piwik no script img

Kinderpornografie-Affäre um EdathyNeuer Zeuge und frühere Hinweise

Einem Bericht zufolge hatte ein IT-Experte schon 2004 Bilder mit nackten Jungen auf Edathys Rechner gefunden. Die Hausdurchsuchungen bei ihm waren rechtens.

Wollte sich juristisch gegen die Ermittlungen wehren: Sebastian Edathy. Bild: dpa

HANNOVER dpa | Die Hausdurchsuchungen bei dem ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy waren rechtlich zulässig. Die Beschwerden Edathys dagegen wurden vom Landgericht Hannover verworfen und ein Anfangsverdacht bestätigt, wie ein Sprecher der Bild am Sonntag sagte. Gegen Edathy laufen Ermittlungen wegen des Verdachts auf Erwerb und Besitz von Kinderpornografie. Er hat eingeräumt, Nacktaufnahmen von Kindern und Jugendlichen gekauft zu haben, was aus seiner Sicht aber nicht strafbar ist.

Beamte des Bundeskriminalamtes haben es einem Zeitungsbericht zufolge trotz einer Sondererlaubnis unterlassen, Hinweisen auf Kinderpornografie im Fall Edathy nachzugehen. Die beiden Staatsschutzbeamten sollten Ende 2012 nach einem Sprengstoffanschlag auf den Briefkasten Edathys denkbare Tatmotive ermitteln.

Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hatten beide eine Sonderberechtigung, die elektronische Akte anzuschauen. Sie hätten damit sehr wohl Zugriff auf den Vorgang gehabt. Das Innenministerium hatte dem Bundestag laut FAS Ende März mitgeteilt, die Ermittler hätten nur Vorgangsnummer und kurzen Betreff am Bildschirm sehen können. Für weitere Informationen hätten sie eine konkrete Nachfrage bei der Sachbearbeitung im Referat zur Bekämpfung von Kinderpornografie stellen müssen.

Das Bundeskriminalamt wies den Bericht der FAS zurück und stellte am Sonntagabend klar, es habe keine Ermittlungen im Zusammenhang mit der Sachbeschädigung am Briefkasten geführt. Das BKA sei gar nicht um Amtshilfe zur Aufklärung dieses Deliktes gebeten worden.

Edathys elektronische Akte wurde bereits im Frühsommer 2013 inhaltlich bearbeitet. Eine Kriminalistin aus dem Referat zur Bekämpfung von Kinderpornografie habe am 24. Juni 2013 sowohl Kreditkartendaten als auch eine knappe Bewertung der Nacktaufnahmen in die Akte eingetragen, berichtete die FAS. Sie habe aber nicht erkannt, um wen es sich dabei handelte.

Inzwischen hat sich nach Informationen des Focus ein weiterer Zeuge bei der Staatsanwaltschaft Hannover gemeldet. Der IT-Experte habe angegeben, er habe bereits im ersten Quartal 2004 Nacktbilder von Jungen auf dem Bundestagsrechner von Edathy gefunden, berichtet das Magazin. Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover und des Landgerichts Hannover waren am Sonntag nicht zu erreichen.

Der Fall Edathy hatte im Februar die erste große Krise in der schwarz-roten Koalition ausgelöst. Bekannt wurde der Innenpolitiker als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Der Skandal liegt wo anders:

    Die taz berichtet tendenziös: "was aus seiner Sicht aber nicht strafbar ist" verkennt, dass auch die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass es sich nicht um Fotos handelt, deren Besitz oder Erwerb strafbar wäre.

    Die rechtlich relevante Frage ist, ob legales Verhalten ohne weitere Anhaltspunkte ein Grund für Hausdurchsuchungen und öffentliche Blossstellung sein darf. Wäre es z.B. zulässig Freier von jungen aber volljährigen Prostituierten pauschal zu überwachen, denn sie könnten ja auch zu Minderjährigen gehen? Wäre es zulässig diese Freier öffentlich blosszustellen? Wenn das gemacht würde, hätten wir sicher ein paar Parlamentarier weniger.

    Die andere Frage ist, was im Umfeld der Ermittlungen passiert ist. Es erscheint inzwischen sicher, dass die Ermittlungen politisch beeinflusst worden sind.

     

    Wurde gegen andere, die ebenfalls nur legales Material erworben haben, auch weiter ermittelt - oder wurde gegen Edathy härter als gegen andere vorgegangen? Einiges scheint darauf hin zu deuten.

     

    Wurde das Timing der Ermittlungen politisch gesteuert um ein Skandal zur unpassenden Zeit zu vermeiden oder um auf Edathy als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschuss Druck auszuüben?

     

    Wurde Edathy gewarnt, damit er das kriminelle Material verschwinden lassen kann? Gab es einen "Kuhhandel"? Rücktritt aber keine strafrechtliche Verfolgung?

     

    Die Sache stinkt - ob es sich dabei aber eher um "Strafvereitelung im Amt" oder "Verfolgung Unschuldiger" oder aber beides gleichzeitig handelt, ist noch nicht aufgeklärt.