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Klimaziele einfacher erreichbarMehr Wohlstand ohne Kohlesubventionen

Weniger Subventionen für fossile Energieträger wie Kohle und Öl führen zu mehr Wohlstand, zeigt eine Studie. Etwa jedes dritte Land könne so seine Klimaziele erreichen.

Blick auf das Kraftwerk Boxberg, betrieben von der Lausitz Energie Kraftwerke AG Foto: picture alliance/dpa | Robert Michael

Berlin rtr | Der Abbau von Subventionen für fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Erdgas rechnet sich einer Studie zufolge für die Staaten. Er könne zu mehr Wohlstand und steigenden Steuereinnahmen führen – trotz der Belastung durch dann höhere Energiepreise. Das geht aus der Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hervor. Diese lag der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag vorab vor.

Etwa jedes dritte Land könne so seine Klimaziele erreichen – ganz ohne zusätzliche Maßnahmen wie CO₂-Preise, darunter China, Indien und Indonesien. Aber auch Industriestaaten wie Deutschland, die USA, Japan und das Vereinigte Königreich könnten so rund ein Drittel ihrer Klimaziele schaffen. Damit ließen sich wirtschaftliche, fiskalische und klimapolitische Ziele besser miteinander vereinbaren als bislang angenommen.

Den Staaten stünden durch die eingesparten Subventionen und Einnahmen aus der Bepreisung externer Kosten der fossilen Energienutzung – etwa für Gesundheit – erhebliche fiskalische Mittel zur Verfügung. Im Durchschnitt könnten sie Steuereinnahmen von 4,9 Prozent des gesamten Konsums erzielen. Dabei reichen die Schätzungen von 1,8 Prozent bis 16,2 Prozent, je nach Region.

Außerdem müssten die Länder für weniger Umwelt- und Gesundheitsschäden aufkommen. Erhebliche volkswirtschaftliche Zusatzkosten durch einen voranschreitenden Klimawandel könnten zudem verhindert werden. Die wirtschaftlichen Folgen der höheren Energiepreise könnten damit ausgeglichen werden, lautet das Fazit der Studie.

Großer Effekt auf Emissionen

„Viele Staaten tragen nach wie vor dazu bei, dass fossile Energieträger für den Verbraucher günstig bleiben“, sagte der Leiter des ZEW-Forschungsbereichs Umwelt- und Klimaökonomik und Ko-Autor der Studie, Sebastian Rausch. „So werden durch explizite Subventionen Teile der Kosten für die Versorgung übernommen, oder über implizite Subventionen die externen Gesundheitskosten, die mit der Nutzung fossiler Brennstoffe einhergehen, nicht in den Preis eingerechnet.“

Bisher gehören die Subventionen für fossile Brennstoffe zu den am häufigsten eingesetzten staatlichen Energiemaßnahmen. Die Studienautoren berufen sich auf den Internationalen Währungsfonds (IWF), wonach sich die weltweiten direkten Subventionen auf rund 1,3 Prozent des Bruttoweltprodukts belaufen. Die indirekten Subventionen – sie entstehen, weil die externen Kosten der Nutzung fossiler Brennstoffe nicht eingepreist sind – machten sogar 5,8 Prozent aus. In Summe seien das knapp sechs Billionen US-Dollar weltweit, so das ZEW.

„Explizite Subventionen abzuschaffen, etwa Steuerbefreiungen auf Kerosin oder Gaspreisdeckel, würde sich nur begrenzt auf den CO₂-Ausstoß auswirken“, sagte ZEW-Wissenschaftler Tim Kalmey. „Entscheidend ist, dass auch die externen Kosten fossiler Brennstoffe, also die schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit durch lokale Luftverschmutzung, eingepreist werden.“ Das ZEW schätzt, dass dies die weltweiten CO₂-Emissionen um 32 Prozent verringern würde.

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9 Kommentare

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  • Das mag alles korrekt sein, nur hat es einen entscheidenden Haken: die Subventionen haben auch den Zweck die richtigen Leute bei Laune zu halten. Anders ausgedrückt: die Lobby hat saugute Arbeit geleistet, die Pareispenden sprudeln offen oder verdeckt - alles paletti. Fallen diese Subventionen weg, dann müssen viele Manager umdenken und anders agieren. Das schafft Unsicherheit und die exorbitanten Einnahmen sind nicht mehr so sicher. Auch wenn andere davaon profitieren - das interessiert nicht. Fragt mal Frau Reiche, die müsste das wissen....

  • ... aber wer braucht schon mehr Wohlstand?



    Daher fordere ich Steuererleichterungen für Dampflokomotiven! ... oder so ...

  • Schätze mal, dass ein Entschluss für eine Fortführung dieser Subventionen nicht auf wirtschaftliche, gesundheitliche oder nachhaltige Gründe zurück zu führen ist.

  • Da werden also Gelder von der einen Seite mit Geldern auf der anderen Seite verrechnet.

    Auf die Frage, welche Folgen ein Wegfall von Subventionen auf die hierdurch subventionierten Industriebereiche hat, wird nicht eingegangen. Wenn im Endeffekt die Summe zukünftig höherer Sozialausgaben und entgangener Steuern die heutigen Subventionen übersteigen bliebe nichts mehr zum Verrechnen.

    Im Übrigen lassen sich Kosteneinsparungen von Klimafolgekosten überhaupt nicht berechnen. Was würde sich den klimatisch ändern, wenn sich Deutschland vollständig deindustialisiert, während der Rest der Welt weiter macht wie bisher (oder vice versa).

    • @DiMa:

      Also lassen wir alles wie es ist? Nein. Wir müssen runter mit dem CO2! Und zwar schnellstmöglich. Im bisherigen System wird alles über den Preis geregelt. Wir müssen uns ehrlich machen und externe Kosten einpreisen. Die Kosten fallen eh an. Bisher bezahlt halt die Gesellschaft und nicht der Verursacher. Außerdem wäre dies ein Anreiz zur Transformation. Klimatransformation lohnt sich dann wirtschaftlich. Wenn dies nicht mit einer Deindustrialisierung einhergehen oder zu sozialen Härten führen soll, dann brauchen wir eine staatlich begleitete Transformation aka Klimatransformation. Aber dies wird dann abfällig als „Planwirtschaft“ abgecancelt, damit eben alles bleiben kann wie es ist. Womit wir wieder zum Anfang kommen: Also alles lassen wie es ist? …

      • @FrauK_:

        Es geht nicht darum "ob wir alles lassen wie es ist" oder nicht, sondern darum, dass uns hier eine Studie präsentiert wird, die uns mehr Wohlstand verspricht, dabei aber ganz wesentliche Aspekte nicht berücksichtigt. Das sollte gelassen werden, den auf Basis solcher Studien sollten keine Entscheidungen getroffen werden.

        Und selbst wenn wir nicht alles lassen werden wie es ist, werden aus meiner Sicht die verbleibenden Vorkommen weiter ausgebeutet werden. Dann haben wir am Ende noch nicht mal die notwendigen Gelder um irgendeine Transformation zu finanzieren.

    • @DiMa:

      Kein Mensch redet hier von der vollständigen Deindustrialisierung von Deutschland.



      Was würden Sie denn machen, wenn sich abzeichnet, dass Öl und Gas demnächst aufgebraucht wären?

      • @Aurego:

        Auf Strom umsteigen - Spaß bei Seite: Das wird noch sehr lange auf sich warten lassen, solange noch immer neue Öl- und Gasfelder erschlossen werden und die alten noch nicht ausgebeutet sind. Und das wird genauso lange zum CO2- Ausstoß beitragen, egal was wir tun.

      • @Aurego:

        Was wäre den die Folge, wenn die Industrie den vollen Strom- und Gaspreis bezahlt und wenn PKW nicht mehr subventioniert werden würden. Selbst dann wären die wirtschaftlichen Einbrüche erdbebenartig und deutlich spürbar. Also müssen diese Folgen in einer solchen Studie auch berücksichtigt werden.

        Das etwaige Ausbleiben von Öl- und Gas ist nicht vergleichbar, den das Eine ist eine aktive politische Entscheidung während das Andere lediglich politische Reaktionen nach sich zieht.