Kino-Humorist Sacha Baron Cohen: Brachialkomiker mit Mitleid
In seinem neuen Film gibt sich Sacha Baron Cohen als schwuler österreichischer Modejournalist Brüno - es war der erste Charakter, den der Cambridge-Absolvent sich ausdachte.
BERLIN taz | Die diesjährigen Sacha-Baron-Cohen-Festspiele wurden am 31. Mai eröffnet, als Brüno, der österreichische Modejournalist, als der Sasha Baron Cohen sich seit Beginn seiner Komiker-Karriere immer wieder verkleidet, sich bei den MTV Video Awards mit blankem Hintern ins Gesicht von Eminem abseilte. Der Rapper stürmte empört aus dem Saal, später kam heraus: Die Sache war abgesprochen. Ungewöhnlich für den Briten Baron Cohen, dessen Kunst sonst darin besteht, seine Opfer – etwa Donald Trump, Noam Chomsky oder Boutros Boutros-Ghali – völlig ahnungslos in Hinterhalte zu locken und dabei deren Xeno- oder Homophobie, Dummheit oder Eitelkeit zu enttarnen.
Der schwule Brüno war der erste Charakter, den der heute 37-jährige Cambridge-Absolvent sich ausdachte – vor Ali G. und Borat –, inspiriert angeblich von der Zeit nach Baron Cohens Studium, als er selbst als Model jobbte. Der überzeichnete Tunten-Stereotyp hat nun seine eigene „Mockumentary“ bekommen. "Brüno" kommt am 9. Juli in die Kinos. Nur zu gerne würde man dabei auch mal eine Doku darüber sehen, wie der gläubige Jude Baron Cohen, der mit Verlobter und gemeinsamer Tochter in Los Angeles lebt, mit einer Armada von eingeweihten Mitstreitern und Fake-Webseiten die Illusion aufrechterhält, es handele sich um ernsthafte Interviewanfragen – bis vor der Kamera die Bombe platzt. So aufwendig jedenfalls ist auch die juristische Nachbereitung seiner Drehs, dass die Summe von 42,5 Millionen Dollar, die Universal Pictures dem Schockhumoristen für die Rechte an „Brüno“ zahlte, sofort gerechtfertigt erscheint.
Und doch, Baron Cohen kennt auch so etwas wie Mitleid: In „Brüno“ gab es eine Szene mit LaToya Jackson, in der er der ewig letzten Jackson-Schwester Sushi auf einem nackten mexikanischen Hilfsarbeiter serviert, um ihr dann das iPhone abzuluchsen und vor laufender Kamera im Adressbuch nach Michaels Telefonnummer zu suchen. Kein Anschluss unter dieser Nummer: Die Szene wurde entfernt, kurz vor dem „Brüno“-Kinostart nächste Woche.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“