Kinderbetreuung: Empörung über Preiserhöhung
Die geplante Verlagerung der Schulkindbetreuung an die Schulen kommt frühestens 2013. Viele Eltern kritisieren die Erhöhung des Essensgeldes als unsozial.
Im Bezug auf den Kita-Bereich hatte die Spar-Pressekonferenz des Senats vom vorigen Freitag viel Brisantes zu bieten: Nicht nur, dass die Elternbeiträge erhöht und der Rechtsanspruch für Zweijährige verschoben wird, auf Nachfrage der taz gab Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) auch bekannt, dass die für 2011 geplante Verlagerung der Kita-Horte an die Schulen auf 2013 verschoben wird. Pilotversuche solle es bis dahin aber weiter geben. "Auf diese Weise gewinnen wir mehr Zeit für die Vorbereitung", sagt ihre Sprecherin Brigitte Köhnlein.
Eine Sparmaßnahme im eigentlichen Sinn ist das nicht. Sozial- und Schulbehörde hatten geplant, bei gleich bleibendem Etat die Nachmittagsbetreuung von Schulkindern an die neuen Primarschulen zu verlagern. Diese sollte für alle Kinder zugänglich sein und nicht mehr, wie heute, nur für die Sprösslinge berufstätiger Eltern. Doch weil das mit einem schlechteren Personalschlüssel von 1 zu 25 statt 1 zu 17 einhergehen sollte, bildete sich ein Protestbündnis für den Erhalt der Horte an den Kitas. In Kita-Kreisen wird noch orakelt, ob organisatorische Fragen, politischer Druck oder doch finanzielle Erwägungen ausschlaggebend waren. Der stellvertretende GEW-Vorsitzende Jens Kastner glaubt sogar, dass einzelne Erzieher das Volksbegehren gegen die Primarschulen unterschrieben, weil sie "die Hort-Reform nicht in Ordnung finden". Kastner: "Ich gehe davon aus, dass die bei einem Volksentscheid anders abstimmen, weil sie für längeres gemeinsames Lernen sind."
Bei den Kita-Trägern gab es Erleichterung. "Offiziell wissen wir aber noch nicht viel", sagt Michael Edele von der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände. Fest steht nur, dass die behördeninterne Arbeitsgruppe die Reform weiter vorbereitet. Auch sollen, wie angekündigt, 35 Millionen Euro aus dem Konjunkturprogramm II genutzt werden, um an den Schulen Multifunktionsräume herzurichten.
Die Kita-Beiträge sind in 20 Stufen nach Einkommen gestaffelt.
Den Mindestbeitrag zahlen Menschen mit niedrigem Einkommen. So zahlt eine Familie mit vier Kindern und einem Einkommen von bis zu 2.045 Euro für einen Acht-Stunden-Platz 38 Euro.
Höchstsatz: Ab einem Einkommen von 3.375 Euro zahlt diese Familie den Höchstsatz von 383 Euro für das jüngste Kind und für Geschwister je ein Drittel davon.
Essensgeld war früher im Beitrag inbegriffen, seit 2004 müssen Familien dafür 13 Euro zahlen.
Die Teilnehmer des Hort-Bündnisses, die sich am Donnerstag trafen sind empört über die angekündigte Preiserhöhung für das Mittagsessen. Für Schulkinder wird es von 13 Euro auf rund 43 Euro angehoben. Das trifft Ärmere besonders hart. Tobias Buck von der Hort-Initiative hat ausgerechnet, dass eine Mutter mit zwei Schulkindern, die 1.750 Euro verdient, künftig 184 statt bisher 124 Euro im Monat zahlen müsste. Ein alleinerziehender Vater mit 1.300 Euro Nettoverdienst müsste für sein Kind 81 statt 51 Euro zahlen. Hartz-IV-Empfänger sollen 80 Cent pro Tag zahlen. "Diese Ermäßigung ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt Bodo Heuer vom Landeselternausschuss (LEA) Kita. "Besonders Eltern, die knapp über dem Hartz-IV-Level sind, bräuchten eine Entlastung."
Für die Vorschulkinder in der Kita wird das Essen nur auf rund 22 Euro erhöht. Buck vermutet, dass der höhere Preis in den Horten doch schon eine Vorbereitung auf die Hort-Reform sei. War in dem Modell doch geplant, den Eltern freizustellen, ob sie Essen für ihr Kind buchen oder nicht. "Kinder sollten nicht vom Essen ausgegrenzt werden", sagt die Sprecherin des Hort-Bündnisses, Isa Baumgart.
Differenzierter ist die Reaktion auf die angekündigte Erhöhung der Kita-Elternbeiträge für obere Einkommen. Zurzeit zahlen Eltern ab einem Einkommen von 3.000 Euro den Höchstsatz. Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) hatte angekündigt, diese Tabelle bis zu 4.000 Euro Einkommen weiter nach oben zu staffeln, so dass die Beiträge um bis zu 100 Euro steigen.
"Wir haben nichts dagegen, wenn die Elternbeiträge erhöht werden, wenn es im richtigen Rahmen ist", sagt Baumgart. Diskussion unter Eltern gibt es um die Frage, wo die hohen Beiträge ansetzen. Sind doch Familien mit mehreren Kindern und mittleren Einkommen in einer Großstadt wie Hamburg beispielsweise durch hohe Mietkosten für eine größere Wohnung belastet.
Sozialsenator Wersich legt Wert darauf, dass die erhöhten Beiträge nicht gespart werden, sondern dem Ausbau des Kita-Angebots und der Beibehaltung von "Standards und Qualität" dienen sollten. Doch hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Weil das Sparsoll von 145 Millionen Euro noch nicht erfüllt ist, will Wersich im Frühjahr mit den Trägern Gespräche führen.
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