Kinoempfehlungen für Berlin: Komplex verwobenen
Das Arsenal würdigt den amerikanischen Komödien-Star Edward Everett Horton, „Sultanas Traum“ erzählt auf poetische Weise von weiblicher Macht.
E r spielte überwiegend Nebenrollen und war doch ein unverzichtbarer Star amerikanischer Filmkomödien der 1930er und -40er-Jahre: Edward Everett Horton, geboren 1887 und bereits seit 1906 auf New Yorker Bühnen zu sehen, erreichte den Höhepunkt seiner Popularität, als er in den 30er-Jahren in Filmen von Spitzenregisseuren wie Ernst Lubitsch („Trouble in Paradise“, „Design for Living“, „The Merry Widow“, „Bluebeard’s Eighth Wife“), George Cukor („Holiday“) und Frank Capra („Lost Horizon“) mitwirkte und in gleich drei Astaire/Rogers-Musicals zu sehen war.
Zumeist spielte Horton einen Freund und Gönner der jeweiligen Hauptdarsteller:innen und hatte sich dafür eine außerordentlich witzige Leinwandpersona zugelegt: hypernervös, stets leicht verwirrt und ängstlich um sich blickend stahl er seinen Kolleg:innen die Show in jeder Szene, in der er auftrat.
Das Arsenal Kino widmet dem großen Charakterschauspieler jetzt eine Reihe mit seinen besten Filmen und eröffnet mit dem Musical „Top Hat“ (1935), das neben Horton noch viele weitere Vorzüge aufweisen kann: die unübertroffene tänzerische Harmonie von Ginger Rogers und Fred Astaire, Musik von Irving Berlin und ein phantastisches Studio-Venedig des RKO-Art-Directors Van Nest Polglase (1.4., 19.30 Uhr, Arsenal 1).
In der 1905 erschienenen Kurzgeschichte „Sultana’s Dream“ entwickelte die muslimisch-bengalische Autorin Rokeya Hossein eine feministische Gesellschaftsfantasie: Frauen übernehmen die politische Macht, verteidigen das Land gegen Feinde und besetzen die Schlüsselrollen in der Wissenschaft. Männer werden unterdessen daheim in die Gemächer gesperrt, wo sie hingehören.
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Mit der Animationsproduktion „Sultanas Traum“ hat die spanische Regisseurin Isabel Herguera allerdings keine Verfilmung dieser Story geschaffen, sie dient vielmehr als Inspirationsquelle für die spirituelle Reise der Hauptfigur Inés, die in Indien auf das Buch gestoßen ist, fasziniert der Geschichte der Autorin nachgeht und ihr eigenes Leben dazu in Beziehung setzt. Herguera hat die komplex verwobenen Erzählebenen dabei in unterschiedlichen, aber stets attraktiven Zeichenstilen gestaltet (28.3., 29.3., 1.4.-3.4., 12.45 Uhr, B-ware! Ladenkino).
Wer in den 1970er Jahren in den Regalen eines Schallplattenladens stöberte, kam an den von der britischen Designfirma Hipgnosis gestalteten Plattencovern nicht vorbei. Und zwar auch dann nicht, wenn man die Musik, die in den Hüllen steckte, gar nicht mocht.
Hipgnosis-Cover definierten die Ära des populären Progressiv- und Stadionrocks jener Jahre, die zweifellos bekanntesten Klienten der Firma um Storm Thorgerson und Aubrey Powell waren Pink Floyd (man kannte sich bereits aus Studientagen in Cambridge) und Led Zeppelin.
Persönlich gefielen mir noch nicht einmal die Cover: Sie kamen mir immer viel zu clever und um die Ecke gedacht vor, besitzen aber tatsächlich – und das merkt man erst mit dem zeitlichen Abstand – einen erheblichem Wiedererkennungswert, sind also praktisch ikonisch.
Der Dokumentarfilm „Squaring the Circle – The Story of Hipgnosis“ von Anton Corbijn setzt das, was ich nie mochte, übrigens sehr unterhaltsam in Szene: Aubrey Powell ist ein amüsanter Erzähler dieser Geschichte zwischen anarchischem Denken und Schwelgen im Exzess – und der Film macht auch klar, wie all dies mit dem Aufkommen der Punkära (und den bei Hipgnosis nebenan eingezogenen Nachbarn von den Sex Pistols) schließlich sein Ende fand (29.3., 1.4., 20.30 Uhr, Bundesplatz Kino, 30.3., 2.4., 11 Uhr, B-ware! Laadenkino, 1.4., 21.45 Uhr, Sputnik Kino).
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