piwik no script img

KlausurtagungGrüne finden sich nachhaltig

Die Grünen sind zufrieden mit der Arbeit der Regierungskoalition und legen einen Entwurf für ein Integrationsgesetz vor.

Sind nicht immer so friedlich miteinander: Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) und Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD). Bild: kawe

Von Unstimmigkeiten innerhalb der Regierungskoalition mag Matthias Güldner, Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Bürgerschaft, nichts wissen. Dabei hat’s erst vor sechs Wochen mal wieder gerappelt: Da sagte die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert im Rahmen der Haushaltsberatungen, eine Insolvenz des Science Centers Universum sei „die mit Abstand vorteilhafteste Lösung“. Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) bezeichnete das als „riesigen Imageschaden“ und Uta Kummer, Vorsitzende der stadtbremischen SPD, warf Linnert vor: „Sparen ist kein Selbstzweck.“

Darauf veröffentliche Hermann Kuhn, Haushalts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen, auf der Fraktions-Homepage einen Text mit dem Titel „Ist es schon wieder soweit, Frau Kummer?“ und fragt dort: „Juckt es die SPD schon wieder in den Fingern, Geld auszugeben, was Bremen nicht hat?“ Güldner, gerade zurückgekehrt von der zweieinhalbtägigen Klausur seiner Koalition, wiegelt ab: „Wir ringen miteinander, aber das ist angesichts der Haushaltslage in Bremen doch normal.“

Im Gegenteil, alles sei gut: Mit Erstaunen habe die Fraktion in den letzten Tagen festgestellt, „dass wir jetzt, nach der ersten Halbzeit der Wahlperiode, einen Großteil unserer Pläne bereits umgesetzt haben“. Die Einführung eines Mindestlohngesetzes, die Sperrung der bremischen Häfen für Atomtransporte, Einigung bei der Privatisierungsbremse: „Wir haben uns getraut, mutige und ungewöhnliche Dinge zu tun“, so Güldner. Angesichts des klammen Haushalts sei es noch immer möglich, grüne Politik zu machen: „Wir versuchen, für Kinder von null bis sechs und für Schulkinder so viel rauszuquetschen wie es geht.“

Einen neuen Vorstoß erarbeiteten die Grünen auf der Klausur in Bad Zwischenahn in Form eines Gesetzesentwurfs „zur Förderung der Partizipation und Integration“ in Bremen. „Damit“ sagte Zahra Mohammadzadeh, migrations- und integrationspolitische Sprecherin, „wollen wir das Ende der alten Ausländerpolitik einläuten.“ Nach Nordrhein-Westfalen und Berlin wäre Bremen mit der Umsetzung des Entwurfs das dritte Bundesland mit einem Integrationsgesetz.

„Damit soll vor allem das, was ohnehin schon getan wird, auch für die Zukunft festgeschrieben werden“, so Mohammadzadeh. Das Gesetz solle zur besseren politischen Steuerung beitragen und eine bessere Datenlage ermöglichen.

Der Entwurf fasst Themen wie Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements von und für Menschen mit Migrationshintergrund, soziale und kulturelle Teilhabe, interkulturelle Öffnungen der Verwaltung oder berufliche Förderung zusammen. „Es ist etwas anderes“, so Güldner, „ob ich integrationspolitische Beschlüsse in Feierstunden präsentiere oder ob ich sie in ein Gesetz gieße – das hier ist kein Gedöns, sondern Hardware, an der man sich bindend orientieren muss.“ Noch liege aber nur dieser erste Entwurf vor „als Angebot zur Diskussion. Und natürlich werden wir darüber auch mit der SPD in Diskussion gehen.“

Mit der sei man sich übrigens jüngst auch einig geworden über die Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes, so Güldner. Wie, das dürfe er zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht sagen, „aber nicht alles in dieser Diskussion war einfach“.

Nicht nur in dieser, sondern auch in der Diskussion um die Privatisierungsbremse, die nach Streit mit der SPD zwischenzeitlich sogar gekippt wurde – und regelmäßig beim Thema Geld und Schuldenbremse: „Rot-Grün hat sich zu einer moderaten Konfliktkoalition entwickelt“, sagt Politikwissenschaftler Lothar Probst. Durch Karoline Linnert sei die eine Seite „Hüter der knappen Finanzen“ geworden, während die andere „sich als Anwalt der Schwächeren zu profilieren versucht“. Den strikten Konsolidierungskurs der Grünen „würde man sonst eigentlich eher bei den bürgerlichen Parteien verorten“.

Das sieht Güldner anders: „Karoline Linnerts Konzept ist von etwas geprägt, das ein ganz klares Merkmal der Grünen ist, nämlich Nachhaltigkeit.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!