: Kinkels Moral unterminiert
■ Deutsche Minen in Mosambik entdeckt. Gleichzeitig wird das Anti-Minen-Programm des Außenministers gekürzt
Berlin (taz) – Ein deutscher Dreiklang: Während in Bonn das Anti-Minen-Programm des Außenministers gekürzt wird, während der Verteidigungsminister für 230 Millionen Mark High-Tech-Minen herstellen und beschaffen läßt, entdeckt die UNO zum ersten Mal auch in Mosambik Anti-Personen-Minen aus westdeutscher Produktion. Damit, so die UNO, ist das Land an der afrikanischen Ostküste das siebte auf dem Kontinent, in dem Minen made in Germany vergraben liegen. Die jetzt entschärften Minen reagieren auf einen Druck von nur fünf Kilo und zerfetzen den Unterleib.
1996 zahlte das Auswärtige Amt für Minenräumungen und entsprechende Ausbildungen in der Dritten Welt 13 Millionen Mark. Im nächsten Jahr sollen aber für Außenminister Kinkels Lieblingsthema nur noch drei Millionen zur Verfügung stehen. Die Mittel für den „Sonderfonds Auslandshilfe“, aus dem die Anti-Minen-Maßnahmen bezahlt werden, waren erst im vergangenen Jahr auf 13 Millionen Mark aufgestockt worden. Allerdings schon damals nicht durch Initiative des Außenministers, sondern auf Antrag von SPD und Bündnisgrünen. Im Etatentwurf für 1997 waren aber wieder nur drei Millionen Mark vorgesehen, so daß die Opposition wiederum einen Antrag auf Erhöhung um zehn Millionen stellen mußte. Dieser wurde im Haushaltsausschuß mit Koalitionsmehrheit abgelehnt.
Martin Erdmann vom Auswärtigen Amt nannte die Kürzungen einen „mehr als schmerzhaften Eingriff“. Man werde versuchen, das gestrichene Geld durch Umschichtungen in Kinkels Etat wiederzubekommen. Ob das klappt, ist ungewiß. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte zur taz, daß noch nichts konkret sei, aber „das Thema liegt dem Außenminister sehr am Herzen“. Offensichtlich so sehr, daß der Etat des Kollegen Rühe unwidersprochen insgesamt 230 Millionen Mark für die Beschaffung von Minen vorsieht. So stehen für 1997 allein 69 Millionen Mark für Panzerabwehrminen im Verteidigungsetat. 72 Millionen sind für den Kampf- und Minenräumpanzer „Keiler“ vorgesehen. Der kann jedoch für die zivile Minenräumung nicht eingesetzt werden.
Momentan sind nach Schätzungen des Roten Kreuzes weltweit 110 Millionen Minen in 64 Ländern vergraben. Jeden Monat werden 2.000 Menschen von Minen getötet oder verstümmelt. Florian Gless
Tagesthema Seite 3, Kommentar Seite 10
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