Kinder hungern wegen Corona: Menschenunrecht
Wenn die Wirtschaft in ärmeren Ländern wegen der Corona-Pandemie einbricht, leiden Kinder am meisten. Dabei könnte man ihnen leicht helfen.
A n Corona sterben vor allem ältere Menschen, heißt es. Doch das ist falsch: Die Opfer der indirekten Folgen der Pandemie sind vor allem Kinder. Würden sie ebenso gezählt und in täglichen Statistiken dauerpubliziert werden wie die an Covid-19 Verstorbenen, die Industrieländer würden auf die Pandemie anders reagieren. Sie würden ihre Hilfspakete anders schnüren, wir alle würden unser Aufregungsbudget anders einteilen.
Das Problem kurz umrissen: Wenn die Wirtschaft einbricht, fehlt es armen Menschen in Entwicklungsländern schnell am Lebensnotwendigen. Hinzu kommen die Einschränkungen der Pandemie, Ärzte sind nicht mehr vor Ort, Impfprogramme gegen Masern, Hepatitis, Typhus und andere Krankheiten bleiben aus. In Entwicklungsländern leben besonders viele junge, mangelernährte Menschen, für sie ist nicht Covid-19 eine tödliche Gefahr, sondern Durchfall. Wie viele indirekte Opfer die Pandemie fordern wird? Die Hochrechnungen schwanken. Mindestens 111.000 Kinder, es könnten auch viel mehr sein. Hinzu kommen die, die wegen Mangelernährung in der kommenden Zeit ihr Leben lang gezeichnet sein werden.
Es ist noch nicht einmal platt, zur EU zu sagen: Für eure Wirtschaft habt ihr Billionen – und die Armen lasst ihr sterben. Deutschland hat drei Milliarden Euro für Entwicklungsländer eingeplant, IWF und G20 ein Schuldenmoratorium für arme Länder – das war es dann. Geradezu lächerlich im Vergleich zu dem Leid, das dort droht; eine Schande. Mit Geld allein ist es ohnehin nicht getan: In den Ländern fehlt es an medizinischer Schutzausrüstung, an Personal, Logistik.
Die Entwicklungsagentur UNDP schlug kürzlich vor, ein temporäres Grundeinkommen für 2,7 Milliarden Menschen einzuführen. Kostenpunkt wären 170 Milliarden Euro im Monat. Die würden unmittelbar in den Konsum fließen und die Weltwirtschaft ankurbeln: Es gibt absolut keinen Grund, nicht mal einen ökonomischen, nicht zu derartigen Maßnahmen zu greifen. Außer vielleicht: Sind nur Menschen in Entwicklungsländern. Nicht sichtbar. Uninteressant.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!