: Kleineres Parlament durch Volkes Wille?
■ Heute überreicht die AfB 5.800 Unterschriften für ein kleineres Parlament / Damit setzt sie zum Sprung über die erste Hürde für ein neues Volksbegehren an / CDU dagegen, SPD vorsichtiger
In Bremen ist das Thema ein Dauerbrenner: Die Verkleinerung der 100-köpfigen Bürgerschaft. Pünktlich zum Wahlkampfbeginn für die kommenden Bürgerschaftswahlen im nächsten Juni geht die AfB in die Offensive. Heute will die kleinste Partei im Parlament mehr als 5.800 Unterschriften übergeben, um mit einem Volksentscheid die Verringerung auf 75 Abgeordnete ab dem Jahr 2003 einzuleiten.
„Ich kann nicht verstehen, daß die Politik sich bei Einsparungen ausnimmt“, begründete die AfB-Fraktionsvorsitzende Elke Kröning ihre Initiative für ein Volksbegehren. Eine Verkleinerung stünde Bremen „gut zu Gesicht“, nachdem sowohl für den Bundestag als auch in Bayern und Berlin Parlamentsverkleinerungen beschlossen worden seien. Kröning schätzt, daß in Bremen rund zwei Millionen Mark pro Jahr eingespart würden, wenn es 25 Abgeordnete weniger gäbe. Hilfe für die AfB kommt von verschiedenen Unternehmerverbänden, aber auch von der F.D.P. und den Grünen.
Alle Vorstöße der Vergangenheit scheiterten an den regierenden Parteien, die keine Pfründe abgeben wollen. Die heftigste Gegenwehr kommt inzwischen aus jener Partei, die bis 1995 die Verkleinerung selbst forderte: der CDU. Schon 1991 hatte es im Grundsatzprogramm der damaligen Opposi-tionspartei geheißen, man wolle die „Bürgerschaft auf 51 Abgeordnete verkleinern“. Das gilt jetzt nicht mehr: „Man lernt eben dazu“, so CDU-Pressesprecher Guido Niermann.
Er sieht in dem Vorstoß der AfB zum jetzigen Zeitpunkt schlicht „Wahlkampf-Populismus“. Drei Argumente sprechen in seinen Augen gegen die Verkleinerung: Zum einen bedeuteten weniger Abgeordnete auch weniger Bürgerkontakt. Zum zweiten führe die Verkleinerung zu derart mehr Arbeit für die Teilzeit-Parlamentarier, daß man eigentlich ein Vollzeit-Parlament daraus machen müsse – dann aber wäre die Einsparung futsch. Zum dritten entstünden Probleme durch den Sonderstatus von Bremerhaven: Wenn eine Partei dort knapp über fünf Prozent käme, wäre sie dennoch nicht in der Bürgerschaft vertreten.
Vor allem gegen die beiden letzten Argumente redet Kröning an: Die Arbeit wäre durchaus mit weniger Abgeordneten zu bewältigen. Und für den Sonderfall Bremerhaven habe schon 1994 das sogenannte Kuhlmann-Gutachten geklärt, daß eine Überhang-Mandatsregelung die wichtigsten Probleme aus der Welt schaffen könnte.
In der Bredouille ist jetzt die SPD. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Horst Isola, steht einer Verkleinerungs–Debatte durchaus aufgeschlossen gegenüber. Weniger Abgeordnete, das gehöre „auf den Prüfstand“. Eine Entscheidung muß spätestens Anfang des Jahres fallen, wenn das zukünftige Wahlprogramm von der Partei beschlossen wird. Doch auf die klare Nennung einer neuen Abgeordneten- Zahl hat sich die SPD in der Vergangenheit nie eingelassen. „Töricht“ findet Elke Kröning auch die Haltung von Henning Scherf, der sich mit einer Verkleinerung nicht anfreunden wolle.
Für die nächste Hürde des Volksentscheids müssen bald 50.000 Unterschriften gesammelt werden – wenn der Senat die Rechtmäßigkeit nicht vor Gericht klären läßt. Dort wurde gerade erst dem Volksbegehren „Mehr Demokratie“ zur Vereinfachung von Volksbegehren der Garaus gemacht. cd
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