Klimagespräche zwischen USA und China: Wohltemperierte Annäherung
Der US-Klimabeauftragte John Kerry besucht Chinas Hauptstadt Peking. Es ist ein Neustart der Klimagespräche zwischen den beiden weltweit größten CO2-Verschmutzern.
Bei immerhin 37 Grad traf Kerry in den Morgenstunden in Peking auf seinen Amtskollegen Xie Zhenhua, um in den – gut klimatisierten – Räumen des Beijing-Hotel über Maßnahmen gegen die menschengemachte Klimakrise zu debattieren.
Die ersten Signale stimmen durchaus positiv: Die Gespräche dauerten nicht nur stolze vier Stunden an, sondern wurden auch von wohlwollender Rhetorik begleitet. „China und die USA haben ähnliche Vorstellungen und eine ähnliche Vergangenheit beim Umgang mit dem Klimawandel“, sagte Xie vor Medienleuten. Und Kerry erklärte, dass man „zwingend echte Fortschritte“ machen müsse.
Dabei ist überhaupt schon ein Erfolg, dass Vertreter der beiden Staaten mit dem weltweit größten CO2-Ausstoß wieder miteinander reden. Erst im vergangenen Jahr hatte Peking nämlich die Klimagespräche auf Eis gelegt, nachdem die damalige Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, die Insel Taiwan besucht hatte. Die Maßnahme sollte auch eine Warnung sein: Peking schreckt nicht davor zurück, Umweltfragen als Druckmittel zu verwenden, um politische Forderungen durchzusetzen.
China ist top bei Erneuerbaren – und bei Kohlekraft
Diesmal jedoch wäre es durchaus denkbar, dass die zwei zerstrittenen Regierungen mehr als nur rhetorisch heiße Luft produzieren. Denn die derzeitige schwere Hitzewelle hat China erneut vor Augen geführt, wie sehr die Folgen der Erderwärmung seine Entwicklung bedroht: Die Energiesicherheit leidet unter den alarmierenden Temperaturen, die Ernteerträge werden durch Dürren und Fluten vernichtet.
Und dennoch halten sich die Staatsmedien in ihrer Berichterstattung merklich zurück, die Probleme allzu prominent mit dem Klimawandel in Verbindung zu bringen. Und wenn doch, dann stellen sie stets klar, dass die chinesische Regierung federführend beim Kampf gegen die globale Erderwärmung wirke.
Stolz berichten die Parteizeitungen etwa, dass China mehr erneuerbare Energien installiert als der Rest der Welt zusammen. Dass es aber auch weiter Kohlekraftwerke baut und über ein Drittel des weltweiten CO2 ausstößt, wird ganz bewusst unter den Teppich gekehrt.
Dahinter steckt auch eine tiefe Paranoia der Zentralregierung gegenüber der Zivilgesellschaft. Umweltaktivismus außerhalb der Ägide der kommunistischen Partei wird nicht im Ansatz geduldet, eine Fridays-for-Future-Bewegung wäre in China geradezu undenkbar. Die Bevölkerung soll bloß nicht auf die Idee kommen, umweltpolitische Forderungen an ihre Führung zu stellen.
Regierung wirtschaftlich massiv unter Druck
Gleichzeitig steht die Regierung jedoch auch wirtschaftlich massiv unter Druck. Wie die am Montag veröffentlichten Zahlen des Pekinger Statistikamts belegen, ist die ökonomische Erholung nach dem Ende der „Null Covid“-Maßnahmen im Dezember vollends verflogen.
Vom ersten auf das zweite Jahresquartal ist die Wirtschaftsleistung nur um 0,8 Prozent gewachsen – weniger als erwartet. Sämtliche Frühindikatoren deuten kaum auf Besserung hin. Es ist sogar fraglich, ob Peking sein selbst erklärtes Ziel von 5 Prozent Jahreswachstum erreichen kann.
All dies macht es den Parteikadern nicht unbedingt leichter, kostspielige Reformen umzusetzen, um die energie- und rohstoffintensive Wirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Stattdessen könnte Peking erneut auf sein bewährtes Rezept zurückgreifen – und großspurige Infrastrukturprojekte aufsetzen, die schnelles Wachstum generieren. Zulasten der CO2-Bilanz.
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