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Knesset-Ausschuß für Neuwahlen

In Israel befürwortet eine Partei aus Netanjahus Koalition die Selbstauflösung des Parlaments. Das muß nun in drei Lesungen über die Vorlage entscheiden  ■ Aus Jerusalem Georg Baltissen

Der Justiz- und Verfassungsausschuß der Knesset hat gestern eine Gesetzesvorlage beschlossen, die die Selbstauflösung des Parlaments und vorgezogene Neuwahlen vorsieht. Die Neuwahlen könnten Ausschußmitglieder zufolge Mitte März stattfinden. Die Abstimmung im Ausschuß erfolgte mit der knappen Mehrheit von neun zu sieben Stimmen. Die Mitglieder der National-Religiösen Partei (NRP), die der Regierungskoalition angehört, stimmten für den Antrag. Abgeordnete der NRP hatten sich vehement gegen das Wye-Abkommen ausgesprochen und damit gedroht, die Regierung zu Fall zu bringen.

Der Vorsitzende des Ausschusses, Hanan Porath, ebenfalls von der NRP, erklärte zu Beginn der Beratungen, er werde keine Zeit verlieren, um das Gesetz im Parlament durchzubringen. In vierzehn Tagen soll die Vorlage in erster Lesung in der Knesset beraten werden. Um in die zweite und dritte Lesung zu gehen, benötigt die Vorlage eine Mehrheit von 61 Abgeordneten. Nur wenn wenigstens zwei Abgeordnete der NRP und die Opposition geschlossen für das Gesetz stimmen, kann es die erforderliche Mehrheit erreichen.

Der Abgeordnete Haim Ramon zeigte sich gestern weiterhin zuversichtlich. „Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Mehrheit von 61 Stimmen erreicht werden“, sagte er im Rundfunk. „Jeder sieht doch, daß die Regierungskoalition de facto nicht mehr existiert.“ Einschränkend fügte er hinzu, das Ganze sei „natürlich Politik“.

Die NRP-Abgeordneten sind gespalten. Voraussichtlich nächste Woche wird das Zentralkomitee darüber entscheiden, ob die Regierung zu Fall gebracht werden soll. Ihr Abgeordneter Nissan Schlomiansky gab sich vorsichtig. „Am Ende stehen wir da ohne eine Alternative zu Netanjahu“, sagte er im Rundfunk. „Und dann helfen wir dabei, eine Regierung der Arbeitspartei mit Ehud Barak an der Spitze an die Macht zu bringen.“

Es gibt allerdings auch in Netanjahus Likud-Partei Abgeordnete, die sich bereits für ein solches Gesetz ausgesprochen haben. Die russische Einwanderpartei von Nathan Scharansky befürwortet dagegen eine Große Koalition. Und die Partei des Dritten Weges will auf jeden Fall abwarten, bis das Wye-Abkommen umgesetzt ist.

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