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Klimaforscher über die Energiewende"Das Volk will Arbeitsplätze"

Der Klimaforscher Ernst Ulrich von Weizsäcker beurteilt die Chancen auf eine Energiewende nüchtern: Ein "ungewisses Zückerchen fürs Klima" reiche den Wählern, die Priorität liege aber auf mehr Jobs.

"Jeder weiß, dass die Abwrackprämie eine Autoarbeiterprämie und keine Umweltprämie ist." Bild: dpa

BERLIN taz | Nach Ansicht des Forschers Ernst Ulrich von Weizsäcker scheitert mehr Klimaschutz in Deutschland an den Prioritäten der Bürger. "Das Volk will Arbeitsplätze. Und diejenigen, die Arbeitsplätze bieten, drohen ja ganz offen: Wenn ihr hier eine stramme Klimapolitik macht, verlagern wir die Arbeitsplätze in andere Länder, die weniger streng sind", sagt Weizsäcker im sonntaz-Gespräch. "In der Bevölkerung sind die Prioritäten klar: lieber Arbeitsplätze und etwas mehr globale Erwärmung als keine Arbeitsplätze und ein ungewisses Zückerchen fürs Klima."

Weizsäcker war Präsident des Wuppertal Institutes für Klima, Umwelt und Energie sowie Direktor des UNO-Zentrums für Wissenschaft und Technologie in New York. Bis 2005 saß er für die SPD im Bundestag. Er ist der Sohn des Physikers Carl Friedrich von Weizsäcker und Neffe des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker.

Weizsäcker sagt, er habe Verständnis dafür, dass die Politik dem Volk zuhören müsse. Er sehe die Bilanz der großen Koalition nicht so negativ. "Wohl keine andere Regierung irgendwo in Europa hat beim Klimaschutz so entschlossen agiert. Frau Merkel und Herr Gabriel haben einiges wirklich gut gemacht und sicher nicht schlechter als die Partnerländer."

Bild: taz

Das sonntaz-Gespräch im gesamten Wortlaut lesen Sie in der sonntaz vom 25./26.7.09 - ab Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk erhältlich.

Über die Abwrackprämie sagt er: "Jeder weiß, dass das eine Autoarbeiterprämie und keine Umweltprämie ist." Er forderte, Wirtschaftskrise und Klimawandel zusammen zu denken. Die Energiepreise müssten deutlich erhöht werden.

Der 70 Jahre alte Weizsäcker beschreibt in dem sonntaz-Gespräch sein Leben als ständigen Wechsel zwischen Wissenchaft und Politik. Er finde es frustrierend, dass vielen Akademikern das Verständnis für die Zwänge der Politik fehle. "Ich habe aus der Warte des Politikers erlebt, wie Wissenschaftler bei Anhörungen vom Katheder herunter die reine Lehre verkünden. Sie unternehmen geringe Anstrengung zu verstehen, wie das Volk denkt, das die Politiker gewählt hat - und finden dann nachher, die Politik sei schmutzig und korrupt, wenn sie nicht ihrer reinen akademischen Lehre folgt."

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3 Kommentare

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  • M
    marina

    Hat der denn genauso wie viele andere noch immer nichts von 'green jobs' gehört bzw. einem Green New Deal - oder ist ihm das zu wenig privatwirtschaftsliberalistisch?

     

    @ L. P. Häußner: Schon nicht ganz verkehrt, nur bleibt das Risiko dass mit einem solchen Konzept sehr schnell diverse Preise so stark erhöht werden, dass Menschen, die nichts als das Grundeinkommen haben, damit weniger haben, als heute mit einem ALG.

     

    Die Preiserhöhungen wird es nämlich vermutlich v.a. deshalb geben, weil gemäß dem Konzept ja ALLE dieses Grundeinkommen bekommen sollen, auch reiche Leute, und da werden dann diverse Preise, inkl. Wohungsmarkt, sehr kräftig "anziehen".

  • S
    Sandermar

    Woher will dieser Mann wissen wie es um die Bewohner dieses Landes steht?

    Was ist seine Meinung wert?

    Wer ist der überhaupt?

    Sohn eines berühmten Mannes, OK.

    Was wir brauchen ist eine Umänderung der Verhältnisse.

    Was wir brauchen ist eine Zusammenführung von alten und neuen Technologien zugunsten von allen Menschen und nicht zugunsten von wenigen Bankkonten!!!

    Es ist schon mehr als fünf vor zwölf und daher Zeit für einen ernsten, neuen, gewaltlosen aber Inhaltsvollen und starken Neuanfang!

  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    Nicht Arbeitsplätze will das Volk, sondern Einkommensplätze!

     

    -------------------------------------------

     

    Wirtschaft und Wirtschaftsordnung haben lediglich zwei Hauptaufgaben:

     

    1. Die Menschen ökologisch und ökonomisch nachhaltig mit Waren und Dienstleistungen zu versorgen.

    2. Die Menschen in einer global arbeitsteilig organisierten Wirtschaftsweise mit Einkommen zu versorgen

     

    Der Ruf nach Arbeitsplätzen und Arbeitsplatzerhalt ist genau betrachtet der Ruf nach EINKOMMENSPLÄTZEN!

     

    Jeder Mensch braucht ein Einkommen - bedingungslos.

     

    Ökologie und Ökonomie lassen such durch ein bedingungsloses Grundeinkommen, ein konsumbasiertes Steuerwesen (MwSt) und durch Ökoabgaben mit Rückvergütung pro (Welt-)BürgerIn nachhaltig in Einklang bringen.

     

    Die Ökoabgaben erfordern einen ordnungspolitischen Rahmen, der aus drei Ebenen besteht:

     

    1. Ebene:

     

    Begrenzung der Naturnutzung - Stichwort: SUFFIZIENZ

     

    2. Ebene:

     

    Handel mit Ökozertifikaten - Stichwort: EFFIZIENZ

     

    3. Ebene:

     

    Rückvergütung der Einahmen aus dem Handel mit Öko-Zertifikaten pro (Welt-)BürgerIn - Stichwort: ÄQUIVALENZ

     

    Im August erscheint dazu unser ordnungspolitische Studie "Klimawandel Ernährungssicherheit" im Unversitätsverlag Karlsruhe (auch online erhältlich).

     

     

    Ludwig Paul Häußner

    Universität Karlsruhe (TH) – IEP

    www.iep.uni-karlsruhe.de