■ Kommentar: Kleine Fluchten
Selbstverständlich hat der SPD-Fraktionschef Klaus Böger mit seiner Kritik recht, daß der Bund nicht einseitig durch Gesetzesänderungen dem Land Berlin Steuereinkünfte wegnehmen darf und so die prekäre Lage der Stadt verschärft. Ein Irrweg aber ist es, von Bonn generell Bundeshilfen einzuklagen, um die Haushaltslöcher zu stopfen. Nicht nur, daß das wie ein sehnsüchtiger Reflex auf jene vergangenen Zeiten wirken würde, als Berlin am Tropf der Bundesregierung hing. Eine solche Klage könnte auch nicht die Probleme der Stadt lösen. Denn die Grundlagen für einen sanierten Haushalt müssen jetzt gelegt werden. Eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wird dagegen Jahre benötigen – wobei nicht einmal gesichert ist, daß sie Erfolg hat. Diese Zeit hat die Stadt nicht. Selbst wenn jetzt die Haushaltskonsolidierung gelingt, wird Berlin 1999 immer noch über vierzig Prozent der Einnahmen für Zinsen zahlen müssen. Politisch fataler noch: Eine erfolgreiche Klage bedeutete die Selbstaufgabe einer Politikgestaltung zugunsten eines Bonner Sparkommissars. Wer wie der SPD-Linke Klaus-Uwe Benneter einer solchen Klage das Wort redet, der entscheidet sich deshalb für die kleinen Fluchten aus der Verantwortung, anstatt die Aufgaben endlich selbst anzupacken. Gerd Nowakowski
siehe Bericht Seite 22
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