Kinotipps der Woche: Große Filme, auch für Kleine

Das Freiluftkino Charlottenburg zeigt Französisches Best-Aging-Kino. Absolut alterslos hingegen: Olle Hellboms „Ferien auf Saltkrokan“.

Tjorven, Hund Bootsmann und Stina in den "Ferien auf Saltkrokan"

Tjorven, Hund Bootsmann und Stina in den „Ferien auf Saltkrokan“ Foto: Bundesplatz-Kino

Best Aging auf französisch: Jean-Louis Trintignant wird dieses Jahr 91 Jahre alt, Anouk Aimée ist 89 – und sieht immer noch aus wie 65. Regisseur Claude Lelouch ist auch schon über 80. Ihr größter gemeinsamer filmischer Erfolg hieß „Ein Mann und eine Frau“ (1966), für viele Menschen geradezu ein Synonym des großen Liebesfilms. Es war die Überwindung der Nouvelle Vague durch eine neue Form des französischen „Qualitätsfilms“, und das säuselnde Du-bi-du-bi-du der Musik von Francis Lai ist einem auch heute noch im Ohr. Leider.

„Die schönsten Jahre eines Lebens“ (2019) stellt nach „Ein Mann und eine Frau, 20 Jahre später“ (1986) das zweite Sequel dieses Großerfolgs dar – zweifellos ein echtes Alterswerk. Ex-Rennfahrer Jean-Louis Duroc (Trintignant) sitzt nunmehr im Altersheim, seine Mobilität ist eingeschränkt, das Gedächtnis gerade noch so la-la.

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Am besten erinnert er sich an seine große Liebe zu Anne Gauthier (Aimée), weshalb sein Sohn sie bittet, Jean-Louis doch einmal zu besuchen. Das war’s dann eigentlich auch schon mit der Handlung: Die beiden sitzen im Garten und plaudern ein wenig, die Szenen sind verwoben mit Ausschnitten aus dem Originalfilm und einigen Traumfantasien von Jean-Louis.

Ernsthaft kritisieren kann man diesen leichten Film über das Erinnern, der zugleich ein Stück Filmgeschichte erinnert, eigentlich nicht: Darauf hinzuweisen, dass der Film seinen Fokus nach etwa einer Stunde merklich verliert, wäre ziemlich kleinlich. Eher schon kann man sich darüber freuen, Trintignant und Aimée noch einmal in wirklich guter Form zu sehen (20. 7., 21.30 Uhr, Sommerkino Schloss Charlottenburg).

Alterslos bleiben hingegen die Dar­stel­le­r:in­nen von „Ferien auf Saltkrokan“ (1962) des schwedischen Regisseurs Olle Hellbom, einem der großen Urlaubs-Kinderfilmklassiker der Geschichte. Eine Familie aus der Stadt verlebt ihre Ferientage auf einer schwedischen Schäreninsel.

Während Sohn Pelle sich mit einheimischen Kindern anfreundet und seinem Vater gelegentlich Probleme mit seiner übergroßen Tierliebe bereitet, versuchen die Kids auch noch, einen Traumprinzen für Pelles ältere Schwester Malin zu finden – im Zweifelsfall durch das Küssen eines Froschs. Total liebenswert und stets kindgerecht (20. 7., 21. 7., 14 Uhr, Bundesplatz-Kino).

Nicht wirklich kindgerecht geht es hingegen in „Belle de Jour“ zu, Luis Buñuels surrealem Drama, in dem die erotischen Fantasien teilweise vom Marquis de Sade inspiriert sind. Die unnahbar schöne Catherine Deneuve verkörpert darin die unter ihrer Frigidität und masochistischen Zwangsvorstellungen leidenden bürgerliche Severine, die ihren Problemen letztlich durch Arbeit in einem Bordell begegnet.

Dabei fließen Severines Fantasien und die vermeintliche Realität übergangslos ineinander: Wirklich sicher kann man sich über die verschiedenen Bewusstseinsebenen hier nie sein. Die Stoßrichtung bleibt wie in allen Filmen des spanischen Surrealisten stets die gleiche: Dekadenz und Zynismus der bürgerlichen Gesellschaft, hier insbesondere durch den Lebemann Husson (Michel Piccoli in einer seiner Glanzrollen) vertreten.

Der 1966 entstandene Film war Buñuels größter kommerzieller Erfolg, was er allerdings sehr pragmatisch auf die in der Handlung vorkommenden Prostituierten zurückführte (Om engl. U, 18. 7., 21.30, Open Air Mitte).

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Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.

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