piwik no script img

Kinotipps für BerlinPolitisch und wertvoll

Das Zeughauskino zeigt im Rahmen der Reihe „Ganz schön aufgeklärt“ Filme über Arbeiterinnen, Bürgerinnen und Königinnen des 18. Jahrhunderts.

„Lady Hamilton“ (1921), Regie: Richard Oswald Foto: DHM

E inen ausgesprochen britischen Stoff in einer deutschen Adaption bietet das von Regisseur Richard Oswald 1921 gedrehte aufwändige Historiendrama „Lady Hamilton“: Der aus einfachsten Verhältnissen stammenden britischen Schönheit Emma (eigentlich Amy Lyons) war der gesellschaftliche Aufstieg als Geliebte und spätere Ehefrau von William Hamilton, dem britischen Gesandten am neapolitanischen Hof, gelungen, ehe sie sich in den späteren Nationalhelden Admiral Nelson verliebte.

Die anschließende, damals nicht gerade schickliche Dreiecksbeziehung war der große europäische Gesellschaftsskandal um 1800. Auch Goethe hatte bei seiner italienischen Reise 1787 einst die Bekanntschaft von Hamilton und Emma gemacht, er nennt sie „Miß Hart“, lobt ihre Schönheit und ihre Fähigkeit, in lebendigen Tableaus, den sogenannten Attitüden, antike Kunstwerke nachzustellen: „So viel ist gewiß, der Spaß ist einzig!“

Der mit großen Stars der damaligen Zeit (Liane Haid, Conrad Veidt, Werner Krauss, Reinhold Schünzel) teils an Originalschauplätzen gedrehte Film handelt vor allem von den gesellschaftlichen und politischen Verwicklungen, die sich am Hof von Neapel ergeben, wo Emma mit der Königin Maria Karolina befreundet war, einer Schwester von Marie Antoinette.

Am Ende zeigt der Film jedoch auch die für die britische Marine im Kampf gegen Napoleon siegreiche Seeschlacht von Trafalgar, bei der Nelson ums Leben kam. Mit echten – vornehmlich in den Rauch der Kanonen gehüllten – Schiffen gedreht und mit Zwischenschnitten auf im Studio gedrehte Szenen mit Kanonieren an ihren Geschützen versehen, ist „Lady Hamilton“ damit ein sehr frühes Beispiel eines Seekriegsfilms. Gezeigt wird der Stummfilm im Rahmen der Reihe „Ganz schön aufgeklärt“, am Klavier ist Ekkehard Wölk zu hören (31.1., 17 Uhr, Zeughauskino).

tazplan

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

In derselben Filmreihe lässt sich auch ein selten gezeigter Film von G.W. Pabst erforschen: „Komödianten“ entstand 1940/41 nach Jahren des Exils als erster Film des Regisseurs im damals nationalsozialistischen Deutschland. Erzählt wird die Geschichte einer wichtigen Erneuerin des deutschen Theaters im 18. Jahrhundert: Karoline Neuber wird heute als Vorreiterin für ein Theater als „bürgerliche“ Kunst angesehen – zuvor waren die Schauspieltruppen sehr oft umherziehende und meist als Gesindel betrachtete Künstler gewesen.

Dass Neuber (gespielt von Käthe Dorsch) unter anderem die beim Volk beliebte Figur des Hanswurst und seine derben Späße von ihrer Bühne verbannt, bringt ihr jedoch zunächst viel Kritik ein, und ihr Leben endet dann auch keineswegs glücklich.

Aus heutiger Sicht wirkt der Film wenig verfänglich, aber was den damaligen Machthabern daran zweifellos gefiel, ist Neubers hartnäckige Vorreiterrolle für ein „deutsches Nationaltheater“ – entsprechende Biopics waren damals sehr beliebt, und der Film erhielt unter anderem das Prädikat „staatspolitisch und künstlerisch wertvoll“ (3.2., 17 Uhr, Zeughauskino).

Auch in China ist nunmehr das Neue Jahr angebrochen, es handelt sich um das Jahr der Schlange. Im Sinema Transtopia feiert man dies mit der passend betitelten Filmreihe „Year of the Snake“ und – unter anderem – mit der wunderbaren Gesellschaftskomödie „Eat Drink Man Woman“ (1994) des taiwanesischen Regisseurs Ang Lee, in deren Mittelpunkt die traditionelle chinesische Kochkunst steht.

Neben der Zubereitung und der entsprechenden filmischen Präsentation (sieht sehr gut aus!) der verschiedenen Mahlzeiten geht es dabei vor allem um den Esstisch als wichtigen Ort der Kommunikation: Jedes Mal, wenn die drei Töchter eines alten Kochs am Sonntagabend zum Essen erscheinen, kommen auch mit lakonischem Humor erzählte, überraschende Geheimnisse auf den Tisch (2.2., 20 Uhr, Sinema Transtopia).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Lars Penning
Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!