piwik no script img

Klimaschädlicher VertragMacron entsagt Energiecharta

Frankreich tut es anderen europäischen Ländern nach und hat aus klimapolitischen Gründen den Austritt angekündigt. Deutschland denkt noch nach.

Wegen Klimaschädlichkeit ausgestiegen Foto: Peter Andrews/reuters

Berlin taz | Die Austrittswelle beim umstrittenen Energiechartavertrag geht weiter: Auch Frankreich steigt aus, weil die Mitgliedschaft nicht mit den Klimaschutzversprechen vereinbar sei, wie Präsident Emmanuel Macron am Freitagabend mitteilte. Damit folgt das Land den Niederlanden, Spanien, Polen und Italien, die ebenfalls bereits ausgetreten sind oder den Ausstieg angekündigt haben.

Die Energiecharta wurde 1991 in Den Haag unterschrieben, drei Jahre später folgte der Vertrag verschiedener Staaten um sie herum. Die knapp 50 Mitglieder sichern damit Energiekonzernen besonderen Investitionsschutz zu. Der damalige Grund: Es sollte nach dem Zusammenbruch der DDR und der Sowjetunion stabile Rahmenbedingungen für die Energieerzeugung geben.

Im Ergebnis können Konzerne bei politischen Änderungen, die ihre Tätigkeit betreffen, gegen die betreffenden Staaten klagen. Dabei müssen sie nicht durch die üblichen Instanzen, also die durch Verfassungen legitimierten Gerichte der Staaten – sondern können auf Basis des Energiechartavertrags internationale Schiedsgerichte anrufen.

Die Regularien, an denen sich die Energiekonzerne stören, sind oft klima- und umweltpolitischer Natur. Beispielsweise verklagt der deutsche Energiekonzern RWE die niederländische Regierung wegen ihres Kohleausstiegs.

Bundesregierung stimmt sich noch ab

Als die Wis­sen­schaft­le­r:in­nen vom Weltklimarat IPCC in einem großen Bericht vom April „Klimaschutzbedenken“ bei verschiedenen Handelsverträgen anmeldeten, mahnten sie deshalb ausdrücklich die „Modernisierung des Energiechartavertrags“ an. Eine Reform des Abkommens im Sommer ergab allerdings nur kleine Änderungen.

Auch die Bundesregierung erwägt den Austritt aus dem Vertrag. Das sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums gegenüber der taz, nachdem die Niederlande in der vergangenen Woche ihren Ausstieg verkündet hatten. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sei gegen eine weitere Mitgliedschaft und habe die Ressortabstimmung eingeleitet. Sprich: Die Bundesregierung als Ganzes berät sich erst noch.

Mit der Kündigung ist man allerdings noch nicht gleich vor Unternehmensklagen gegen Klimapolitik gefeit. Die Nachhaftung beträgt 20 Jahre. So wurde Italien kürzlich auf Basis des Energiechartavertrags von einem Schiedsgericht zu einer Millionenzahlung an einen britischen Öl- und Gaskonzern verurteilt – obwohl das Land das Abkommen schon 2016 verlassen hat.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Die SPD als große Industriepartei verwechselt mal wieder Bürger mit Konzernen.Kohle und Atom ist von gestern, auch wenn viele gute SPD-ler hier in den Aufsichtsräten sitzen.Bürger sitzen im Kalten und SPD-Aufsichtsräte zusammen mit den CDU-lern bei Brötchen und Bier in den warmen Stuben. Kanzler - mach mal hier mit deiner Richtlinienkompetenz Klar-Schiff wie mit den Chinesen.

  • Kann man den Wortlaut dieser Charta irgendwo einsehen oder ist das eine der Geheimregelungen vor deren Wortlaut das Volk "verschont" werden muss ?

  • Unfassbar......



    Meine liebe taz bleibt bitte an dem Thema dran!!!!!!

  • Wenn sich zwei Staaten bilateral einigen, greift die Nachhaftung für ie wechselseitigen Investitionen nicht mehr.