: Kinderheim geräumt
■ Polizei und Jugendbehörde schließen in Köln ein von islamischen Fundamentalisten geführtes Internat
Köln (ap/taz) - Rund 100 Polizisten, unterstützt von 70 Mitarbeitern der Kölner Jugendbehörde, räumten am Mittwoch vormittag ein Internat, das von islamischen Fundamentalisten aus der Türkei betrieben wird. Das Heim im Kölner Stadtteil Niehl, in dem sich zum Zeitpunkt der Räumung 84 Kinder aufhielten, befand sich nach Angaben des Leiters des Kölner Jugendamtes, Franz–Josef Schulte, in völlig verwahrlostem Zustand. Das Landesjugendamt Rheinland hatte bereits im September 87 den Betrieb des Heimes untersagt, da trotz Verbot minderjährige Kinder aufgenommen worden waren. Das Verbot wurde im November 87 vom Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt; im März dieses Jahres wurde vom Düsseldorfer Innenministerium auch der Trägerverein verboten. Dieser Verein, der „Verband islamischer Vereine und Gemeinden“, wird von Celalettin Kaplan geleitet, einem extremen Fundamentalisten, der auch in islamischen Kreisen heftig umstritten ist. Kaplan wurde von Ankara zwangsausgebürgert, weil er zum Sturz des laizistischen Systems in der Türkei, das Kirche und Staat radikal trennt, aufgerufen hat. Sein radikaler Kurs gegen die türkische Regierung hat mittlerweile seine Anhänger gespalten, denn nicht alle wollten es sich nicht ganz mit Ankara verderben. Die Kölner Behörden vermuteten seit langem, daß in dem von Kaplan gegründeten Internat eine unzulässige Indoktrinierung der Kinder stattfinde. Eine Zusammenarbeit mit dem Jugendamt wurde von Kaplan kategorisch verweigert, mehrfachen früheren Aufforderungen, das Heim zu schließen, war der Prediger nicht nachkommen. Die Räumung am Mittwoch verlief ohne Zwischenfälle. Passiven Widerstand gab es nur bei Mädchen und Frauen, die geschlossen im dritten Stock des Gebäudes untergebracht waren. Sie verweigerten zunächst den Zutritt zu ihren Räumen und waren erst nach längeren Verhandlungen bereit, den Schleier zwecks Identitätsfeststellung zu lüften. Die Kinder im Alter von 12 bis 17 Jahren sollen zu ihren im Bundesgebiet und im Ausland lebenden Eltern zurückgebracht werden. Im Heim blieben lediglich 25 Islam–Schüler, die bereits älter als 18 Jahre sind. Fraglich bleibt, ob mit der Räumung das Internat tatsächlich aufgelöst wird. Etliche Zöglinge ließen ihre Sachen gleich da. „Wir kommen ja doch bald wieder“, erklärten sie den Beamten. JG
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