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Klagen gegen Bürgschaften für Griechenland"Die Euro-Rettung ist zulässig"

Der Europarechtler Jürgen Bast über die Verfassungsklagen gegen Bürgschaften für Griechenland. Er sagt, das Eigentumsrecht gibt dem Einzelnen keinen Anspruch auf eine bestimmte Politik.

Die Proteste gegen die Sparpläne gehen unterdessen in Athen weiter. Bild: dapd
Christian Rath
Interview von Christian Rath

taz: Herr Bast, die EU-Staaten verhandeln gerade über neue Hilfen für Griechenland. Kann das Bundesverfassungsgericht, das seinen Sitz im badischen Karlsruhe hat, den Plänen noch einen Strich durch die Rechnung machen?

Jürgen Bast: Theoretisch ja. In Karlsruhe sind mehrere Klagen gegen das erste Hilfspaket für Griechenland anhängig, das im Mai 2010 beschlossen wurde. Außerdem wurde gegen den Euro-Rettungsschirm geklagt, den auch andere EU-Staaten in Anspruch nehmen können. Das Urteil wird grundsätzliche Bedeutung haben und damit auch Auswirkungen auf die aktuellen Verhandlungen.

Wann ist mit einer Entscheidung der Richter in Karlsruhe zu rechnen?

Die mündliche Verhandlung wird schon nächste Woche stattfinden, am 5. Juli. Das Urteil wird einige Monate später verkündet.

Was kritisieren denn überhaupt die Kläger?

Sie befürchten, dass die Bürgschaften und Kredite für überschuldete EU-Staaten ein Fass ohne Boden sind. Dies werde Deutschland am Ende überfordern, die Währung entwerten und das Eigentum der Bürger gefährden.

JÜRGEN BAST, 43, ist Europarechtler und lehrt derzeit an der Uni Bielefeld. Weitere Fächer sind öffentliches Recht, Völkerrecht und Rechtssoziologie.

Ist das eine verfassungsrechtliche Frage?

Als juristisches Problem wird das meines Wissens vor allem in Deutschland diskutiert. In anderen EU-Staaten gibt es zwar auch heftige Debatten, aber eher in der politischen Arena.

Das Eigentum ist ja immerhin durch unser Grundgesetz geschützt …

Das Eigentumsrecht gibt dem Einzelnen aber keinen Anspruch auf eine bestimmte Wirtschafts- und Währungspolitik seiner Regierung.

Ist Deutschland sogar verpflichtet, Griechenland in seiner schwierigen Situation zu helfen?

Nein, das ist eine rein politische Frage. Die EU-Verträge sehen keine Beistandspflicht zur Rettung überschuldeter Länder vor. Umstritten ist nur, ob Deutschland überhaupt helfen darf. Die Kläger sagen, eine derartige Hilfe sei europarechtlich verboten.

Stimmt das denn, dass eine solche Hilfe verboten ist?

Diese Position ist nicht völlig abwegig. Die Urheber der EU-Verträge sind sicher davon ausgegangen, dass jeder EU-Staat sein eigenes Haushaltsdefizit in den Griff bekommen muss. Nur für Rettungshilfen aus dem EU-Haushalt gibt es eine Grundlage in den Verträgen, für Hilfen der Euro-Staaten nicht. Allerdings verbieten die Verträge eine freiwillige Hilfe der Staaten auch nicht ausdrücklich. Im Ergebnis finde ich es überzeugender, die Hilfe zuzulassen. Es wäre doch merkwürdig, wenn ausgerechnet das Europarecht verhindern würde, die europäische Währung zu stabilisieren.

Wird das wohl auch Karlsruhe so sehen?

Letztlich ist Karlsruhe das falsche Forum für den Streit. Es gibt ja einen EU-Gerichtshof in Luxemburg, den EuGH.

Müsste Karlsruhe die Frage also dem Europäischen Gerichtshof vorlegen?

Wenn es um die Rechtmäßigkeit des Handelns von EU-Organen geht, muss Karlsruhe den EuGH einschalten. Keine Vorlagepflicht besteht bei der Frage, ob deutsche Gesetze oder zwischenstaatliche Absprachen der Euro-Staaten gegen EU-Recht verstoßen. Es ist dann aber ein Gebot der Klugheit, zuerst den EuGH das fragliche EU-Recht auslegen zu lassen.

Viele erwarten einen Kompromiss, bei dem Karlsruhe eine Zustimmung des Bundestags vor jeder Kreditvergabe verlangt …

Die Rolle des Bundestags bei der Euro-Rettung ist tatsächlich eine Frage des deutschen Verfassungsrechts. Ich halte einen strikten Parlamentsvorbehalt aber für keine gute Idee.

Warum?

Indem die Euro-Staaten gemeinsam für Kredite an Griechenland bürgen, soll ja erreicht werden, dass Griechenland Kredite zu einem normalen Zinssatz bekommt. Wenn nun aber für jeden wichtigen Schritt die Zustimmung aller nationalen Parlamente erforderlich wäre, dann ist das keine Bürgschaft, sondern bloß eine politische Absichtserklärung. Das wird die Finanzmärkte wohl kaum überzeugen. Die Richter sollten bei ihrer Entscheidung beachten, dass sie keine Anforderungen stellen, die das eigentliche Ziel durchkreuzen.

Derzeit bürgt Deutschland bereits für Darlehen in Höhe von bis zu 143 Milliarden Euro. Wollen Sie, dass so gewaltige Kreditentscheidungen wirklich ohne den Bundestag beschlossen werden?

Die Grundsatzentscheidung für jedes Paket muss jeweils vom Bundestag getroffen werden. Bei der Ausgestaltung haben Bundestag und Bundesregierung jedoch einen großen Spielraum. Diesen Spielraum sollte Karlsruhe respektieren.

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6 Kommentare

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  • HM
    Hans Michel Wurst

    BEZAHLT WIRD NICHT!

     

    Aus dem Aufruf der täglichen Volksversammlung am Syntagmaplatz zur Parlaments-Blockade und weltweiten Soliaktionen am 28/29. Juno:

     

    "- Wir wollen keine weiteren Hilfskredite.

     

    - Wir wollen nicht, daß gesellschaftliches Eigentum verkauft wird.

     

    - Wir wollen nicht, daß das mittelfristige Programm beschlossen wird.

     

    - Wir wollen keine Sozialisierung der Verluste und Privatisierung der Gewinne."

     

    Daß die "Kredite" EU-Recht widersprechen, ist nebenbei auch Position der Protestbewegung....

    Der Komplette Aufruf:http://de.indymedia.org/2011/06/310568.shtml

  • E
    EuroTanic

    Dieser Mann verteidigt wahrlich das Recht, das Recht der Zocker auf risikolose Profite durch Bailout mit Steuergeldern. Er stellt das Recht der privaten Finanoligarchen und des Profites über das Recht der Menschen. Genau ist das Europa das die wirklichen Europäer nicht wollen. Er verneint sogar das Recht auf Demokratie um diese Zockerrei zu dauerhaft zu gewährleisten.

  • I
    Ingo

    Komisch, dass andere Experten etwas anderes meinen

     

    http://www.welt.de/politik/deutschland/article8302944/Euro-Rettungsschirm-verstoesst-gegen-das-Grundgesetz.html

     

    Und es verstößt auch gegen EU-Recht.

     

    Was gibt es daran nicht zu verstehen?

     

    Sollen wir es etwa so wie Cohen-Bendit vorschlägt machen

    und die Regeln ändern? Damit die Bundesregierung

    und die EU dann noch glaubwürdiger ist und die Parlamentarier

    dann ihre Diäten nochmal um ein paar Tausend Euro erhöhen.

     

    Das ist ein schlechter Scherz, liebe TAZ.

  • S
    schwachsinn

    zitat"Letztlich ist Karlsruhe das falsche Forum für den Streit. Es gibt ja einen EU-Gerichtshof in Luxemburg, den EuGH. "

    im nächsten satz"Keine Vorlagepflicht besteht bei der Frage, ob deutsche Gesetze oder zwischenstaatliche Absprachen der Euro-Staaten gegen EU-Recht verstoßen. "

     

    ????

  • G
    gunterkummerlande

    Herr Prof. JÜRGEN BAST hat in rechtlicher Hinsicht

    hier sicherlich zur fundierten Meinungsbildung

    beigetragen, aber ökonomisch die Problemlage

    nicht erörtern können.

     

    Gerichte sollten aber auch die generelle

    Realisierbarkeit also Machbarkeit abwägen und daran,

    wenn bedeutender Schaden für Deutschland

    hinsichtlich der eigenen inneren Stabilität und

    materiellen Existenzfähigkeit besteht, diesen

    Schaden abwenden.

     

    Es ist sehr dumm und populistisch

    Griechenland Kredite zu geben und die Banken

    von weiteren Zinszahlungen profitieren zu lassen,

    die wir letzlich noch zusätzlich zahlen müssen.

     

    Das erhöht unsere Verluste zusätzlich beträchtlich

    und das Geld sehen wir nicht mehr wieder.

    Die Griechen müssen in Sachen nachhaltiger Energie-

    gewinne mit den entsprechenden Zusatzinvestitionen

    Kraft-Warme-Kopplungsanlagen, Solarkraftwerke und

    Wasserkraftwerke u.ä. errichten, um über einen

    Zeitraum von 40 Jahren Energie zum billigen

    Festpreis an Geberländer zu entrichten, in dem

    dadurch die jetzt bezahlten Hilfsgelder verrechnet

    werden.

    Geschäftsleute, die stümperhafte Kreditgeschäfte

    abwickelten müssen bis zu einem bestimmten

    Grad die Konsequenzen ihres eigenen Handelns

    tragen.

    Es muss genügend Geld für Spanien und Irland

    und Italien zurückgehalten werden, um dort

    sinnvolle Investitionsprogramme

    zu initiieren. Von immer mehr Schuldenmachen

    entsteht keine dauerhafte Beschäftigung.

    Die Frage besteht, ob man den Griechen gegen

    Versorgungshilfslieferungen einen Monat umsonst

    arbeiten lassen müßte für den Staat, um

    ein Viertel der Schuldensumme des Landes zu

    begleichen oder gar ein halbes Jahr.

    Die Finanzierung dieser Hilfslieferungen

    wäre wesentlich billiger.

    Dabei würden die Nahrungsmittelüberschüsse

    der EU abgebaut, die sonst vernichtet würden oder

    als zu Dumpingpreisen andere Volkswirtschaften

    zerstören könnten .

  • HS
    Horst Stankowski

    Hat der Mann jemals was davon gehört, dass es das vornehmste Recht eines jeden Parlamentes der Welt ist, über die FINANZEN des Staates entscheiden zu dürfen (das "Budget-Recht"). Wie hat der seinen Jura-Abschluss erlangt? Auf die Guttenberg- oder Koch-Mehrin-Weise?

     

    Die Euro(pa)-Fanatiker entlarven sich immer mehr als undemokratische Ideologen, die ihr paternalistisches, elitäres Europa-"Projekt" über Rechtstaatlichkeit und Volkssouveränität stellen.

     

    "Die EU-Verträge sehen keine Beistandspflicht zur Rettung überschuldeter Länder vor.", lügt uns dieser völlig inkompetente Pseudo-"Experte" vor.

     

    Die Wahrheit ist:

     

    Die EU-Verträge VERBIETEN jede Beistandspflicht zur Rettung überschuldeter Länder.

     

    Was die Regierungen jetzt tun, indem sie den Betrügern in Athen UNSER Geld vorne und hinten reinschieben, ist VERTRAGSBRUCH.

     

    Es ist der bewusst von der Regierung vorgenommene Bruch eines Vertrages, der von UNSEREM FREI GEWÄHLTEN PARLAMENT verabschiedet wurde.

     

    Wie kann die TAZ nur so jemandem ein Forum bieten, seine abstrusen Thesen zu verbreiten...