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Koalitionskrach in BrandenburgZukunft der SPD-BSW-Koalition weiter offen

Bei einer Krisensitzung hat sich die Fraktionsspitze des BSW gegen ihre Kritiker durchgesetzt. Diese wollen in der Fraktion bleiben. SPD wartet ab.

Auch BSW-Fraktionschef Lüders (links) und Finanzminister Crumbach haben sich wenig zu sagen Foto: picture alliance/dpa | Fabian Sommer

Der Versuch, die Spitze der BSW-Fraktion im Brandenburger Landtag abzusetzen, ist gescheitert. Auf einer Krisensitzung sprachen am Freitagnachmittag acht von 14 Abgeordneten dem Fraktionschef Niels-Olaf Lüders und seinem Vize Christian Dorst das Vertrauen aus. Sechs Fraktionsmitglieder waren dem Abwahlantrag gefolgt, den der Abgeordnete André von Ossowski eingebracht hatte. Die Zukunft der SPD-BSW-Koalition in Brandenburg ist damit weiterhin offen.

Von Ossowski ist eines von vier Mitgliedern der BSW-Fraktion, die am Dienstag aus der Wagenknecht-Partei ausgetreten waren. Hintergrund ist ein Streit um die Verabschiedung zweier Medienstaatsverträge. Sowohl die Fraktionsspitze als auch die BSW-Landesvorsitzende Friederike Benda lehnen die Verträge ab – und folgen damit einer Ansage der Bundespartei.

Demgegenüber hat BSW-Finanzminister und Vize-Ministerpräsident Robert Crumbach im Potsdamer Kabinett den Verträgen bereits zugestimmt. Crumbach gehört wie die vier aus dem BSW ausgetretenen Abgeordneten zu denen, die die Koalition mit der SPD fortsetzen wollen. Die eigene Fraktionsführung kritisieren sie als „autoritär“. Außerdem dominierten radikalisierte Positionen im BSW.

Wie es nun weitergeht mit Rot-Lila in Brandenburg, hängt auch davon ab, ob die vier Kritiker trotz ihres Parteiaustritts weiter in der BSW-Fraktion bleiben. André von Ossowski signalisierte bereits Gesprächsbereitschaft. „Erstmal wollen wir Sacharbeit leisten und wollen weitermachen“, sagte er vor Beginn der Krisensitzung. Er werde es auch akzeptieren, wenn der Misstrauensantrag gegen den Fraktionsvorsitzenden Lüders nicht erfolgreich sei. Auch die anderen drei Abgeordneten, die aus dem BSW betonten, das gelte ebenso für sie.

Patt beim BSW

Damit herrscht in der BSW-Fraktion eine Patt-Situation. Um die vier Abweichler aus der Fraktion auszuschließen, bräuchte die Fraktionsspitze eine Zweidrittelmehrheit. Die aber hat sie nicht, weil neben den vieren auch noch Finanzminister Crumbach – auch er ist ein Kritiker von Lüders – der Fraktion angehört.

Nach der Abstimmung über den Abwahlantrag sagte Crumbach: „Mein Antrag auf Aussprache ist abgelehnt worden.“ Er werde das zunächst für sich bewerten. Crumbach hatte den Landesvorsitz im Sommer an die Vize-Bundeschefin Friederike Benda abgegeben. Befürworter der Koalition mit der SPD sagen inzwischen hinter vorgehaltener Hand, dies sei ein Fehler gewesen.

SPD an der Seitenlinie

In der SPD beobachtet man die Eskalation des Konflikts beim Koalitionspartner notgedrungen von der Seitenlinie. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hatte das BSW am Donnerstag dazu aufgerufen, die Situation intern zu klären. Bei einem Austritt aus der Fraktion hätten SPD und BSW keine Mehrheit mehr im Brandenburger Landtag. Derzeit verfügen beide über 46 von 88 Sitzen. Würde nur einer der BSW-Abgeordneten zur SPD wechseln, wäre auch eine Koalition von Woidkes SPD mit der CDU möglich.

Ein anderes Szenario scheint Woidke allerdings zu bevorzugen. Sollten die vier Kritiker weiter der Fraktion angehören, könnten die drei Minister des BSW im Amt bleiben. Sollte die Koalition bei Abstimmungen im Landtag keine eigenen Mehrheiten bekommen, könnte sie auch auf Stimmen der CDU schielen. Es wäre dann eine Art unerklärte Minderheitenregierung.

Zum Schwur kann es bereits in der kommenden Woche kommen. Drei Sitzungstage sind im Landtag angesetzt, bei denen auch die beiden Medienstaatsverträge zur Abstimmung stehen. Dass die Mehrheit des BSW dagegen stimmt, hat die SPD bereits eingepreist. Bei anderen Abstimmungen aber müsse die Mehrheit stehen, heißt es.

Unklar ist, ob die CDU mitspielt. CDU-Fraktionschef Jan Redmann äußerte sich bislang zurückhaltend zur Koalitionskrise. „Das ist eine Sache, die die Koalition intern bewerten muss“, sagte Redmann am Mittwoch. Bloße Mehrheitsbeschafferin für eine Koalition, die am Ende ist, dürfte die CDU allerdings auch nicht sein wollen.

Doch solange kein Abgeordneter des BSW zur SPD wechselt, wäre auch ein Bündnis der SPD mit der CDU ohne Mehrheit.

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