Kinderporno-Fund bei SPD-Politker Tauss: Staatsanwälte sehen Verdacht erhärtet
Der Kinderporno-Verdacht gegen SPD-Politiker Tauss hat sich erhärtet, so die Ankläger. Der Beschluss, seine Immunität aufzuheben, fiel einstimmig - auch wegen einer SMS.
BERLIN taz Einen Tag nach der Kinderporno-Razzia in seinen Büros und Wohnungen hat der SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss Konsequenzen gezogen. Der 55-Jährige legte alle Parteiämter nieder, sein Bundestagsmandat will er aber behalten. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestreitet er weiter. Die Staatsanwaltschaft sieht sie durch einen Fund von kinderpornografischem Material in Tauss Berliner Wohnung jedoch erhärtet.
"Ich bin mir absolut sicher, dass der gegen mich erhobene Vorwurf schnell ausgeräumt werden kann", teilte Tauss mit. Er wolle "die Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung des Sachverhalts nach allen Kräften unterstützen". Tauss war bisher unter anderem Sprecher der SPD-Fraktion für Medien, Bildung und Forschung und Generalsekretär der SPD in Baden-Württemberg.
"Von Seiten der Staatsanwaltschaft Karlsruhe wird öffentlich gegen mich wegen kinderpornografischer Schriften ermittelt. Diesen Vorwürfen werde ich mich stellen und die Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung des Sachverhaltes nach allen Kräften unterstützen und kooperativ mit ihnen zusammenarbeiten. Ich bin mir absolut sicher, dass der gegen mich erhobene Vorwurf schnell ausgeräumt werden kann.
Als medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion habe ich mich immer und sehr entschieden für einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet und für die entschlossene Bekämpfung von Kinderpornografie eingesetzt. Zugleich habe ich aber auch immer davor gewarnt, dieses Thema politisch zu instrumentalisieren, um bürgerliche Freiheitsrechte einzuschränken.
Gerade in der aktuellen Diskussion um die Ausweitung der Befugnisse des BKA zu Internetsperren habe ich mich - wie bekannt ist - dafür eingesetzt, die Strafverfolgung zu intensivieren und zu verstärken, um an die Täter heranzukommen, anstatt auf symbolpolitische und letztlich wirkungslose Internetsperrungen zu setzen.
Um auszuschließen, dass meine Partei und Fraktion durch die Ermittlungen belastet werden, stelle ich meiner Partei mein Amt als Generalsekretär der baden-württembergischen SPD und meiner Fraktion meine Funktionen als Sprecher für Bildung, Forschung und Medien und den Sitz im Fraktionsvorstand zur Verfügung."
Am Donnerstag hatten Ermittler Tauss Wohnungen und Abgeordnetenbüros in Berlin und Bretten bei Karlsruhe durchsucht und mehrere Rechner beschlagnahmt. Zuvor hatte der Bundestag Tauss Immunität aufgehoben. In Tauss Berliner Wohnung sei "einschlägiges Bildmaterial" außerhalb von Rechnern und Computern gefunden worden, wie die Staatsanwaltschaft Karlsruhe der taz sagte. Der Fund habe den Anfangsverdacht der Behörden erhärtet, die Tauss Besitz von kinderpornografischen Dateien und Bildmaterial vorwerfen.
Tauss hatte auf die Vorwürfe mit Hinweisen auf seine Tätigkeit als Internetexperte seiner Fraktion verwiesen und eine mögliche "Revanchehandlung" ins Gespräch gebracht.
Das allerdings schließen die Ermittler aus. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte für einen Zusammenhang der Vorwürfe und Funde mit dem Abgeordnetenmandat von Tauss, sagte der Sprecher der Karlsruher Staatsanwaltschaft, Rüdiger Rehring. Auch einen Racheakt schloss er aus. In den kommenden Tagen würden nun die Dateien auf den beschlagnahmten Rechnern ausgewertet. Danach werde Tauss vernommen.
Die Ermittlungen gegen Tauss gehen zurück auf ein Verfahren in Bremerhaven, wie der taz von mehreren mit den Ermittlungen vertrauten Personen bestätigt wurde. Dort fanden Fahnder bei einem Mann, dem die Verbreitung von Kinderpornos vorgeworfen wird, zwei Mobiltelefonnummern, die Tauss zugeordnet werden konnten. Zwischen dem Bremerhavener und Tauss soll es 23 Kontakte per SMS und MMS gegeben haben. Dabei soll auch Tauss in mindestens einem Fall kinderpornografisches Bildmaterial an den Bremerhavener verschickt haben und in mindestens einem Fall eine DVD oder CD-ROM von dem Mann zugeschickt bekommen haben. Die Karlsruher Staatsanwaltschaft wollte das offiziell nicht dementieren.
Die Mitglieder des Immunitätsausschusses waren dem Vernehmen nach entsetzt, als sie Tauss Namen in Zusammenhang mit den Vorwürfen hörten. Eine Staatsanwältin aus Karlsruhe war am Donnerstag nach Berlin gereist, um den Ausschussmitgliedern die Vorwürfe vorzutragen. Nach taz-Informationen wurde im Ausschuss auch von einem Foto berichtet, das der Mann aus Bremerhaven Tauss geschickt haben soll. Darauf seien drei nackte Kinder an einem See zu sehen gewesen. Darauf soll Tauss dem Mann eine SMS mit dem Inhalt geschrieben haben: "Die drei am See sind geil." Die Entscheidung, Tauss Immunität aufzuheben, fiel im Ausschuss schließlich einstimmig.
Der SPD-Linke Björn Böhning sagte, er sei wie alle in der SPD bestürzt. Er begrüßte, dass Tauss von seinen Ämtern zurückgetreten ist. "Nun muss man abwarten, was die Ermittlungen bringen." Ulla Burchardt, die bisher mit Tauss die Bildungspolitik der SPD bestimmt hat, sagte der taz: "Der Rücktritt von den Ämtern ist kein Schuldeingeständnis." Und auch die Staatsanwaltschaft betont, es gelte nach wie vor die Unschuldsvermutung. Sollte sich der Verdacht bestätigen, könnte Tauss hart bestraft werden. Auf Erwerb und Verbreitung von Kinderpornos stehen bis zu fünf Jahre Gefängnis.
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