussteigen
Die Organisation Urgewald, die schon lange einen Ausstieg aus der Kohlefinanzierung fordert, begrüßte Hendricks’ Ankündigung als „wichtiges Zeichen“ für den UN-Gipfel. Entscheidend seien allerdings die Details der Ausnahmen, sagte Energieexpertin Kathrin Petz. „Wenn sich schon ’besonders effiziente Kraftwerke‘ als Ausnahme qualifizieren und weiter gefördert werden können, wie es das Wirtschaftsministerium wünscht, betreibt die Bundesregierung Augenwischerei.“ Auch Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam begrüßte die Ankündigung, forderte aber weitergehende Schritte: „Diese Praxis muss zügig und vollständig beendet werden.“
Unterstützung kam auch vom Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber, der Hendricks am Mittwoch ein neues Gutachten überreichte. Um die Klimaziele zu erreichen, dürfe nicht weiter in Kohle investiert werden, sagte er. "Es ist gut, dass das jetzt auch von der Bundesregierung ernst genommen wird."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!