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Kinotipp der WocheBilder des Unmuts

Die Filme, die bei der “Woche der Kritik“ zu sehen sind, zeigen eine Welt in Aufruhr und Stillstand. Flankiert wird das Festival von einer Konferenz.

Adam Khalil and Bayley Sweitzer, „Nosferasta“ (2021): Co-Autor Obi findet sich in seine Rolle Foto: Courtesy of the artists, commissioned by Gasworks, London and Spike Island, Bristol

Das Pro und Contra einer Cannabis-Legalisierung in Deutschland wird immer noch eifrig diskutiert. Da kommt ein Film wie “Nosferasta“ gerade recht. Der zeigt nämlich: der Konsum von Dope, Weed, Gras, wie auch immer man das Zeug nennen mag, bringt echte Vorteile mit sich. Er hilft nämlich auch gegen die unangenehmen Folgen von Vampirismus.

Wer also ungewollt Kontakt mit einem Blutsauger gehabt haben sollte: einfach kiffen bis der Arzt kommt, dann wird wieder alles gut. Aufgeklärte Vampirologen sagen heute wahrscheinlich: Vergessen Sie das mit dem Knoblauch, rauchen Sie lieber einen dicken Spliff.

In “Nosferasta“, einem Kurzfilm von den Filmemachern Adam Khalil, Bayley Sweitzer und dem Musiker Oba, der an dieser Neufassung seiner eigenen „Origin Story“ mitschrieb und auch in der Hauptrolle zu sehen ist, erfährt man noch etwas weiteres, das man schon längst hätte ahnen können: Christoph Columbus war ein Vampir. Der strandet 1492 in Trinidad und haut gleich mal seine Beißer in den Hals des jungen Oba. Der wird daraufhin ein williger Helfer bei der Versklavung der indigenen Bevölkerung.

Mehr als 500 Jahre später, was für einen Vampir ein überschaubarer Zeitraum ist, hat sich Oba freilich vom bösen Bann seines Meisters Dank seines Rastafari-Glaubens und eben dem Dope befreien können. Nun sitzt er in einem Büro der US-Behörden und will seine Greencard verlängert bekommen.

Und muss den Beamten ersteinmal beweisen, dass seine Geschichte auch stimmt. So schwer fällt ihm das nicht einmal: Vampire können sich bekanntlich unsichtbar machen und Oba beherrscht diesen Verschwinde-Trick einwandfrei in diesem witzigen und schlauen Postcolonial-Film.

Das Publikum ist zur Diskussion aufgefordert

Gezeigt wird der im Rahmen der “Woche der Kritik“, die vom 9. bis zum 17. Februar im Hackesche Höfe Kino stattfinden wird und das traditionsgemäß parallel zur Berlinale. Flankiert wird das Filmfestival von einer Konferenz in der Akademie der Künste, bei der sich Filmkritiker und Filmemacher darüber austauschen, wie progressive Filmkultur und progressives Kino heute aussehen sollte. Das Publikum ist dazu eingeladen, nach den gezeigten Filmen diese auch noch weiter in Podiumsdiskussionen zu reflektieren.

Progressive Filmkunst könnte vielleicht so aussehen, wie das neue Werk des durchgeknallten philippinischen Regisseurs Khavn De La Cruz. “Love Is A Dog From Hell“ ist selbst für dessen Verhältnisse eine extrem bunte Mischung aus Oper, Musical und Sozialstudie geworden und gleichzeitig eine Neubearbeitung des Orpheus- und-Eurydike-Mythos.

Dies ist bereits Khavns zweite Bearbeitung des Stoffes, erneut mit Lilith Stangenberg in der Hauptrolle. Die Leinwand explodiert förmlich bei Khavns Stop-Motion-Tricks und all den anderen grellen Bildeffekten, die er hier auffährt. Und Stangenberg zeigt endgültig, dass sie der größte Popstar unter den deutschen Schauspielerinnen ist.

Die Filme, die bei der “Woche der Kritik“ zu sehen sind, zeigen auffallend oft eine Welt im Aufruhr und gleichzeitig eine im Stillstand. Man sieht viele Protest- und Demoszenen, Bilder von Menschen, die es mit ihrem Unmut nach draußen drängt. Dann aber auch ganz ruhige, sogar wortlose Filme, in denen die Orte des Geschehens nur selten gewechselt werden.

Die unheimliche Pandemie-Stimmung in ihren verschiedenen Facetten wird so auf die Leinwand übertragen. Von beidem, einer Welt im Aufruhr und gleichzeitig vom Rückzug in ein ganz eigenes Reich, erzählt der Film “2551.01“ des österreichischen Künstlers Norbert Pfaffenbichler.

Grotesk deformierte Gestalten

Der beginnt mit einer gewalttätigen Demoszene, bei der Strobo-Effekte aufflackern und übler Mathcore-Sound ertönt. Ein bizarres Wesen rettet dabei ein Kind und bringt es bei sich und Seinesgleichen unter. Nämlich bei grotesk deformierten Gestalten, die sich nicht einmal David Lynch in seinen wildesten Albträumen erdenken könnte. “2551.01“ ist ein kunstvoller Horrorfilm, der gleichzeitig eine Hommage an Charlie Chaplins “The Kid“ ist. Das muss man so auch ersteinmal hinbekommen.

Die Pandemie ist auch präsent in dem ebenfalls aus Österreich kommenden Kurzfilm “Friday Night Stand“ von Jan Soldat. Der Filmemacher portraitiert zwei schwule Männer, die sich noch vor Corona in einer Sauna kennengelernt haben. Nun sind sie verabredet zum Date in einer geschmacklos eingerichteten Wohnung und scheinen überhaupt kein Problem damit zu haben, vor der Kamera auch die ungelenkigsten Posen beim Sex einzunehmen.

Vor Corona: das war die Freiheit, ungezwungen spontanen Sex an öffentlichen Orten haben zu können. Nun, während Corona, geht es aber auch irgendwie und irgendwo weiter. Man macht halt das Beste aus der Situation. Auch wenn das Sofa, auf dem sich die beiden da so lustvoll gehen lassen, wirklich potthässlich ist.

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