Klimaprotest in Großbritannien: Kleben und kleben lassen
Die britische Sparte von Extinction Rebellion will erst mal keine Straßen mehr blockieren. Deutsche Mitstreiter:innen schließen sich nicht an.
Es sei notwendig, die eigene Taktik ständig weiterzuentwickeln, schreiben die Aktivist:innen. Dabei würden sie weiter „anerkennen und feiern“, dass Aktivist:innen durch Störungen Alarm schlagen können.
Jetzt wolle Extinction Rebellion aber eher das Knüpfen von „Beziehungen gegenüber dem Blockieren von Straßen priorisieren“, also als Bewegung wachsen. Die Gruppe plant für April eine Großaktion, bei der sie mit 100.000 Menschen den Westminsterpalast einkreisen will. Dort sitzen die Häuser des britischen Parlaments.
Die Aktivist:innen sprachen von einer „kontroversen Entscheidung“. Schließlich haben sich andere Gruppen gerade erst auf genau solche Aktionen eingeschossen, die Extinction Rebellion jetzt erst einmal nicht mehr durchführen will.
Reaktion auf Kriminalisierung
Beispielsweise gingen im Oktober die Fotos von Aktivist:innen der Gruppe Just Stop Oil um die Welt, die ein Gemälde aus der Sonnenblumen-Reihe von Vincent van Gogh mit Tomatensuppe beschmierten und sich am Rahmen festklebten. Das mit Glas abgedeckte Bild kam dabei nicht zu Schaden. Die Aktion fand Nachahmung, unter anderem bei der deutschen Gruppe Letzte Generation.
Den Strategiewechsel erklärt Extinction Rebellion unter anderem damit, es sei eine Zeit, „in der es kriminalisiert wird, wenn man seine Meinung sagt und aktiv wird“. Großbritannien hat im vergangenen Jahr ein neues Polizeigesetz erlassen, das eine stärkere Einschränkung von Demonstrationen sowie härtere Strafen bei illegalen Protestformen zulässt. Derzeit ist ein neues Gesetz in Arbeit, das der Polizei weitere Rechte bei der Ermittlung gegen Aktivist:innen geben soll.
Auch in Deutschland hat etwa die Konferenz der Innenminister:innen darüber diskutiert, ob es schärfere Mittel der Strafverfolgung von Klimaaktivist:innen geben sollte. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt wegen Verdachts auf Gründung einer kriminellen Vereinigung gegen Aktivist:innen der Letzten Generation. Das Problem: Die bloße Mitgliedschaft oder Werbung für die Gruppe könnte strafbar werden.
Es den britischen Extinction-Rebellion-Aktivist:innen gleichmachen will die Letzte Generation allerdings nicht. „Wir werden weiterhin die gesamte Breite der Möglichkeiten an Protestformen nutzen“, sagte Sprecherin Carla Rochel der taz auf Anfrage.
Auch Extinction Rebellion gibt es in Deutschland. Hierzulande stünden bei der Gruppe aber schon länger eher Aktionen vor Konzernzentralen oder Ministerien im Fokus, sagte Sprecher Florian Zander der taz. Es werde aber auch weiter Straßenblockaden geben.
Am Dienstag hat die Gruppe an mehreren Orten in Deutschland Straßenschilder abmontiert, die das Ende der Geschwindigkeitsbegrenzung anzeigen – sozusagen ein eigenmächtig eingeführtes Tempolimit. Die Polizei Berlin bestätigte das Fehlen von Schildern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung