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Klimawandel und LandwirtschaftBauern am Boden

Verfrühte Vegetation und Ernteausfälle: Der Klimawandel macht sich auch auf den Feldern bemerkbar. Nun fordern Landwirte nachhaltige Konzepte.

Durch die Trockenheit aufgerissen: Vor allem leichte Böden sind von Hitze und Dürre betroffen Foto: dpa

Hannover taz | Friedrich Lührs fühlt sich unverstanden. Der Landwirt aus Wittingen im Landkreis Gifhorn wurde vom niedersächsischen Umweltministerium ermahnt. Der Vorwurf: 2018 hat Lührs deutlich mehr Wasser zur Beregnung seiner Felder genutzt als erlaubt. Dieses Jahr soll er sich an die Vorgaben halten – sonst müssten Maßnahmen ergriffen werden. „Wenn ich bei diesen trockenen Wetterverhältnissen nicht ausreichend beregne, ernte ich nichts“, sagt Lührs. Dem Umweltministerium geht es um den Naturschutz, Lührs um die Existenz seines Betriebs.

Denn auch in diesem Jahr gefährdet die Trockenheit die Ernte. „Abgesehen von der Wintergerste rechne ich beim Roggen und Weizen mit Einbußen“, befürchtet der Landwirt. Bei den hohen Temperaturen beginnt die Vegetation im Frühjahr eher, darum ist das Getreide teilweise früher abgereift und vertrocknet. Mit der Ernte musste Lührs deshalb bereits beginnen – so wie einige andere Landwirte in Niedersachsen auch.

Die ersten Mähdrescher sind nach Angaben der Landwirtschaftskammer Oldenburg bereits im Landkreis Osnabrück und im südlichen Emsland gestartet. Dort hatte es in diesem Jahr kaum Niederschläge gegeben und die Getreidekörner blieben kleiner.

„Insgesamt muss das Thema aber sehr kleinteilig betrachtet werden“, meint Walter Hollweg von der Landwirtschaftskammer. „In den Regionen gab es ganz unterschiedliche Wetterereignisse.“ Der Umfang der Ernte werde deshalb regional sehr verschieden ausfallen. Verlierer des Klimawandels sind vor allem landwirtschaftliche Betriebe mit leichten Böden, in deren Region es wenig geregnet hat.

Mich anzupassen heißt im Extremfall, mich von Tieren zu trennen und sie zu schlachten

Christian Hilbers, Landwirt im Landkreis Oldenburg

Doch nicht nur Landwirte, die sich auf den Anbau von Getreide spezialisieren, leiden unter den Wetterverhältnissen. Landwirt Christian Hilbers aus Etzhorn im Landkreis Oldenburg konnte 2018 den Bestand seiner Milchkuhherde nur mit Mühe halten. „Als Milchviehbetrieb geht es mir gerade um den Mais und das Gras für die Tiere“, erklärt Hilbers.

„Im Vergleich zum letzten Jahr, kann ich jetzt schon sagen, dass der Grasschnitt deutlich besser ausfällt.“ Entwickelt sich der Sommer allerdings ähnlich wie im vergangenen Jahr oder wird noch heißer, muss Hilbers mit Konsequenzen rechnen. „Natürlich muss ich mich an die Wetterverhältnisse anpassen – mich anzupassen heißt im Extremfall, mich von Tieren zu trennen und sie zu schlachten.“

Ob sich der Trend zu Hitze und Dürre in diesem Sommer fortsetzt – das könne man noch nicht mit Sicherheit sagen, sagt Klimaforscher Mojib Latif: „Eine allgemeine Tendenz zur stärkeren Sommertrockenheit lässt sich festhalten, doch der Sommer ist noch in vollem Gange und die erste Hitzewelle scheint nun erst einmal vorbei zu sein.“

Die langen Dürreperioden des vergangenen Jahres könnten sich aber auch auf das Wetter von 2019 auswirken. „Die Bodenfeuchte ist seit Jahresbeginn gering“, erklärt Lativ. „Die fehlende Feuchtigkeit führt zu einer entsprechend geringen Verdunstung, dadurch könnten die Temperaturen stärker ansteigen.“

Heißere Sommer und Dürreperioden: Um dem Klimawandel standzuhalten, braucht es in der Landwirtschaft neue Ideen und nachhaltige Konzepte – das sieht auch die Grünen-Fraktion des Niedersächsischen Landtags so. Im August 2018 stellten die Grünen einen Antrag ans Land, mit dem Ziel, die Landwirtschaft nach Dürre und Hitzewelle nachhaltig neu auszurichten. Im September 2019 soll über den Antrag entschieden werden. „Bei der Klimaanpassung der Landwirte ist in der Vergangenheit wenig passiert“, kritisiert die Grünen-Abgeordnete Miriam Staudte. „Landwirte müssen bei sparsamerer Bewässerungstechnik unterstützt und besser beraten werden.“

Dass sich etwas ändern muss, unterstützt auch Lührs. „Während andere darum gebeten werden, ihre Autos nicht mehr zu waschen, bewässern wir Landwirte ganze Felder“, sagt der Landwirt. „Durch die Beregnung wird der Grundwasserspiegel herabgesetzt, so können Gräben trockenfallen – natürlich ist das nicht nachhaltig.“

Investitionen in bessere Technik oder die Förderung des Humusaufbaus – Möglichkeiten, die Landwirtschaft an den Klimawandel anzupassen, gibt es laut Staudte viele. „Allgemein muss der Boden mehr in den Fokus genommen werden“, sagt die Grünen-Politikerin. „Welche Maßnahmen sich eignen, unterscheidet sich regional aber sehr stark. Wichtig ist dabei vor allem, dass Landwirte beraten werden und da wurde in der Vergangenheit zu wenig gemacht.“

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • In der Reinigungswut der Flurbereinigung wurde nahezu jedes allerkleinste Ödland- Fleckchen "kultiviert", bzw. beseitigt, was vielen Bodenbrütern und Insekten zum Abdanken verhalf.



    Wo ist das Problem, wenn sich die Natur auf ihre Weise ein bisschen selbst hilft. Freiwillig geben die Naturschutz-Experten aus der Agrarindustrie sowiso nix her.

  • Man bin ich mal wieder froh, dass das mit dem Klimawandel alles gar nicht so schlimm ist und auch überhaupt nichts kostet.



    Alles ist wunderbar, "ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt".

    Danke CDU/CSU/FDP/SPD/AfD !!!



    Ich bin begeistert, wie Ihr den Wirtschaftsstandort Deutschland mit eurer Hinterweltler- und Klientelpolitik stärkt.

  • Zitat: „Dem Umweltministerium geht es um den Naturschutz, Lührs um die Existenz seines Betriebs.“

    So sind sie, die deutschen Minister. Und nicht nur die. Erst versagen sie selber und dann drohen sie anderen.

    Mal ernsthaft, Leute: Dem Umweltministerium geht es um den Umweltschutz? Dann soll es halt, verdammt noch mal!, auch dafür sorgen, dass die Natur geschützt wird. Das Wissen dafür hat es schließlich schon und die Macht auch. Es kann dem Wissen Geltung verschaffen. Was aber tut es? Es versucht, Bauern zum Wassersparen zu zwingen.

    Super Idee! Wenn nichts mehr wächst auf deutschen Äckern, ist ist nicht nur der Landwirt arbeitslos, sondern das deutsche Volk ist auch bald brotlos. „Aber es kann ja zum Importweizen greifen!“, mag der Umweltminister dann sagen. Schon klar. Nur leider ist der Klimawandel ein globales Phänomen, kein nationales. Außerdem: Wenn alle Umweltminister aller Länder so argumentieren wie der deutsche, wird es bald viel mehr Hungertote geben als schon jetzt.

    Nein, erst mal noch nicht im reichen Deutschland. Zunächst erst einmal da, wo das Getreide für die reichen Deutschen her kommt. Wenn die lokalen Bauern ihre immer spärlicher werdende Ernte den einheimischen Hungerleidern quasi unterm Hintern weg nach Deutschland verkaufen, weil Deutsche einfach besser zahlen, dann sieht es nämlich mau aus für die armen Hungerleider, allen Heuschrecken-Keksen zum Trotz.

    Bevor die armen Teufel aber stillschweigend verhungern, werden sich die verwegensten unter ihnen wieder auf den Weg ins gelobte Land machen. Da hin, wo man nicht vorbereitet ist auf sie und ihre Ansprüche. Aber das, nicht wahr, ist ja dann ein Problem des Innenministers. Der Umweltminister hat damit rein gar nichts zu tun.