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Kinder fragen, die taz antwortetWarum stehen in der Zeitung nur schlechte Nachrichten?

Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Jede Woche beantworten wir eine. Diese Frage kommt von Emma, 8 Jahre alt.

Die gute Nachricht: Wer viel ließt, weiß mehr Foto: Michael Bihlmayer/imago

Das ist eine gute Frage – darüber denken Leute, die in Zeitungen arbeiten, auch immer wieder nach. Und wie oft bei guten Fragen gibt es mehrere Antworten. Eine davon ist die Aufgabe von Zeitungen. Sie sind auch dazu da, die Menschen zu informieren, wenn etwas schiefläuft. Wenn einer mit viel Macht richtig krassen Blödsinn macht, sorgen Zeitungen im besten Fall dafür, dass davon nichts unter den Teppich gekehrt wird. Je krasser der Blödsinn, desto weniger gehört er unter den Teppich. Die Zeitung ist also ein bisschen so etwas wie ein Wachhund, der bellen soll, wenn jemand in Gefahr ist.

Eine andere Antwort hat mit unserem Körper zu tun. Er reagiert stark auf die Gefühle, die schlechte Nachrichten auslösen. Stellen wir uns mal vor, du wärst ein Steinzeitmensch. Diese Steinzeit-Emma muss tierisch aufpassen, dass sie nicht gefressen wird, zum Beispiel von einem Säbelzahntiger. Deshalb schenkt sie den potenziellen Gefahren in ihrer Umgebung besonders viel Aufmerksamkeit.

Die Momente, in denen dein Papa am Esstisch sitzt und Zeitung liest, sind natürlich vollkommen ungefährlich. Unser Gehirn kann aber nicht so gut unterscheiden, ob man einfach schlechte Nachrichten liest oder sich ein echter Säbelzahntiger anschleicht. Beides wirkt unterbewusst wie eine unmittelbare Gefahr auf uns. Unser Körper merkt das und schüttet dann Stoffe aus, die ihn auf Flucht oder Kampf vorbereiten. Unsere Aufmerksamkeit steigt. Forscher haben herausgefunden, dass die Menschen sich deshalb schlechte Nachrichten besser merken können als gute. Außerdem interessieren sie sich mehr dafür. Sie könnten ja überlebenswichtig sein. Das verkauft sich gut.

Der Fokus auf sie kann aber auch gefährlich werden. Wenn man nämlich gute Nachrichten vernachlässigt und die schlechten zu sehr betont, dann machen sich die Leser ein falsches Bild. Sie denken, die Welt wäre schlechter, als sie wirklich ist. Dabei sollen Zeitungen ja versuchen, die Welt genau so zu beschreiben, wie sie ist, und dabei ausgewogen sein. Deine Frage ist deshalb toll, weil sie uns bei der taz spiegelt, wie die Zeitung wahrgenommen wird.

Denn auch Zeitungen machen ihren Job nicht immer perfekt. Vielleicht müssen auch wir mutiger werden und einfach mehr gute Nachrichten einstreuen. Wir versuchen zumindest ein bisschen entgegenzusteuern, indem wir in der wochentaz immer „die gute nachricht“ mit aufnehmen. Schau mal, wo du sie in dieser Ausgabe findest!

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3 Kommentare

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  • Zum einen stehen in der Zeitung nicht nur Nachrichten, und dementsprechend eben nicht "nur schlechte Nachrichten", sondern auch Leserbriefe wie deiner, Werbung (etwa für ein taz-Abo ...), Anzeigen ( Geburt, Bar Mitzwah, Dinge/Beziehung zu verschenken ...), Fortsetzungsromane und Comics und so weiter und so fort.

    Zum anderen sind nicht alle Nachrichten für jeden schlecht. So sind Anhänger von Sportnachrichten gleichzeitig immer mit guten wie mit schlechten Nachrichten ausgestattet. Denn wenn ein Verein absteigt, steigt ein anderer dafür ja auf. Wenn einer gewinnt, verliert automatisch ein Anderer.

    Das gleiche gilt auch für Überregionale Gesellschafts- und Politiknachrichten. Das Aufkommen über die schlechte Nachricht des entstehenden Ozonlochs führte zur Abschaffung von FCKW als Treibmittel in Sprühdosen, und das ist wiederum eine gute Nachricht für Produzenten von FCKWfreien Sprühdosen (Steigerung des Absatzmarktes).

    Für die Wirtschaft ist es fast immer eine gute Nachricht, wenn in der Zeitung eine schlechte Nachricht steht, denn dann müssen diese in ihrer Werbung nicht erst ein Problem erschaffen, für dem ihr Produkt die Lösung darstellen soll.

  • Sehr gute Frage - aber nur teilweise richtige Antwort.



    Ein Schwerpunkt der TAZ-Antwort liegt auf der persönlichen Wahrnehmung von positiven bzw. negativen Nachrichten - sicherlich ein wichtiger Aspekt.



    Fast im Nebensatz kommt dann noch der Aspekt, dass Pressemedien einseitig berichten.



    Dieser Aspekt überwiegt in der Praxis.



    Auch wenn uns die Ampelregierung als Ausrede immer vormachen wollte, dass man es aktuell mit Multikrisen zu tun hätte. Im Quervergleich mit früheren Jahren ist das Gegenteil der Fall.



    Anbei eine kleine Auswahl:



    Smogkatastrophen in Europa und den USA (1960er-Jahre)



    Ölkatastrophe der Torrey Canyon (1967)



    Dürre und Hungersnöte in der Sahelzone (1970er-Jahre)



    Chemieunfälle in Seveso (1976) und Bhopal (1984)



    Saurer Regen und Waldsterben (80er Jahre)



    Nuklearkatastrophe von Tschernobyl (1986)



    Exxon-Valdez-Ölpest (1989)



    Ozonloch (1980er-Jahre)



    Hurrikan Katrina (2005)



    Kubakrise (1962)



    Vietnamkrieg (1955–1975)



    Ölkrise (1973 und 1979)



    Islamische Revolution im Iran (1979)



    Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens (1989)



    Jugoslawienkriege (1991–1999)



    Terroranschläge vom 11. September 2001



    Damals wurde in der Presse darüber berichtet - allerdings nicht so hysterisch.

    • @Andere Meinung:

      Die Ampelregierung ist kein Pressemedium! Oder: Sie haben bei Ihrer Erklärung wohl etwas ausgelassen.