piwik no script img

KlimawandelGroße Sorge um den Amazonas

Der Amazonas-Regenwald könnte sich laut einer neuen Studie schon bald einem Kipppunkt nähern – mit Auswirkungen auf das weltweite Klima.

Ausgetrocknete Flüsse und Waldbrände: Trockenheit machte dem Amazonas im vergangenen Herbst schwer zu schaffen Foto: Bruno Kelly, Reuters

Berlin taz | Die Hinweise mehren sich: For­sche­rin­nen und Forscher warnen in einer Studie vor dem Kippen des Amazonas-Regenwalds in Lateinamerika. „Bereits heute hat sich der südöstliche Amazonas von einer Kohlenstoffsenke zu einer Quelle entwickelt – was bedeutet, dass der aktuelle Umfang menschlicher Einflüsse zu hoch ist, damit die Region langfristig ihren Status als Regenwald beibehalten kann“, sagt der Biologe Boris Sakschewski vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, einer der Autoren der Studie.

Das Problem höre dort aber nicht auf. „Da Regenwälder die Luft mit viel Feuchtigkeit anreichern, welche die Grundlage für Niederschläge weiter im Westen und Süden des Kontinents bilden, kann der Verlust von Wald an einem Ort zum Verlust von Wald an einem anderen führen. Das nennt man dann eine sich selbst verstärkende Rückkopplungsschleife oder einfach ‚Kippen‘.“ Die Ergebnisse sind im Fachmagazin Nature erschienen.

Demnach könnten bis zur Mitte des Jahrhunderts bis zu 47 Prozent der Amazonaswälder bedroht sein. Die Problemfelder sind bekannt: steigende Temperaturen infolge der Klimakrise, Regen zur falschen Zeit oder Dürre sowie Abholzung.

Auch zuletzt stand der Amazonas unter massivem Stress. Von Juni bis Dezember 2023 herrschten brutale Hitze und Dürre. Der Planet ist im Schnitt schon um 1,2 Grad wärmer als vor der Industrialisierung. Die fraglichen Monate lagen sogar alle um mehr als 1,5 Grad über den damals typischen Temperaturen. Der Klimawandel hat die Dürre stark begünstigt, nämlich 30-mal wahrscheinlicher gemacht, wie eine Studie der Forschungsinitiative World Weather Attribution ergab.

Absterben des Regenwaldes verstärkt den Klimawandel

Die Flüsse waren so flach wie teils seit 120 Jahren nicht. Das hat den Bootsverkehr eingeschränkt wie auch den Zugang zu Trinkwasser, die Landwirtschaft, die Fischerei und den Handel in der Region. Außerdem starben zahlreiche Pflanzen und Tiere, darunter mehr als 150 der seltenen pinken Flussdelfine.

Ein Absterben des Regenwalds beziehungsweise der Übergang zur Savanne ist aber nicht nur eine Folge der Klimakrise – es treibt sie auch an. Der Regenwald bindet große Mengen Kohlenstoff. Verliert er diese Funktion, destabilisiert sich das Klima weiter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • In Südafrika ankert gerade ein Frachter mit knapp 20000 gefolterter Rinder aus Brasilien. - Die sollen weiter nach Indien -



    und haben mit der Menschheit ne Rechnung offen.

  • Ich habe diesen zerstörerischen Einfluss der Amazonas - Abholzungen aus eigener Erfahrung kennengelernt.



    Ich habe im Jahr 1991 die Wasserfälle Iguacu und das Wasserkraftwerk Itaipu besucht, und habe in 2022 ein youtube Video dazu hochgeladen, in dem ich auch die bereits eingetretenen dramatischen Änderungen beschreibe.



    www.youtube.com/watch?v=MHCMUxd7iL4

  • Das Abholzen der Amazonas-Wälder ist im IPCC-Bericht AR6 der einzige Kipppunkt der eher für wahrscheinlich gehalten wird.



    Allerdings ist mir unklar, ob das nun wirklich große Auswirkungen aufs Klima haben kann. Der Urwald, das haben Satellitenmessungen ergeben, ist keineswegs die Lunge der Erde, denn von ihm ausgehend wurden große CO2-Mengen gemessen, ohne dass es dort gebrannt hat.

    • @H2Wirtschaft:

      Sie scheinen das eine oder andere im Artikel überlesen zu haben.

      "Bereits heute hat sich der südöstliche Amazonas von einer Kohlenstoffsenke zu einer Quelle entwickelt"

      Das ist genau das, was Sie beschreiben.

      Bei der Metapher der "grünen Lunge" ging es doch um die irrtümliche Annahme, der Regenwald sei Zentral für die Sauerstoffversorgung des Planeten.

      Ist er nicht.

      Er erzeugt jedoch gigantische Regenmengen, die sich nicht nur direkt über dem Wald ergießen.

      Und das ist ein enormer Einfluss auf das regionale Klima.