Kinox.to-Betreiber angeklagt: Raubkopie der Raubkopierer?
Einer der drei Hauptbetreiber von Kinox.to steht vor Gericht. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft. Seine mutmaßlichen Komplizen sind flüchtig.
Seine mutmaßlichen Komplizen, die 26 und 22 Jahre alten Brüder Kastriot S. und Kreshnik S. sind seit über einem Jahr untergetaucht. Sie gelten als gewaltbereit und werden mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Laut Anklageschrift soll der nun Beschuldigte im Jahr 2009 die Identität der Gründer von Kino.to ausgespäht und im März des selben Jahres den Betreibern seine Dienste als Hacker und IT-Experte angeboten haben, zunächst unentgeltlich. Später soll er für seine Tätigkeit bezahlt worden sein. Inwiefern es sich dabei um einen Erpressungsversuch gehandelt habe, bei dem der Angeklagte die Betreiber auffliegen ließ, wollte ein Gerichtssprecher gegenüber taz nicht bestätigen. Während seiner Zeit bei Kino.to soll der 29-jährige die Seite eins-zu-eins kopiert und im Zuge der Verhaftungen der neun Hauptverantwortlichen 2011 ins Internet gestellt haben.
Kinox.to umfasst knapp 800.000 Raubkopien von Serien, Dokumentationen und Filmen, die teilweise sogar aus Kinosälen abgefilmt wurden. Von 2011 bis 2013 sollen die Betreiber dadurch bis zu 1.3 Millionen Euro, größtenteils durch Werbeeinnahmen erwirtschaftet und nicht versteuert haben.
Ermittler konnten Plattform nicht deaktivieren
Anders als der Vorgänger konnte die Seite bislang noch nicht abgeschaltet werden, da die Server sich nicht in Deutschland befinden und ein Zugang, um die Plattform zu deaktivieren, nur über einen Softwareschlüssel möglich ist, den Ermittlungsbehörden noch nicht sicherstellen konnten, sagte ein Pressesprecher des Landgerichts Leipzig.
Der jetzt angeklagte 29-Jährige und ein weiterer Verdächtiger waren bei einer Razzia vor einem Jahr festgenommen worden. Zu den 22 und 26 Jahre alten Brüdern gebe es weiterhin keine heiße Spur, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. Wie hoch der Schaden der Streaming-Plattformen insgesamt ist, konnte der Sprecher nicht sagen. Man gehe davon aus, dass mehrere Millionen Nutzer auf der Seite aktiv seien.
Die Gründer des ursprünglichen Streaming-Portals Kino.to wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Zuletzt erhielten vor zwei Wochen noch zwei Helfer Bewährungsstrafen. Dem 29-jährigen Angeklagten drohen im Falle einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Haft.
Die Nutzung von Raubkopie-Seiten ist rechtlich umstritten. Zwar ist es verboten sich illegal erworbenes Material herunterzuladen und zu verbreiten, beim sogenannten streamen von illegalen Inhalten gebe es aber keine rechtliche Handhabe, da Material nicht dauerhaft heruntergeladen werde, sondern nur im Zwischenspeicher des Rechners abgelegt wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader