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Klimakrise in AfrikaDie Mondberge verlieren ihre Eiskappen

Schmelzendes Eis, wandernde Vegetation, Überschwemmungen, Schlammlawinen – im Ruwenzori-Gebirge im Herzen Afrikas ist die Erderhitzung unübersehbar.

Hier auf dem Margherita in Uganda war mal Eis Foto: Martin Mwaura / 500px

Kampala taz | Es ist heiß dieser Tage in Afrika am Äquator, heißer denn je zuvor. Laut Ugandas Wetterdienst gehen die Temperaturen in einigen Landesteilen tagsüber hoch auf bis zu 40 Grad Celsius. Damit ist die aktuelle Trockenzeit bislang die heißeste in der Geschichte der Wetteraufzeichnungen Ugandas, erklärt William Omonyi, Chefmeteorologe in Ugandas Ministerium für Wasser und Umwelt.

Ursache dafür ist der Klimawandel, der sich in der Trockenzeit, die normalerweise von Dezember bis März anhält, extrem bemerkbar macht. Am Himmel sieht man seit Wochen kaum eine einzige Wolke: „Wir haben derzeit nur Cirrus-Wolken, die sich in einer Höhe von 20 Kilometer bilden“, so Omonyi. Diese seien „sehr dünn und transparent“. Sie lassen die Sonnenstrahlung quasi ungefiltert durch. Das hat zur Folge, dass die Gletscher im Ruwenzori-Gebirge – auch „Mondberge“ genannt – schneller abschmelzen als zuvor.

Die Gebirgskette entlang der Grenze zwischen Uganda und der Demokratischen Republik Kongo ist mit einer Höhe von mehr als 5.000 Metern neben dem Kilimandscharo in Tansania und dem Mount Kenia das dritthöchste Gebirge Afrikas. Sie gehört zu den wenigen, die von Gletschern bedeckt sind. Aufgrund ihrer einzigartigen ökologischen Vielfalt sind die Mondberge ein Unesco-Weltkulturerbe.

Ugandas Forscher schlagen nun wegen der beispiellosen Geschwindigkeit Alarm, mit der die Gletscher zurückgehen. „Wir sind Zeugen des Verschwindens einer uralten Struktur“, sagt Alex Akwatamporam, Vorsitzender der ugandischen geologischen Gesellschaft: „Dies ist ein direkter Indikator des Klimawandels, und der Verlust wird große Auswirkungen auf die Region haben.“

Felsspalten statt Eis

Historische Aufzeichnungen zeigen, dass die Eiskappen, die Anfang des 20. Jahrhunderts noch über 6,5 Quadratkilometer bedeckten, heute weniger als einen Quadratkilometer groß sind. Wo das Eis wegschmilzt, öffnen sich nun tiefe Felsspalten.

„Wir mussten bereits Leitern und Brücken installieren“, erklärt George Businge, der in Ugandas Wildtierbehörde (UWA) für den Ruwenzori Nationalpark zuständig ist. „Sonst können wir bald keine Besucher mehr ins Gebirge führen.“ Die Gletscher sind bei internationalen Bergsteigern beliebt, allen voran der Stanley-Gipfel, der über 5.100 Meter hoch ist.

Eine Veränderung der Vegetation sei bereits deutlich sichtbar, sagt Businge: „Die Pflanzen, die früher in einer weniger kalten Umgebung lebten, wandern jetzt wegen der Wärme und der globalen Erwärmung, höher.“

Am Fuß der Berge, im Bezirk Kasese, sind die Folgen für die Menschen verheerend. In jüngster Zeit wurde der Bezirk mehrfach überflutet, weil Flüsse über die Ufer traten. Riesige Schlammlawinen donnern immer wieder ins Tal und zerstören Straßen, Brücken, aber auch Äcker, Häuser und Schulen.

„Normalerweise passieren diese Überschwemmungen, wenn es in den Bergen heftig regnet“, so Evelyn Mugume, Umweltbeauftragte des Bezirks Kasese. Doch jetzt treten diese Fluten auch auf, wenn es keinen Regen gibt. Liegt das an der Gletscherschmelze? „Es gibt einen Zusammenhang mit dem Schmelzen der Gletscher – aber er ist noch gering“, so Mugume.

Brände in den Feuchtgebieten

Klar ist: Die Menschen am Fuß der Mondberge müssen sich auf einen solchen Effekt der globalen Erhitzung einstellen. Dazu gehört auch, dass sie die Umwelt nicht weiter zerstören dürfen. „Wir haben sehr viele Feuchtgebiete in den höheren Plateaus des Gebirges“, erklärt Jeconious Musingwire, der in der Umweltbehörde (Nema) für die Region zuständig ist. „Sie sind quasi die Auffangbecken für das Bergwasser.“

Bei der jüngsten Analyse von Satellitenbildern hätten die Forscher jedoch gewaltige Brände in diesen Feuchtgebieten entdeckt. Ob sie von Wilderern gelegt wurden, die in den Feuchtgebieten jagen, sei nicht abschließend geklärt. „Doch die Feuchtgebiete wurden durch die Brände fast alle zerstört“, sagt der Nema-Beauftragte. Mit anderen Worten: Das Wasser aus den Bergen kann nicht mehr aufgefangen werden und fließt damit ungehindert in großen Massen ins Tal.

Ugandas Regierung benötige einen ganzheitlichen Ansatz, um all diesen Faktoren entgegenzuwirken, fordert Musingwire: Dazu, gehöre die Restaurierung der Feuchtgebiete und das Pflanzen von Bäumen an den Berghängen, vor allem in den höheren Gebieten. Klar sei: Der Klimawandel ist ein globales Phänomen und lässt sich deswegen nicht so einfach aufhalten. Doch Ugandas Regierung müsse die Folgen des Klimawandels angehen.

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