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Klüngel bei Bahn-Projekt „Stuttgart 21“Schwäbische Verflechtungen

Bei „Stuttgart 21“ ist aus den Beziehungen von Politik und Wirtschaft ein hartleibiger Filz entstanden. Die Strippenzieher verloren erst die Bodenhaftung, dann die Menschen aus dem Blick.

So schön in sich verschlungen wie diese Fließband-Spätzle sind im Schwabenland auch Politik, Wirtschaft und Medien. Bild: dpa

In Stuttgart sollte einfach die Jahrhundertchance nicht verpasst werden. So sagte es im April 1994 Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU), der täglich von seinem Wohnort Spaichingen mit dem Zug zur Arbeit fuhr, wenn er nicht gerade bei den Barmherzigen Schwestern im Stuttgarter Marienhospital Zuflucht fand, wo er ein Zimmer hatte. Das schärft den Blick. So sagte es auch der damalige Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU), dem darüber hinaus ein „Pilotprojekt für ganz Europa“ im Kopf herumspukte, das im Jahr 2008 fertig sein sollte. Für gut angelegte 4,5 Milliarden Mark.

Und so sagte es auch Heinz Dürr, der Bahn-Chef jener Zeit, der als der eigentliche Erfinder gelten darf. Ihm erschien eine „völlig andere Stadt“ vor dem geistigen Auge, und der gebürtige Stuttgarter wusste auch schon, wie: mit dem Regierungssitz hinterm Bahnhof, sprich dort, wo das Gewürm der Gleise lag. Dorthin sollte die Avenue 21 führen, auf der die Bürger zu ihrem Regenten pilgern konnten. Das hat Teufel gefallen, erinnert sich Dürr, insbesondere deshalb, weil er ihm einen schmucken Balkon zum Winken in Aussicht gestellt hatte.

Wenn Heinz Dürr sich heute an die Anfänge erinnert, wird ihm etwas wehmütig ums Herz. Der Großaktionär der Dürr-Gruppe ist im gediegenen Fünfsternehotel Schlossgarten abgestiegen, wo er immer das gleiche Zimmer bezieht, seit er seine Wohnstatt in Stuttgart aufgegeben hat und nach Berlin gezogen ist. Er bringt zwei Luftbilder mit, Datum 1993, auf denen das Gelände hinterm Bahnhof zu sehen ist. Einmal mit Gleisen, einmal mit Modellbauten, darunter auch die erwähnte Avenue 21, die mit grünen Bäumchen versehen ist.

"DIE TASCHENSPIELER"

Von Josef-Otto Freudenreich, 59, Publizist aus Stuttgart, erscheint am 17. September das Buch Die Taschenspieler. Verraten und verkauft in Deutschland (Edition Hubert Klöpfer), das er herausgibt - in Zusammenarbeit mit Meinrad Heck, Rainer Nübel und Susanne Stiefel. Darin erscheint auch dieser hier gekürzte Text über "Stuttgart 21".

Beide Fotos hat er damals Wissmann gezeigt, als er mit ihm in der Regierungsmaschine nach Köln-Bonn geflogen ist, und der Herr Verkehrsminister war auf Anhieb begeistert. „Das müssen wir machen“, habe er ausgerufen, erzählt Dürr. Dasselbe meinte auch Manfred Rommel, der Stuttgarter Oberbürgermeister, der 1994 die „zweite Stadtgründung“ in jeder Hinsicht „ausgesprochen günschtig“ fand.

Doch offenbar hat die Euphorie des Herr Rommel keine nachhaltige Wirkung entfaltet. 13 Jahre später, als schon viele Planungsmillionen den Nesenbach hinuntergeflossen waren, wehrten sich 67.000 Bürger per Unterschrift gegen das drohende „Milliardengrab“. Nur, dafür interessierten sich die Verantwortlichen bei Stadt, Land, Bund und Bahn wenig. Alles war abgesegnet von den bürgerlichen Blöcken in den Parlamenten, inklusive der SPD, hieß es, und damit demokratisch legitimiert. Basta.

„Stuttgart 21“ ist so zu einer Metapher für eine kaltschnäuzige Cliquenwirtschaft geworden, aber auch für einen brutalen Verteilungskampf. Viele haben nur bitter gelacht, als die Werbestrategen wieder einmal die Illusionsmaschine angeworfen hatten. „Stuttgart – das neue Herz Europas“, lautete der Slogan, und die Menschen fragten sich, wann der Infarkt kommt und wie viele Milliarden noch in dieses Fass ohne Boden gepumpt werden sollten.

Sie hatten gelernt, dass man den Job im Kaufhaus verlieren kann, wenn der Verdacht besteht, Pfandbons im Wert von 1.30 Euro könnten unterschlagen worden sein. Beim Bahnhof aber kommt es auf ein paar hundert Millionen mehr nicht an. Sie hatten gelernt, dass sie Objekte eines Modernisierungsprozesses sein sollen, auf dessen Verlauf sie keinen Einfluss haben, von dem sie nur ahnen, dass er noch schneller, noch technischer, noch undurchschaubarer werden wird.

Auch der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag, Winfried Hermann, hat gelernt, dass dieses Geld unerheblich ist. Er ist wahrscheinlich derjenige, der am nachdrücklichsten versucht hat, in Berlin die Black Box namens „Stuttgart 21“ zu öffnen. Ohne Erfolg. Seine Anfragen an die Regierung füllen Ordner, die Antworten hinterlassen Leere. Der damalige Verkehrsminister Tiefensee (SPD) verspricht Aufklärung über die Zahlen, reagiert danach aber nicht mehr auf Briefe. Wenn die Grünen im Haushaltsausschuss einen Bericht über „S 21“ haben wollen, schickt ihnen der passionierte Cellist eine Power-Point-Präsentation von externen Wirtschaftsprüfern, die der Bahn bescheinigen, sauber kalkuliert zu haben.

Wenn sie eine Sondersitzung zum Thema Wirtschaftlichkeitsberechnung von „Stuttgart 21“ beantragen, lehnt die Regierung ab. Die Begründung ist immer die gleiche: geheim. Oder wie es im Amtsdeutsch des Ministeriums lautet: Die Deutsche Bahn verweigert die Zustimmung zur Einsichtnahme in die Unterlagen, weil sie „Daten und Informationen enthalten, die den Kernbereich der unternehmerischen Betätigung der DB betreffen“. Daran schloss sich auch die schwarz-gelbe Regierung nahtlos an, die sich gleich für unzuständig erklärte. „Stuttgart 21“ sei kein Projekt des Bundes, schrieb das Ministerium von Peter Ramsauer (CSU) im März 2010, sondern ein „eigenwirtschaftliches Projekt der DB AG“.

Der alte Hase der CDU

Da saß er nun, der Vertreter des Steuerbürgers, und sann darüber nach, wie es sein konnte, dass er keine belastbaren Informationen erhielt über ein milliardenteures Vorhaben, das der Bund zu großen Teilen zahlt und das ein Unternehmen vorantreibt, das dem Bund gehört, der seinerseits sagt, er habe da nichts zu sagen? Irgendwann hat Hermann begriffen, dass er in ein Spiel geraten war, das er nicht gewinnen konnte. Die Kollegen von der CDU und der SPD, soweit sie nicht aus Baden-Württemberg waren, erzählt er, hätten sich nie für die größte Baustelle Europas interessiert, nie das getan, was jedem aufrechten Gemeinderat als Pflicht erscheint: die Bilanzen seiner Stadtwerke prüfen.

Endgültig kapiert hat es Hermann, als ihm ein alter Hase in dem Geschäft verklickert hat, wie der Lauf der Dinge ist. Georg Brunnhuber sei's gewesen, der Vorsitzende der CDU-Landesgruppe, erzählt der Grüne, der ihm die Augen geöffnet habe. Es gebe Projekte, die durchgerechnet würden, so erfuhr er, und politische Projekte. Der Mann von der Ostalb, Jahrgang 1948, ist heute Aufsichtsrat der Deutschen Bahn.

Sie alle gehören zum Unterstützerkreis „Stuttgart 21“: An der Spitze Günther Oettinger, der am besten verdrahtete Politiker im Musterland. Der frühere Ministerpräsident hat sich stets als Chef der Baden-Württemberg AG gesehen, als Gelenkstelle zwischen Politik und Wirtschaft, was ihn insbesondere im Geldwesen als Aufseher über die kränkelnde Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) bewegt hat. Dort traf er naturgemäß auf seinen Spezi Heinrich Haasis, der einst Vorsteher der Landessparkassen und Chef des LBBW-Verwaltungsrats war und später Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes wurde.

Auf Haasis folgte der Landrat und Vielfachfunktionär Peter Schneider, mit dem Oettinger auch gerne Bläsergruppen auf dem Dorf ehrte. Politisch mag das korrekt gewesen sein, ökonomisch wurde es bedenklicher, als bekannt wurde, dass der Sparkassenverband bis 2008 Teilhaber der Oettinger-Gruppe war, einer Wirtschaftsprüfungs- und Unternehmensberatungsfirma in Ditzingen. Mit dabei seinerzeit Ministerpräsident Oettinger.

Selbstredend ist auch Lothar Späth ein feuriger Fan der schnellen Schiene. Der 73-Jährige, der während seiner Regierungszeit als einer der besten Luftballonspezialisten galt, präsentiert sich heute als glühender Verfechter der Globalisierung, was ihn zwangsläufig auf den Hochgeschwindigkeitszug seiner Kompagnons setzte – und an die Spitze des Aufsichtsrats der Herrenknecht AG. Die Firma im südbadischen Schwanau ist der Welt größter Tunnelbohrer, ihr Wahlspruch lautet: Wer mit uns bohrt, kommt weiter.

Ihr Eigentümer Martin Herrenknecht hat Späth 1986 auf einer Reise in die Türkei kennen- und schätzen gelernt, weil das allseits gerühmte „Cleverle“ sagte, was er dachte. Dass Deutschland auf den Abgrund zusteuert, wenn es nicht lernt, den Gürtel enger zu schnallen und den Blödsinn mit der 35-Stunden-Woche ad acta zu legen. Darüber vermag sich das 68-jährige CDU-Mitglied derart aufzuregen, dass es sogar einmal für den Bundestag kandidiert hat, um der Politik zu zeigen, wie wenig sie vom wirklichen Leben versteht.

Das war aber so ziemlich das Einzige, was schiefgegangen ist, dürfte aber verschmerzbar sein, weil Herrenknecht der Typ des Unternehmers ist, der die Entscheider nicht unbedingt im Parlament heimsuchen muss. Dafür eignet sich auch der Flieger. Sein Freund Hartmut Mehdorn, der Ex-Bahn-Chef, erzählt, der Martin sei bei jeder Kanzlerreise mit ökonomischem Hintergrund dabei. Er wisse eben, dass heute kein Großauftrag mehr ohne politische Vernetzung zu akquirieren sei.

Herrenknecht selbst rühmt, parteiübergreifend, Gerhard Schröder und Frank-Walter Steinmeier (beide SPD), die er auf seinen Auslandsreisen als verlässliche Partner erlebt habe. Und die Freunde im Land sind sowieso auf seiner Seite. Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) etwa lässt keinen Zweifel offen, dass Herrenknecht bei „Stuttgart 21“ graben muss. Bei den Ausschreibungen der Bauarbeiten sei es „zwingend notwendig“, betonte der Meister der Mundharmonika, den Weltmarktführer aus Südbaden zu berücksichtigen.

Zu guter Letzt soll, behaupten feindselige Geister, auch noch ein mächtiger Medienmensch zur großen Koalition der Unterirdischen gehören. Sie meinen Richard Rebmann, den Geschäftsführer der Südwestdeutschen Medien Holding (SWMH), unter deren Dach die Stuttgarter Zeitung und die Stuttgarter Nachrichten erscheinen. Doch damit tun sie dem 52-jährigen Schwarzwälder unrecht. Es ist zwar richtig, dass ihn Stuttgarts Oberbürgermeister Schuster im Verwaltungsrat der LBBW haben wollte, genauso richtig aber ist, dass er dort nicht sitzt, weil ihn die Grünen im Gemeinderat verhindert haben.

Rebmann hätte den Job wohl auch nur widerwillig angenommen, aus purer Pflichterfüllung im Amte, das vielleicht ein gewisse Nähe zur Landesbank erforderlich erscheinen lässt. Aber nicht in politischer Absicht. Dazu hat er in seinem Reich, das von Südbaden bis nach Frankfurt (Oder) reicht, gar keine Zeit. Dafür gibt es Chefredakteure. Und die haben, sehr zum Verdruss großer Teile der Leserschaft, „Stuttgart 21“ zu ihrem Projekt gemacht. Lange vor Rebmann im Übrigen, der erst im Jahr 2008 ins Stuttgarter Pressehaus eingezogen ist.

Journalistisch war das nicht. Es war die Nähe zur Macht, die über viele Jahre einen anderen Blick verboten, fast keine Debatten über Für und Wider zugelassen und darüber den Leser vergessen hat. Es gibt dafür sogar einen gedruckten Hinweis, der den Möhringer Meinungsmachern wie ein Stein auf die Füße gefallen ist. Er stammt aus der Stuttgarter Zeitung (StZ) vom 27. Februar 2010, verfasst vom damaligen Ressortleiter Außenpolitik, Adrian Zielcke, der in frappierende Offenheit schrieb: „Ohne die Zustimmung der Stuttgarter Zeitung zu diesem Großprojekt würde, so vermute ich einfach einmal, ‚Stuttgart 21‘ nie gebaut werden.“ Seitdem ist dieser Satz einer der meistzitierten bei den Kundgebungen der Gegner. Der ehemalige Chefredakteur, Uwe Vorkötter, heute bei der Berliner Zeitung, sagt, es sei ein Fehler gewesen, „S 21“ zu StZ 21 zu machen.

Es mussten erst 67.000 Stuttgarter gegen die Pläne protestieren, viele von ihnen die Blätter in der Plieninger Straße mit zornigen Leserbriefen überziehen und mit Abbestellungen drohen, danach zwei Drittel der Einwohner in Umfragen ihr Nein ausdrücken, bis die Einsicht in den Chefköpfen durchsickerte, dass man es – nachdem das Grundsätzliche entschieden war – vielleicht mal mit einer etwas ausgewogeneren, inzwischen durchaus respektablen Berichterstattung probieren könnte.

Der Grüß-Gott-August

Einer, dem das weniger gefällt, ist Wolfgang Drexler. Der 64-jährige Sozialdemokrat ist seit Juli 2009 der Sprecher der Betreiber und seitdem so oft in der Zeitung wie nie zuvor in seiner Zeit als Abgeordneter und Landtagsvizepräsident. Das sei ein Grund gewesen, den Job anzunehmen, sagen sie in der SPD, weil die Rolle des Grüß-Gott-Augusts im Parlament keine Schlagzeilen hervorbringe. Andererseits habe er sich nicht verbiegen müssen, weil er schon immer für „Stuttgart 21“ war, wie seine Spitzengenossen eben auch, die stets tapfer an der Seite der CDU gestanden sind. Auch zum Preis der weiteren Marginalisierung der SPD.

Drexler war mal Oberpfadfinder in Esslingen. Aber immerhin: Heute trinkt er Tee statt Kaffee. Das Koffein, bekennt er, mache ihn aggressiv. Jetzt wird er „Mister S 21“ genannt, und er weiß nicht, ob er darauf stolz sein soll oder ob es nicht ein wenig albern klingt, so wie Mister Germany. Groß ist er ja schon, aber das Gesicht ist blass, weil er von Termin zu Termin hetzt. „Mein Hauptproblem“, glaubt er, „ist die Zeit“.

Wahrscheinlich fühlt er sich wie ein Wanderprediger, der seine Botschaft dort verkünden muss, wo die Menschen noch guten Willens sind. Und weil der Glaube an Großprojekte schwindet, wie er feststellt, ist Eile geboten. Den wohlmeinenden Menschen versichert er, dass er nicht ins Schema passe, nicht gekauft sei, nur 1.000 Euro Aufwandsentschädigung erhalte, kein Teil der Mafia sei, aber davon überzeugt, dass „S 21“ kein Atomendlager, sondern gut sei. Er soll ja einbinden, Ängste nehmen, gewinnen. All das tun, was vor ihm keiner getan hat.

Aber dafür ist keine Zeit mehr, weil er keine mehr will. Denn „Stuttgart 21“ ist für ihn „unumkehrbar, nicht rückholbar und nicht kompromissfähig“. Außerdem müssten Verträge aufgelöst werden, für deren Rückabwicklung mindestens 1 Milliarde Euro fällig würden. Nein und nochmals nein. Das steht so fest wie das Stück Schiene neben seiner Tür. Es ist ein Teil des Prellbocks 049, den Bahn-Boss Grube im Februar 2010 im Hauptbahnhof hochgehoben hat, als symbolträchtiges Signal des Baustarts. Seitdem ist für Drexler Schluss mit den Grundsatzdebatten, seitdem wird gedroht.

Der Rechenfehler

Damit schließt sich der Kreis. Geredet werden soll nur noch darüber, was die Herrschaften von Bahn, Bund, Land und Stadt beschlossen und als Beschluss auf ihre Grabplatten gemeißelt haben wollen. Die Bürger sollen ihn lesen und in Andacht versinken, als lebten sie noch im Königreich Württemberg. Denn, so behaupteten die großen und kleinen Regenten, es sei das bestgerechnete Projekt Europas. Beim Rechnen ist ihnen, wie bekannt, mancher Fehler unterlaufen. Der schlimmste aber war der Mensch. Ihn hatten sie einfach vergessen.

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15 Kommentare

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  • K
    Kopfschüttler

    @maulwurf:

     

    9000 Euro/m² Sanierungskosten? Gerüchteweise?

     

    Der bekannte Analyst N.O'Brain sprach in seinem Gutachten von 500-1000 Fantastilliarden Mega-Euro pro Liter ausgehobenem und gereinigtem Erdreich. Dazu kommen die 18 Milliarden Baukosten, die Vieweg & Partner prognostizieren - zusammen mit geschätzter Inflation von etwa 15% jährlich, von denen Wall-Street-Analysten gerüchteweise für den Euro-Raum ausgehen - ergibt das bei einer Bauzeitverlängerung auf 15 Jahre über 146 Milliarden Baukosten zusätzlich. Zum Glück nur "Peanuts" vor dem Hintergrund der Bodensanierungskosten ...

     

    Sie sehen: mit den richtigen Zahlen kann trefflich argumentiert werden. Gerüchteweise, versteht sich. Berufen Sie sich auf mich - selbst Luftholen ist demnächst nicht mehr finanzierbar.

  • AB
    Albert Bremmekamp

    @Orlev

    Wer sitzt den im Baden-Württembergischen Gemeindetag?

     

    Bürgermeister aus den Gemeinden – richtig! Hier kann man sie nachlesen:

    http://www.gemeindetag-bw.de/php/downloads/organeundgremien2009.pdf

     

    Ich möchte Ihnen die Redlichkeit gar nicht absprechen, bezweifle aber das sie von den Projektverantwortlichen mit genügend Informationen versorgt wurden, um sich ein wirkliches Bild von S21 zu machen. Wenn schon dem Verkehrsausschuss im Bundestag Zahlen und Fakten unter dem Vorwand der Geheimhaltung vorenthalten wurden, wird man die Zahlen und Fakten sicherlich nicht dem ehem. Bürgermeister von Wernau am Neckar unter die Nase reiben.

     

    Aber warum sprechen sich diese honorigen Männer und Frauen für S21 aus?

    Ich habe mir jetzt nicht die Mühe gemacht, die Vita jedes Einzelnen nachzuprüfen, würde aber meinen rechten Arm wetten, die meisten haben ein Parteibuch der Tunnelparteien. Und denen geht angesichts der bevorstehenden Landtagswahl die verlängerte Wirbelsäule auf Grundeis. Also wird auf allen Parteiebenen für S21 getrommelt. So einfach kann Politik sein.

  • AB
    Albert Bremmekamp

    @ Erich Holzwarth:

    Sehr geehrter Herr Holzwarth:

    Auf die in ihrem Kommentar gestellten Fragen möchte ich gerne antworten:

     

    1. Niemand hat etwas gegen eine schnelle ICE-Verbindung. Aber die Zeitvorteile werden ausschließlich durch die Neubaustecke Wendlingen-Ulm-Augsburg-München erreicht. Diese Neubaustrecke ist aber weder planfestgestellt noch finanziert. Noch ist sie nichts als ein feuchter Traum von Herrn Grube und irgendwelchen Architekten. Ob sie jemals gebaut wird, ist bei der Schuldenbremse im Grundgesetz fragwürdig. Also warum wird das Dach gebaut, wenn man für das Fundament kein Geld hat?

    Übrigens: vor 20 Jahren konnte man mit den ICE bereits so schnell nach München fahren, wie es durch den Bau von S21 in 20 Jahren erreicht werden soll! Totaler Irrsinn!

     

    2. Es geht nicht um ein sichtbares Symbol für Stuttgart – das kann auch der Fernsehturm sein. Es geht darum, dass ein einmaliges Baudenkmal ohne triftigen Grund zerstört wird. Wenn ich mich an das Geschrei der Denkmalschützer erinnere, als vor ein paar Jahren der Plenarsaal des ebenfalls denkmalgeschützten Landtagsgebäudes mit Tageslicht! versorgt werden sollte, wundere ich mich nun über deren Schweigen.

    Ein Schelm der Böses dabei denkt!

     

    3. Ich kann verstehen wenn sich Anwohner an der bestehenden Bahnstrecke über Lärmminderung durch Tunnelbau freuen würden. Aber da die Neubaustrecke zu steil für den Güterverkehr ist, wird der weiterhin die alte Strecke benutzen. Auch wird der Regionalverkehr in Richtung Göppingen wohl nicht den Umweg über Ulm nehmen. Übrigens wohne auch ich direkt an einer Bahnstrecke in Stuttgart.

  • M
    maulwurf

    Man könnte stundenlang über die Pleite Stuttgart 21 reden. Neutrale Infos gibt es in der Zeitschrift Der Fahrgast der Vereinigung PRO BAHN.

    Abgesehen von den technischen Problemen handelt es sich bei Stuttgart 21 um eine gigantische Immobilienspekulation. 12000 - 15000 Neubürger sollen auf 20 ha angesiedelt vweren, damit die Stadt endlich die 600000 Einwohner-Marke knackt. Wieviel sind 20 ha ? Das ist ein Geviert von ca. 450m*450m.

    Die Sanierung des Geländes soll gerüchweise 9000EUR/m² betragen. 2000000m²*9000EUR/m² macht schlappe 1,8 Mrd.EUR. Daraus folgt, dass, um die anteiligen Grundstückskosten in einigermaßen erträglichen Rahmen zu halten, die Gebäude mindestens neun Stockwerke hoch gebaut werden müssen.

    Wenn man für eine Familie 2,2 Personen ansetzt, sind mindestens 5400 Wohnungen erforderlich. Setzt man pro Wohngemeinschaft 100m² an und einen Quadratmeterpreis von 3000EUR/m² und dass ist nicht überzogen, so hat das Projekt Ansiedlung einen Wert von 1,6 mrd.EUR.

    Die 20 ha geschenkter Park kosten ebenfalls 1,8 Mrd.EUR. Die bezahlt der Steuerzahler.

  • B
    BiFi

    @orlev

    Zu Beginn der Demonstrationen ging es nicht ausdrücklich darum, S21 nicht zu bauen sondern um ein Moratorium, damit alle Fakten und Zahlen endlich auf den Tisch kommen und dann demokratisch entschieden werden kann, ob die Vorteile wirklich überwiegen. Und diese Fakten sind immer noch nicht einsehbar. Und wenn dann in der Stuttgarter Presse zu lesen ist, dass das Projekt durch Abzug von 900 Mio.€ Einsparungen durch nicht genehmigte Änderungen an z.T. planfestgestellten Maßnahmen auf 4,1 Mrd.€ schöngerechnet wird (also jetzt schon über den 4,5 Mrd.-Kosten, welche angeblich zum Projektstop führen, liegen)- wer denkt dann nicht an Filz, Klüngel, persönliche Vorteilnahme oder schlicht und ergreifend Unfähigkeit? Für wie dumm soll man eigentlich verkauft werden??? OBEN BLEIBEN

  • EH
    Erich Holzwarth

    Wirklich eine billige Stimmungsmache. Die 2 Seiten hätte die Redaktion besser der Verlängerung der Laufzeten bei den AKW's gewiedmet.

    Keine Fakten zu den eigentlichen Fragen zum Projekt S21:

    Warum sollen wir in BW auf eine schnelle ICE Strecke verzichten, die dringend erforderlich ist?

    Das sichtbare Symbol für Stuttgart das Hauptgebäude des Bahnhofes bleibt erhalten.

    Über Tunnelstrecken freut man sich an andern Bahnbaustellen, weil sie den Lärm reduzieren.

    In Stuttgart werden dadurch Gleisneubauten im dicht besiedelten Neckartal vermieden.

    Über Politiker kann man sich mitunter ärgern, aber ein Projekt wie Stuttgart 21 wird dadurch noch lange nicht unsinnig!

  • ON
    Otto Nix

    Ihren Kommentar hier eingeben

     

    Wann begreift der Bürger dieser "Zivilgesellschaft" was diese "Republik" den "Demokraten" vor allem denen mit "passivem

    Wahlrecht" wert ist. In Tagen wo die Regierung unverfroren über den Staatshaushalt selbstherrlich verfügt: Sich und anderen Lobbyisten die Taschen vollstopfen mit Mandaten, Pöstchen, Ämtern und Euros nicht zu knapp, dass alles in hochherrschaftlichen Händen bleibt - und - den Parteidiktatoren nichts mehr verrutscht oder gar entgleitet: "Verdienen" tun sie wie die großen Lobbyisten aus all´ihren Ämtern gejagt zu werden - und dann irgendwann bei Peter Hartz dem IV. anklopfen zu müssen, wenn er bis dahin nicht schon verschieden ist! Unsere Erkennnis:" Nix ist absurd genug um wahr zu sein und von Politikern, unseren neoliberalen Superstars auf´s Schild gehoben zu werden-oder ein´s auf die Fresse wahlloses Volk-Volk ohne Wahl ? es folgt immer Qual- unabhängig davon wer derzeit "gestaltet" und "verunglimpft"!

  • H
    Hartei

    Sollte das obengenannte Unternehmen nicht "Göttinger Gruppe" heißen? Ansonsten ein sehr schöner Überblick

  • R
    Rudi

    Phantastisch. Wunderbare satirische Analyse. Guter Lesestoff über die Schwaben-Mafia.

  • D
    Drusus

    Was das Durchrechnen angeht scheinen wir aber nur noch politische Projekte im Lande zu haben - ob das nun die Gesundheitsreform, Steuersenkungen oder Privatisierungen sind.

     

    Mehr direkte Demokratie!

  • A
    ausländer

    Eine Super-Recherche!!! Danke taz!!!

     

    Auf zur nächsten Demo, denn wir beugen uns nicht!!!

  • O
    orlev

    Ist das wirklich so ?

    Heute hat der Gemeindetag und Städtetag Baden-Württemberg´s vor einem Ausstieg aus Stuttgart 21 gewarnt. Das sind Kommunalpolitiker aus den Dörfern und aus den Städten. Sind denn wirklich alle inkompetent, die über 15 Jahre an der geeigneten Lösung mitgearbeitet und mitentschieden haben ? Und sind denn wirklich alle unehrlich ? Und sind denn wirklich alle unter der Kontrolle von Bankern und Immobilienspekulanten ? Puppen an den Fäden von Strippenziehern ? Der erste Eisenbahn-Tunnel Württemberg´s befindet sich übrigens in Stuttgart unter dem Schloss Rosenstein. Das ist mitten im Park. Tunnel wurden schon damals (1846) aus sachlichen Gründen als notwendig erachtet. Wo Hügel sind, da sind auch Tunnel.

  • ME
    Martin Edelmann

    Eine sehr schöne Zusammenfassung der Situation hier.

    Leider ist es genau so wie Sie schreiben.

  • DW
    Der Wache

    Und warum fällt euch allen das erst jetzt auf ihr Schnarchnasen? 1998 schrieb ich an die Parteien im Ländle: Leute, da läuft was schief. Die wollen unseren Bahnhof weghauen. Alle zuckten mit den Schultern. Die Grünen besonders hoch, war man doch gerade erst Bundesregierung geworden! Da kümmert man sich nicht mehr um Pipifax.

    So vergeßlich verlogen verdreht ist unsere Zeit, ob grün, rot, gelb, schwarz, von lila und blutrot ganz zu schweigen.

    BÜRGER WEHRT EUCH! Ihr seid die streitbare Demokratie.

    Es ist nie zu spät ...

  • S
    Solala

    Mittelmäßiger Artikel mit viel gefährlichen Halbwissen, Spekulationen und nicht belegten Zusammenhänge die sich ganz gut anhören. Naja..