Klage gegen britische Polizei: Ein liebeskranker Spion
Der britische Spitzel Mark Kennedy verklagt seinen früheren Arbeitgeber. Dieser habe „nichts getan, um zu verhindern, dass ich mich verliebe.“
Des Spitzels Lust, des Spitzels Frust: Mark Kennedy, in der linken Szene Europas besser bekannt als Mark Stone, hat seinen früheren Arbeitgeber verklagt. Von der Londoner Metropolitan Polizei fordert er umgerechnet maximal 124.000 Euro wegen Körperverletzung.
„Ich habe acht Jahre als verdeckter Ermittler gearbeitet, und meine Vorgesetzten wussten, mit wem ich schlafe. Aber sie haben es ignoriert, weil ich wertvolle Informationen geliefert habe. Sie haben nichts getan, um zu verhindern, dass ich mich verliebe“, so der 43-jährige Brite gegenüber der Daily Mail.
Kennedy war von 2002 bis zu seinem Auffliegen 2010 in mindestens elf europäischen Ländern unterwegs und spionierte die globalisierungskritische Szene und die radikale Umweltbewegung aus. Mit mehreren Aktivistinnen unterhielt er dabei sexuelle Beziehungen, mit einer war er mehrere Jahre zusammen. Sie und zwei weitere Frauen aus Großbritannien haben ihrerseits die Londoner Polizei wegen „emotionaler Traumatisierung“ verklagt.
Deutschland lieh sich den Spitzel für Einsätze beim G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 sowie beim Nato-Gipfel 2009 in Baden-Baden aus. Das gaben das BKA und die Innenbehörden von Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg zu. In Berlin hingegen will man vorab nur bruchstückhaft über einen Aufenthalt Kennedys in der Stadt informiert gewesen sein. „Der Fall Kennedy ist nicht aufgearbeitet, aber versandet“, sagt Matthias Monroy, Mitarbeiter des Linkenpolitikers Andrej Hunko.
Seine Enttarnung habe sein Leben zerstört, sagt Kenndy heute. „Ich habe meinen Job verloren, meine Freundin und meinen Ruf.“ Ein Therapeut habe ihm eine posttraumtische Belastungsstörung diagnostiziert. Damit nicht genug: Auch seine Ehefrau und die zwei Kinder haben das Weite gesucht. „Die Polizei hatte die Pflicht, mich zu schützen“, sagt Kennedy, der seine Geschichte 2011 in dem Film „Confessions of an undercover cop“ in Szene setzte. Darin schwärmt er von den Freundschaften zu den Bespitzelten.
Doch Spion bleibt Spion. Heute arbeitet er als Berater für die US-Sicherheitsfirma Densus Group. Sie erstellt Risikoanalysen und -lösungen für Regierungen und Firmen. Auf dem Berufsportal LinkedIn preist Kennedy seine Spitzel-Erfahrung „in der radikalen Linken in Großbritannien, Europa und den USA“. Die stellt er nun in den Dienst einer neuen Firma.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers