Knapp für EU-Beitritt: Island könnte bald EU-Mitglied sein

Nach mehrtägigen Debatten und endlosen persönlichen Erklärungen stimmt das Parlament in Reykjavik knapp für den Aufnahmeantrag in die Europäische Union.

Verständnis für die langen Debatten: Jóhanna Sigurdardóttir. Bild: dpa

Das isländische Parlament machte es spannend. Am Donnerstagnachmittag stimmten die Abgeordneten zuerst darüber ab, ob eine gesonderte Volksabstimmung durchgeführt werden sollte, bevor ein EU-Beitrittsantrag gestellt werden könnte. Dieser Antrag wurde mit Mehrheit verworfen. Damit schien eine Mehrheit der Regierung grünes Licht geben zu wollen, einen solchen Antrag in Brüssel einzureichen. Diese Abstimmung, die mit mehrtägiger Verspätung über die Bühne ging, zog sich wegen der zahlreichen persönlichen Erklärungen von Abgeordneten nochmals in die Länge. Dennoch stimmten am Ende des Tages 33 der 63 Abgeordneten für den Vorschlag von Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurdardóttir, ein Beitrittsgesuch bei der EU einzureichen.

Die mehrtägige Parlamentsdebatte zeigte, wie tief verwurzelt die EU-Skepsis in Island noch ist. So malte die eine Hälfte der Abgeordneten die Union abwechselnd als Bürokratenhochburg und Geldvernichtungsmaschine aus sowie als neue Sowjetdiktatur, die Island seiner Identität berauben und mit Haut und Haaren schlucken werde. Während die andere Hälfte beschwor, dass es ohne eine Mitgliedschaft für Islands Wirtschaft keinen Weg aus der Krise und keine Stabilität geben könne.

"Es ist ganz natürlich, dass wir uns lange Zeit gelassen haben, so ein wichtiges Thema zu diskutieren", versuchte Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurdardóttir die Querelen der vergangenen Tage vergessen zu machen. Tatsächlich aber hat die EU-Frage ihre rot-rot-grüne Koalitionsregierung an den Rand des Scheiterns gebracht. Obwohl diese ausdrücklich mit dem Ziel angetreten war, einen solchen Beitrittsantrag auf den Weg zu bringen.

Der konservativen Selbständigkeitspartei war es während der mehrtägigen Debatte gelungen, nicht nur die Opposition zu sammeln, sondern auch mehrere Abgeordnete der links-grünen Regierungspartei für ihren Alternativvorschlag zu gewinnen: Doppelte Volksabstimmungen, also sowohl über das Beitrittsgesuch wie über die möglichen Verhandlungsergebnisse. Zur Begründung wird der Regierung bereits vorab ein viel zu weitgehendes Entgegenkommen gegenüber der EU vorgeworfen.

Vor allem aber weckte ein teures Zugeständnis der Regierung Unmut bis weit in deren eigene WählerInnenbasis hinein. Mehrere EU-Länder hatten informell wissen lassen, dass man ein isländisches Beitrittsgesuch blockieren werde, solange keine befriedigende Regelung über die Frage der Sparguthaben ihrer MitbürgerInnen bei den pleitegegangen Banken gefunden sei. Laut isländischer Medienberichte soll auch Deutschland zu diesen Ländern gehört haben.

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