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Kindmörderinnen als DramenfigurenEvchen und Margarete

Die Figur der Kindsmörderin war im Drama des Sturm und Drang populär. Mit aktuellen Kindstötungen hat sie wenig zu tun.

Die Zahl der Kindestötungen sei zurückgegangen, sagt die Statistik. Bild: dpa

"… Aber die Liebe - nur Verdruss!"

Arthur Rimbaud

"Der eigentliche Wille zur Macht ist das Baby!" Was wollten uns Gilles Deleuze und Félix Guattari damit sagen? 1947 hatte Gottfried Benn bereits zu bedenken gegeben: "Das Leben, das legen die sich so aus: Die Eierstöcke sind die größten Philosophen." Nun scheint "das Leben" jedoch etwas anders ausgelegt zu werden. Wenn eine Mutter ihr Baby zum Beispiel verhungern lässt, weil sie lieber mit ihrem Mann oder Freund auf Partys geht, sich vergnügt oder sonst wie "frei leben" möchte. So gerade in Frankfurt an der Oder geschehen. Zwar ist im vergangenen Jahr die Zahl der Babys hierzulande wieder gestiegen, aber gleichzeitig liest man nun fast im Wochenrhythmus von einem neuen Fall, da eine Mutter oder die Eltern ihr Kind derart "vernachlässigten" dass es starb. Die Statistik, so sagen die Statistiker, sagt jedoch etwas anderes: Die Zahl der Kindestötungen sei zurückgegangen.

Goethe, der einmal für die Hinrichtung einer Kindsmörderin verantwortlich war, indem er als Weimarer Minister ein entsprechendes Gerichtsurteil bestätigte, ist auf dieses "Thema" später in seinem Drama "Faust" noch einmal reuig zurückgekommen. Ebenso der Dichter H. L. Wagner mit dem Drama "Die Kindsmörderin". Weil die Öffentlichkeit - Statistik hin oder her - über die zunehmende "Kinderarmut" und den "Kindsmord" beunruhigt ist, greifen immer mehr Lehrer dieses alte Sturm-und-Drang-Thema wieder auf - indem sie zum Beispiel "Hausarbeiten" darüber schreiben lassen, deren "Gliederung" sich dann so anhören könnte:

In der Arbeit geht es um das Thema des Kindsmords im deutschen Drama, das sich vor allem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Zuge der Aufklärung und des Sturm und Drang mit dem Schicksal der Frauen beschäftigte. Wagners "Die Kindsmörderin" und Goethes "Faust I" werden in der Arbeit auf diese Thematik hin untersucht. Zunächst geht es um einen historischen Abriss des Themas, um Diskrepanzen zwischen der historischen Realität und der literarischen Umsetzung aufzuzeigen. Dabei werden die rechtlichen Sanktionierungen, unter anderem die Peinliche Gerichtsordnung aus dem Jahre 1532, die lange Zeit maßgebend für die Verurteilung der Kindsmörderinnen war, und das soziale Milieu zum Gegenstand der Untersuchung. Das Beispiel der Kindsmörderin Susanna Margaretha Brandt, die 1772 in Frankfurt hingerichtet wurde, zeigt die zuvor genannten Punkte noch einmal auf. Im dritten Teil der Arbeit werden die Entstehung der Kindsmordthematik und die Entwicklung der öffentlichen Diskussion im Zuge der Aufklärung und des Sturm und Drang skizziert.

Im Hauptteil geht es zunächst um das Drama "Die Kindsmörderin" von Heinrich Leopold Wagner. Nach einer kurzen Inhaltsangabe werden die Personen charakterisiert, wobei Evchen Humbrecht und ihr Verführer Leutnant von Gröningseck im Vordergrund stehen. Der darauf folgende Punkt beinhaltet die Analyse der Tragödie auf das Kindsmordmotiv hin. Hier geht es um zentrale Punkte, wie die Rollen des Verführers und der Verführten, die formale Umsetzung des Trauerspiels und die Intention des Autors.

Goethe legt in seinem "Faust I" andere Schwerpunkte als Wagner in seinem Trauerspiel: Während bei Wagner beispielsweise alles auf den Kindsmord hinausläuft, geht Goethes Werk darüber hinaus und zeigt eine individuelle Liebesgeschichte zwischen Faust und Margarete. Auch hier werden zunächst Inhalt und Charaktere aufgegriffen, um die Konzipierung der Liebesbeziehung zwischen Faust und Gretchen und den Kindsmord zu untersuchen. Im Abschluss der Arbeit geht es um einen unmittelbaren Vergleich der beiden Werke.

Ein Bezug dieser auf männliche "Verführungskünste" folgenden weiblichen Kindsmorde zu den heutigen Fällen fällt schwer. Mindestens besteht die "Verführung" heute nicht mehr aus einem Mann, sondern aus quasi autonom angestrebten, wenn auch anderswo ausgespielten "Lebensstilen" beziehungsweise "-entwürfen", denen die Kinder irgendwann im Weg stehen.

Sensible Beurteilungen gehen dann auch meist von einer "Verzweiflungstat" aus. Immerhin zählt man inzwischen die Gruppe der alleinerziehenden Mütter zu den Ärmsten. Ihrer Verzweiflung will der Staat jetzt vorbeugen, indem er ihnen mehr finanzielle Unterstützung anbietet. Gleichzeitig wird jedoch die mediale Aufbereitung von prominenten "Vorbildern" und ihre permanente Kinderkriegerei forciert, wodurch sich das Elend vermehrt.

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