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Klimaschutzabkommen als BremseKanada kippt Kioto

Die kanadische Regierung bezeichnet das Kioto-Abkommen als "Hindernis" im Kampf gegen Erderwärmung und steigt aus. Tatsächlich entgeht Kanada dadurch einer Milliardenstrafe.

Aussteiger: Kanadas Umweltminister Peter Kent. Bild: reuters

OTTAWA afp/dapd | Einen Tag nach dem Ende der Weltklimakonferenz hat Kanada seinen Ausstieg aus dem Kioto-Protokoll erklärt. Das Abkommen sei eher ein "Hindernis" als der "Weg nach vorn" zu einer weltweiten Lösung im Kampf gegen den Klimawandel, sagte der kanadische Umweltminister Peter Kent am Montag (Ortszeit). Kanada ist damit das erste Land, das das Kioto-Protokoll ratifiziert hat und sich vorzeitig aus dem Abkommen zurückzieht.

"Wir berufen uns auf das Recht Kanadas, formell aus Kioto auszusteigen", sagte Kent. "Kioto ist nicht der Weg nach vorn zu einer globalen Lösung gegen den Klimawandel", ergänzte der Minister. Sein Land sei der Auffassung, dass im Kampf gegen die Erderwärmung nur rechtlich bindende Verpflichtungen zur Reduzierung der Treibhausgase für alle Klimasünder sinnvoll seien.

Das 1997 vereinbarte Kioto-Protokoll ist das bislang einzige globale Klimaschutzabkommen, das verbindliche Vorgaben für die Emission von Treibhausgasen macht. Ratifiziert haben es mehr als 190 Staaten, doch gelten die Emissionsvorgaben nur für insgesamt 37 Industriestaaten, nicht für Schwellen- und Entwicklungsländer wie China oder Indien. Dies hatte Kanada bereits in der Vergangenheit kritisiert. Auch die USA sind an das Abkommen nicht gebunden.

Kanada hatte sich mit dem Kioto-Protokoll dazu verpflichtet, bis 2012 seinen Ausstoß an klimaschädlichem CO2 um sechs Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 zu senken. Dieses Ziel hätte das Land weit verfehlt. Im vergangenen Jahr lag der Wert für die Treibhausgas-Emissionen Kanadas um mehr als 35 Prozent über den Daten von 1990. Mit dem Ausstieg aus dem Kioto-Protokoll umgeht Kanada nun eine Strafzahlung in Milliardenhöhe für die nicht eingehaltenen Klimaziele.

Gesamten Landwirtschaftssektor schließen

Um die Kioto-Ziele 2012 zu erreichen, hätte Kanada entweder jedes Fahrzeug von der Straße nehmen oder den gesamten Landwirtschaftssektor schließen und die Heizung jedes Gebäudes in Kanada kappen müssen, sagte Kent. Kanada produziere kaum zwei Prozent des weltweiten Treibhausgasausstoßes. Die Regierung der Liberalen habe Kioto damals unterzeichnet, aber nie beabsichtigt, dessen Ziele wirklich zu erreichen.

Umweltminister Kent kritisierte, dass Kanada eine hohe Strafe hätte zahlen müssen, das Land aber nur für knapp zwei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich sei. Künftig wolle Kanada einem heimischen Klimaplan folgen. Demnach soll die Emission von Treibhausgasen bis 2020 um 20 Prozent im Vergleich zum Jahr 2006 gesenkt werden. Kritikern zufolge wäre das eine Reduzierung von knapp drei Prozent im Vergleich zu 1990.

Auf dem Weltklimagipfel im südafrikanischen Durban hatten die Delegierten aus mehr als 190 Staaten nach Marathonsitzungen am Sonntag auf einen Fahrplan hin zu einem neuen globalen Klimaschutzabkommen beschlossen.

Demnach soll bis 2015 ein neuer Vertrag ausgehandelt werden, der nach der Ratifikation ab 2020 wirksam werden soll. Damit keine Lücke entsteht, soll das im nächsten Jahr auslaufende Kioto-Protokoll fortgeschrieben werden. Kanadas Umweltminister Kent hatte bereits während des Treffens gesagt, dass das Kioto-Abkommen für sein Land der Vergangenheit angehöre.

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14 Kommentare

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  • H
    Hans

    Fakt ist, dass man Fakt nicht Fackt schreibt - wie dämlich muss man eigentlich sein???

  • AH
    Andi H

    Wir können ja soviel reden wie wir wollen Fackt ist,daß wir uns ganz langsam aber beständig den Ast absägen auf dem wir alle sitzen und das alles nur wegen der Kohle einiger weniger....Wie dämlich muß man eigentlich sein???

  • P
    Peter

    Ein Armutszeugnis für Kanada! Kanada sieht sich selbst als High-Tech-Land und hätte von seinen technologischen und ökonomischen Möglichkeiten her das Zeug, um ein Vorreiter im Klimaschutz zu sein.

    Doch stattdessen pure Rückständigkeit, gnadenlose Energieverschwendung.

     

    Es mag sein, dass Kanada auf Grund seiner Einwohnerzahl nur 2% der globalen Kohlendioxidemissionen besteuert, doch bei der pro-Kopf-Emission ist man hinter den USA an der Spitze. 18 Tonnen CO2 / Kopf, das sind 80% mehr als in Deutschland und fast das Vierfache der chinesischen pro-Kopf-Emissionen.

     

    http://www.co2-emissionen-vergleichen.de/Klimabilanz/Laendervergleich/proEinwohner/co2-vergleich-pro-Einwohner.html

     

    Niemand verlangt, dass Kanada auf alle Autos verzichtet, aber warum verbrauchen kanadische Autos ein gutes Drittel mehr Sprit als europäische?

     

    http://www.unep.org/transport/gfei/autotool/case_studies/northamerica/canada/cs_cn_0.asp

     

    Der kanadische Stromverbrauch pro Einwohner liegt 150% über dem deutschen. Vielleicht lässt sich Strom sparen, auch ohne dass die Wohnungen kalt bleiben?

     

    http://www.lexas.net/laenderdaten/energiewirtschaft/stromverbrauch_pro_Kopf.asp

     

    Wer die Zahlen studiert, dem wird allerdings auch klar, dass wir Deutschen uns nicht entspannt zurücklehnen können. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass wir Menschen in den Industrienationen massiv Energie einsparen und auf alternative Energieerzeugung umstellen müssen. Dadurch wird bei uns niemand Not leiden. Der Klimawandel jedoch trifft vor allem die ärmsten Staaten, deren Einwohner kaum CO2 produzieren, am heftigsten.

     

    Es ist nicht anständig, auf die steigenden CO2-Emissionen in den sich wirtschaftlich entwickelnden Ländern hinzuweisen als Entschuldigung für eigene Untätigkeit. Dort hat man Mühe die elementarsten Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen (Ernährung, Wohnung).

    Selbstverständlich müssen wir diesen Ländern helfen, die dort nötigen Verbesserungen ohne gravierende Auswirkungen auf das Klima zu realisieren. Dazu gehört auch ein fairer, auf Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit ausgerichteter Welthandel.

  • H
    hunsrückbäuerlein

    na gottseidank!

     

    wirft endlich mla jemand einen stein auf die strasse des ökokapitalismus!

     

    wurde auch zeit, dass dieser ökoterror mal eins vor´n latz kriegt.

     

    ich kann´s bald nicht mehr hören, öko hinten, öko vorne, uns haben die ökos dann was zu melden weil so ein paar simpel ihnen glauben, dann würde sie ihre urururoma vertickern, wenn sie noch leben würde.

     

    ökomafia!

  • ST
    Sven T.

    Für weniger Eingeweihte/ zum Kommentar von K. Schulz:

    Der von Thanthalas angegebene Link führt zu einem Vortrag von Michael Limburg (EIKE), die Organisation EIKE wird maßgeblich von Exxon (Esso) finanziert, die Gründe liegen auf der Hand.

    Ich verweise zum Thema Klimaskeptiker auf meinen längeren Kommentar zum Artikel "Am Deutschen Modell hängt sehr viel" in der Taz vom 12.12.2011: http://www.taz.de/t181/Stefan-Rahmstorf-ueber-Durban/Kommentare/!c83599/

    Und empfehle ob der Wichtigkeit des Themas, sich selbst ein Bild zu machen, Tip hierzu: Immer fragen "wem nützt das?", das alte "cui bono?", und sehr genau schauen, wer tatsächlich von wem sein Geld bekommt (nachprüfbar, nicht behauptet)

  • H
    hens-up

    die politiker sind doch solche idioten. da kommen sie aus allen erdteilen zusammen, um über unsern planten zusprech, wie wir in retten können und am enden kommt nur warme luft raus. was soll das den? da könne die auch gleich zuhause bleiben, wenn die nix ändern wollen. und wenn was gemacht werden muss dann jetzt und nicht erst in 20 oder 30 jahren.

    Hier müssen gesetzte her um den klimawandel zu stoppen, von alleine machen wir so etwas doch nicht. und wenn die politiker nicht alle eine einheit bilden und als gute vorbilder agieren. dann müssen wir das eben selber tun. und dann rollen aber köpfe da oben.

    Politiker = Profitgier

    und die sagen die mafia sei schlimm.

  • LF
    Lang Fing-fang

    @taz:

    Warum Kioto statt Kyoto?

     

    Die Schreibweise Kioto ist wohl nicht falsch,

    aber zumindest ungewöhnlich und seltener.

    Gibt es einen speziellen Grund warum die

    taz diese Schreibweise gewählt hat?

  • H
    harry

    @thantalas... danke schön! Schicken sie noch den Link zur New World Order-Bilderberger-Chemtrails Verschwörung hinterher? Wir wissen doch beide, dass der Klimaschwindel nur ein Teil des Puzzels ist;)

  • KS
    Klaus Schulz

    @thantalas

     

    danke fuer den Hinweis auf EIKE. Die Spendenrunde der Oelmultis rollt bestimmt auf Hochtouren, um die naechsten Seminare (= Kabarett-Veranstaltungen) zu finanzieren. Fuer Interessierte ein Zitat von Fred Singer "... durch die erneuerbaren Energien findet eine Vermoegensumverteilung von unten nach oben statt...". no comment.

  • T
    Thanthalas

    Hier mal ein paar Wahrheiten zum Klimawandel. kann ich jedem nur empfehlen.

     

    http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=xH2sB5QB-nE#!

  • N
    Norbert

    Man kann auch ohne Klimaabkommen das Sinnvolle tun. Und fossile Brennstoffe einzusparen, ist schon wegen der absehbaren Preissteigerungen sinnvoll. Wenn man aber danach schaut, welchen Effekt man zB mit einer Mrd Euro bewirken kann, wäre Solarenergie tot, weil man die gleichen Einsparungen mit einem Bruchteil der Kosten hinbekäme.

  • N
    Nachdenker

    und keine Erwaehnung der Oelsaende, die den Kanadiern die Oekobilanz und uns das Klima zerschiessen? Wirklich? Irrelevant?

  • FH
    Franz Holst

    Na da werden ja im grünen Klimafond ein paar Groschen fehlen. Wo sich doch ein Teil der neuen Allianz dazu verpflichtet hatte, eisern die Hand aufzuhalten. Da wird wohl D seie Vorreiterrolle etwas intensivieren müssen.

  • SI
    Schaf im Wolfspelz

    Wenn man das Kioto- Abkommen als Beruhigungspille für alle Luxus- Abhängigen betrachtet, gebe ich den Kanadiern recht, doch sind ihre Motive leider verwegener.