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Klos zu Bistros

Die „urinalen Besitze der Stadt“stehen nicht nur zum Verkauf. Nein, sie sollen auch von Grund auf modernisiert werden  ■ Von Miguel Hoeltje

„Es geht nicht darum, daß der Senat nur die urinalen Besitze der Stadt veräußern möchte“, klärt Ulrich Passon von der Umweltbehörde auf, „wichtig ist vielmehr die bedarfsgerechte Modernisierung. Der Verkauf ist da nur eine Möglichkeit.“Die Schließung eine andere. Klar ist jedenfalls, daß die Stadt so schnell wie möglich ihre Klos loswerden will. Von 149 zur Verfügung stehenden WCs in öffentlicher Hand sind bereits 45 privatisiert, weitere sollen folgen.

Auch aus Gründen der Haushaltsentlastung, wie in der Umweltbehörde zugegeben wird, doch vor allem, um eine „vernünftige Streuung“von WCs in Hamburg zu ermöglichen: „Die öffentlichen Toiletten sind teilweise über 40 Jahre alt und stehen an Plätzen, wo sie heute gar nicht mehr gebraucht werden. Die Bevölkerung geht schließlich nicht mehr die selben Wege wie früher.“Und muß deshalb auch nicht mehr an den selben Stellen austreten.

Abhilfe soll hier das Aufstellen clever plazierter Automatik-Klos durch die Firma JC Decaux schaffen. Decaux ist Gewinner des städtischen Wettbewebs um ein schlüssiges Klo-Konzept. Für 50 Pfennig erhält der Bedürftige Einlaß und kann sich erleichtern. Sobald er das litfaßsäulen-ähnliche Häuschen verlassen hat, wird gespült. Automatisch. Und zwar nicht nur das Becken sondern gleich alles.

„Gesamtspülung“nennt die Umweltbehörde das, inklusive Sitz und allen anderen relevanten Armaturen. Peinliche Fehlfunktionen durch das ungewollte Auslösen diese Mechanismus bleiben abzuwarten.

Im Gegenzug für diese Übernahme öffentlicher Pflichten bekommt Decaux öffentliche Werbeflächen der Stadt. Insgesamt 30 Werbetafeln sollen die Mittel erzielen, die zur Anschaffung und Pflege der Toiletten benötigt werden. Ein langfristiger Vertrag über 15 Jahre ist abgeschlossen, anfängliche Unstimmigkeiten mit der Hamburger Außenwerbung sind ausgeräumt.

Neben dem Aufstellen von Automaten, ist das Vermieten bereits vorhandener Klos eine weitere Möglichkeit, Kosten zu sparen. Im Zusammenhang mit der Vergabe einer Konzession um beispielsweise Getränke auszuschenken, ergeben sich wunderbare Möglichkeiten: Klo-Bistros, Klo-Kioske oder gar Klo-Restaurants werden seit längerem erwogen.

„Der Ansturm von Bewerbern ist etwas zögerlich, wir hatten uns das zügiger vorgestellt. Aber langsam nimmt es Formen an“, sagt Passon. Beispielsweise im Bezirk Eimsbüttel. Am U-Bahnhof Schlump gibt es bereits ein kombiniertes Klo-Restaurant, in der Bismarckstraße wird zur Zeit noch an einem Klo-Café gebaut. Andere Bezirke haben da weitaus größere Schwierigkeiten. So erfährt man in Wandsbek, daß es „bisher noch kein einziges ernstzunehmendes Angebot eines privaten Interessenten“gäbe: „Der Mieter einer solchen Anlage müßte die anfallenden Umbaukosten selbst tragen. Da ist man schnell mal eben bei zwei- bis 300.000 Mark“, weiß Passon, „und das schreckt natürlich ab“.

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