Kinoempfehlungen für Berlin: Die Zukunft von gestern und heute
Im Lichtblick stellt Heinz Emigolz seinen Film „Schlachthäuser der Moderne“ vor. Und auch „Crimes of the Future“ erzählt von der schönen neuen Welt.
A usgehend von der Doppeldeutigkeit des Filmtitels (kann laut Regisseur auch heißen: „Häuser, in denen die Moderne geschlachtet wird“) entwirft Heinz Emigholz in seinem Essayfilm „Schlachthäuser der Moderne“ eine Argumentationskette, die von den Schlachthäusern, die der Architekt Francisco Salamone Ende der 1930er Jahre in den ländlichen Gebieten Argentiniens im Stil einer Unterdrückungsarchitektur mit Art-déco-Elementen erbauen ließ, bis zur (Teil-)Wiedererrichtung des preußischen Stadtschlosses in Berlins Mitte (Emigholz: „Da wurde im wahrsten Sinne Mist gebaut“) reicht.
Zwischendrin wird über deutsche Nazis in Südamerika, die Kolonialpolitik des präfaschistischen deutschen Kaisers Wilhelm II. und die kitschigen Bauten des bolivianischen Architekten Freddy Mamani Silvestre nachgedacht.
Letzterer baut in El Alto Häuser für eine neureiche Oberschicht der Aymara, der größten indigenen Volksgruppe Boliviens, und dient hier aufgrund seiner kompletten Negierung kolonialer Einflüsse als wahrhaft leuchtendes (oder eher: besonders glitzerndes) Beispiel.
Emigholz’ Vorschlag: Das „Stadtschloss“ wieder abreißen und stattdessen einen Silvestre-Bau für das Humboldt-Forum hinstellen. Regisseur Heinz Emigholz ist zur Vorstellung am 24. 1. im Lichtblick-Kino als Gast geladen (21. 1., 17:30 Uhr, 22. 1., 18:30 Uhr, 24. 1., 20 Uhr, Lichtblick Kino).
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Schöne neue Welt: Der Leiter des streng geheimen National Organ Registry und seine Kollegin durchforsten den Körper des Performancekünstlers Saul Tenser mit endoskopischen Kameras und sind dabei ganz begeistert von den neuen Organen, die dieser sich wachsen lässt. Denn das ist in David Cronenbergs „Crimes of the Future“ Teil der Weiterentwicklung der Menschheit in einer nicht allzu fernen Zukunft, in der es keine Infektionen und keinen Schmerz mehr gibt.
Es sei denn, man will wie Tenser (Viggo Mortensen) den Schmerz als Teil der Performances, bei denen er sich die neuen Organe von der ehemaligen Trauma-Chirurgin Caprice (Léa Seydoux) dann wieder entfernen lässt.
David Cronenbergs Filme haben stets etwas grundsätzlich Ungemütliches und sind zugleich total faszinierend, weil man seit den Anfängen des Kanadiers als Filmemacher in den 70er Jahren darin immer wieder die ansteckende Begeisterung für außer Kontrolle geratene Biologie, die Verschmelzung von Maschinen und Menschen und merkwürdige chirurgische Instrumente herausspürt.
In „Crimes of the Future“ geht das zwar letztlich mit mehr philosophischen Fragen als blutigem Horror einher, aber richtig schön ungemütlich ist es trotzdem (19. 1., 22.–23. 1., 22:45 Uhr, B-ware! Ladenkino).
Jeanne d’Arc oder die heilige Johanna von Orléans, wie sie bei uns heißt, ist von jeher eine äußerst beliebte Figur in Theater und Film. Da ich mich für kriegerische, religiöse Fanatikerinnen allerdings nie sonderlich erwärmen konnte, blieb mir die Faszination für diese historische Figur eigentlich immer verwehrt. Gleichwohl muss es ja Aspekte geben, die Künstler:innen auch 600 Jahre nach Jeannes feurigem Tod immer noch inspirieren.
In „Die Passion der Jungfrau von Orléans“ (1928) nutzt Regisseur Carl Theodor Dreyer, dessen Filme häufig von religiösen und metaphysischen Themen geprägt sind, das Thema zur Erkundung des expressiv leidenden Gesichts von Hauptdarstellerin Maria Falconetti sowie der Charakterköpfe von Jeannes Peiniger und Richter in ruhigen Großaufnahmen (22. 1., 18:15 Uhr, Babylon Mitte).
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