Klage gegen Satiremagazin: Die Dagobert-Duck-Zeitung
Ein französischer Baukonzern verklagt das französische Satireblatt "LeCanard enchaîné" auf Schadenersatz. Nun soll die Zeitung 9 Millionen Euro zahlen.
Das französische Satiremagazin LeCanard enchaîné wurde - mal wieder - für seine Berichterstattung verklagt. Ein Pariser Gericht gab der Klage des französischen Baukonzerns Bouygues statt, der von der Zeitung 9 Millionen Euro Schadenersatz verlangt.
Hintergrund ist ein Artikel vom 7. Dezember im Canard. Bei der Vergabe für den Bau des neuen Verteidigungsministeriums sei Vetternwirtschaft betrieben und die Bouygues-Gruppe bei der Auftragsvergabe begünstigt worden, war darin zu lesen. Der Baukonzern weist die Vorwürfe zurück und klagt nun wegen Verleumdung, die Verhandlung soll im Januar beginnen.
Der Name des 1915 gegründeten Wochenblatts, der mit "Ente in Ketten" übersetzt werden kann, ist Ausdruck des Protests gegen staatliche Zensur. Die Zeitung, die gleichzeitig investigativ und satirisch ist, erscheint wöchentlich mit einer Auflage von etwa 700.000 Exemplaren und wird in der Zentralredaktion in Paris hergestellt.
Die Zeitung finanziert sich ohne Werbung
Die Zeitung verzichtet auf Einnahmen durch Werbung jedweder Art und hat allen Avancen von Finanz- und Werbegruppen sowie politischen Parteien stets widerstanden. Sie war im Laufe ihrer Geschichte mit investigativen Recherchen und Berichten an der Aufdeckung zahlreicher Skandale in Frankreich beteiligt.
So musste Anfang 2011 die französische Außenministerin Michèle Alliot-Marie zurücktreten, nachdem der Canard persönliche Verstrickungen der Ministerin mit dem tunesischen Regime nachgewiesen hatte. Das Blatt gilt als vermögend, die Rücklagen werden auf 110 Millionen Euro geschätzt. Die Blattmacher können also gelassen auf die 9-Millionen-Forderung von Bouygues reagieren.
Der Canard gilt als letztes Medium, vor dem sich französische Politiker fürchten. Wachsame Journalisten braucht das Land allerdings dringend. Reporter ohne Grenzen stufte Frankreich im Jahresbericht 2010 auf Rang 44 ein - hinter Uruguay und Namibia.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers