piwik no script img

Klimagau auf 2000 Seiten

■ Enquete-Kommission legt warnenden Abschlußbericht vor

Bonn (dpa/taz) — Drastische Maßnahmen gegen die befürchtete Katastrophe hat die Klima-Enquete- Kommission in ihrem gestern vorgelegten, mehr als 2000 Seiten dicken Abschlußbericht gefordert. Deutschland soll dabei international Vorreiter sein. Dies unterstrich der Kommissionsvorsitzende Schmidbauer (CDU), vor der Presse.

Neben einem Verbot des Ozonkillers Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW) weltweit schon bis 1997 (statt 1999) soll vor allem der Ausstoß an Kohlendioxid bis zum Jahr 2005 um 30 Prozent und bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent verringert werden. Angestrebt werde, so Schmidbauer, die Welt-Produktion von CO2 von 20,5 Milliarden Tonnen auf ein Viertel zu senken. Doch derzeit steigt der CO2-Ausstoß weiter an.

Heftig umstritten blieb der Einsatz der Atomenergie. Inge Segall (FDP) vertrat, auch im Blick auf die neue Ölkrise, die Position der Atomindustrie und sprach von der Notwendigkeit eines erneuten „massiven Einstiegs“ in die Atomenergie. Der CDU-Abgeordnete Lippold hält einen weltweiten Ausbau der Akws für „unerläßlich“, wenn der Einsatz von Stein- und Braunkohle verringert werden soll.

Michael Müller (SPD) und Wilhelm Knabe (Grüne) wiesen dies strikt zurück und plädierten vorrangig für Energiesparen und die Verwendung erneuerbarer Energiequellen. Außerdem dürfe beim Klimaschutz, so meinte Müller, nicht allein der Stromsektor gesehen werden, sondern vor allem der Verkehr mit seinen erheblichen Belastungen.

Der Abschlußbericht sagt eine bedrohliche Entwicklung des Weltklimas voraus, falls die Treibgase nicht drastisch verringert werden. So wird jetzt mit einem möglichen Temperaturanstieg um etwa fünf Grad bis zum Jahr 2100 gerechnet. In 100 Jahren werde der Anstieg so groß sein wie seit der Eiszeit vor 18.000 Jahren.

Die Klimamodelle der Wissenschaftler, Grundlage der dreijährigen Arbeit der Kommission, ergeben, daß beim Anhalten des Trends der Meeresspiegel um 30 bis 100 cm bis zum Jahr 2100 ansteigen kann. Schon beim Anstieg um einen halben Meter würden viele küstennahe Gebiete unbewohnbar. Als weitere Folgen wurde eine erhebliche Zunahme der Wüstenregionen, großräumiges Waldsterben in den gemäßigten Breiten und eine „dramatische Verschlechterung“ der Welternährungslage mit Klimaflüchtlingen und Hungersnöten vorausgesagt.

An dem Treibhauseffekt sind der Energiebereich einschließlich Verkehr mit 50 Prozent, die Chemie mit 20 Prozent und die Vernichtung der Tropenwälder und die Intensivlandwirtschaft mit je 15 Prozent beteiligt.

Im übrigen gehört mit dem Beitritt der DDR Deutschland nun zur Spitzengruppe der CO2-Verursacher.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen