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Kinder fragen, die taz antwortetWas ist eine Jam-Session?

Die Engländer nennen Marmelade Jam. Nur wenn sie aus Orangen gemacht wird, heißt sie Marmelade. Aber was hat das mit Musik zu tun? Gar mit Jazz?

Erstmal einen Löffel Jam und dann ab zur Jam-Session Foto: Gennady Kravetsky/YAY/imago

Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Jede Woche beantworten wir eine. Diese Frage kommt von Fiódor, 11 Jahre alt.

Lieber Fiódor, danke für deine schöne Frage. Du hast dich über das Wort Jam-Session gewundert, weil du schon gelernt hast, dass Jam auf Englisch Marmelade heißt. Und was soll das dann sein, eine Marmeladen-Sitzung? Du hast recht, „Jam“ heißt auf Englisch auch Marmelade. Gemeint sind damit in Großbritannien übrigens alle Marmeladensorten, außer die aus Orangen. Doch das ist nicht die einzige Bedeutung von Jam. Das Wort bedeutet auch Stau, oder umgangssprachlich: improvisieren.

Mit Marmelade hat eine Jam-Session also ziemlich wenig zu tun. Denn eigentlich geht es um Musik. Genauer gesagt, um Musik, bei der Musikerinnen und Musiker frei improvisieren. Im-pro-vi-sa-tion – das bedeutet, etwas ohne viel Vorbereitung oder großes Nachdenken zu tun. Im Fall von Musik heißt es, diese einfach frei und spontan zu spielen, ganz ohne Noten oder vorherige Absprachen. Mu­si­ke­r:in­nen spielen dann Melodien mit verschiedenen Instrumenten, die nach ihrem (durchaus gut trainierten) Gefühl gut zusammenpassen. So entsteht Musik in einer speziellen Form, die sich fast nicht wiederholen kann.

Improvisation taucht aber nicht nur in der Musik auf, sondern auch in ganz alltäglichen Situationen. Wenn dir zum Beispiel dein Gürtel kaputtgeht und du deine Hose stattdessen mit Geschenkband zusammenbindest. Oder, wenn dir ein Schnürsenkel reißt und du stattdessen ein Stück Schnur verwendest, um deine Schuhe zuzuknoten.

wochentaz

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Aber noch mal zurück zu deiner eigentlichen Frage. Den Begriff Jam-Session verwendet man eigentlich erst seit 1930. 200 Jahre vorher hat man auch schon von „jammen“ gesprochen, das bedeutet nämlich, Objekte zusammenzupressen oder zu zerkleinern. Wie etwa Früchte, die man zu Marmelade verarbeitet. Oder eben Musik. Das haben irgendwann auch Jazz­mu­si­ke­r:in­nen aufgeschnappt. Bei diesem Musikstil spielen meistens mehrere Personen auf unterschiedlichen Instrumenten zusammen. „Jammen“ meint hier, die Musik frei aus dem Kopf entstehen zu lassen. Das ist besonders wichtig, um Kombinationen, Melodien und Tonfolgen entstehen zu lassen, die nur schwer als Noten dargestellt werden können. Zum Beispiel schnell wechselnde und unterschiedlich hohe Töne.

Und genau das passiert in einer Jam-Session: Man kommt zusammen, spielt drauflos und erfindet die Musik währenddessen. Falls dann doch mal die Luft raus sein sollte oder jemand dabei hungrig wird: Ein Marmeladenbrot hilft sicherlich.

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12 Kommentare

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  • Noch ne Definition:



    Ne Jam Session ist ne Marmeladensitzung ohne Marmelade

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      ...und die abwesende Marmelade hat auch nicht gestört, im Gegentum 🎷🎺🍻💐

      • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

        Fehlt noch 🪘, das Alter, Alter...

  • Und im Versuch meine R1 Scharte auszuwetzen & in der hoffentlich berechtigten Hoffnung - daß auch Eltern & Lehrpersonal hier ihre Nase zum Wohle der Bälger reinstecken!



    HEINRICH JACOBY - Aber Hallo!



    & Hier sein: “Jenseits von 'Musikalisch' und 'Unmusikalisch': Die Befreiung der schöpferischen Kräfte dargestellt am Beispiele der Musik.“ Unfaßbar gut •



    “In dem, von Sophie Ludwig 1984 erstmals herausgegebenen Buch "Jenseits von 'Musikalisch' und 'Unmusikalisch'", sind die Veröffentlichungen Heinrich Jacobys zur Musik versammelt. In der neuen Auflage ist ein Text zur "Einführung des Theorie- und Harmonieunterrichts" an der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze hinzugekommen und Anmerkungen zu den Veröffentlichungen. Die Veröffentlichungen stammen aus den Jahren1913 "Einführung des Theorie- und Harmonieunterrichts"1921 "Grundlagen einer schöpferischen Musikerziehung"1924 "Jenseits von 'Musikalisch' und 'Unmusikalisch'. Voraussetzungen und Grundlagen einer lebendigen Musikkultur"1925 "Die Befreiung der schöpferischen Kräfte dargestellt am Beispiele der Musik"1927 "Muss es Unmusikalische geben?"Eine Darstellung "Heinrich Jacoby, persönliche Daten" von Sophie Ludwig beschließt das Buch.“



    Der Mann war Schüler von Pfitzner (dem sein Ansatz gar nicht paßte!;) - 🙀🥳 -



    de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Jacoby



    “Jacoby erkannte aufgrund eigener Beobachtungen bei Jugendlichen und Erwachsenen, dass es (musikalische) Begabung im eigentlichen Sinne nicht gibt, sondern nur eine mehr oder weniger gelungene Entfaltung der eigenen Entwicklungsmöglichkeiten entsprechend der Einflussnahme von Erziehern, Lehrern und der Umwelt. Durch Vorschriften, ungeeignete Fragestellungen, voreilige Hilfestellungen und Problemlösungen wird die eigene Entfaltung gestört, der Mensch verliert die Fähigkeit und den Mut, selber auszuprobieren, zu improvisieren und spontan eigene Äußerungen zuzulassen, sei das nun im Bereich der Musik, der Bewegung oder des (sprachlichen) Ausdrucks.“ usw usf

    • @Lowandorder:

      Wunderbarer Beitrag,

      Erhellung für für sicherlich einige Eltern, die auf den " Talent Ausbruch " ihres Nachwuchses - noch vergebens warten....

      Danke dafür

      • @Alex_der_Wunderer:

        servíce - selber spät entdeckt - mal so -



        “Obwohl Heinrich Jacoby schon als Jugendlicher gerne Musik studiert hätte, absolvierte er auf Wunsch seiner Eltern vorerst eine Lehre in einer Eisenwarenhandlung. 1907, nach Abschluss seiner Lehre, begann er sein Musikstudium bei Hans Pfitzner am Konservatorium Straßburg und schloss es 1913 ab. Während des Studiums war er am Straßburger Stadttheater – neben Wilhelm Furtwängler und Otto Klemperer als Kapellmeister und Regievolontär tätig.…“



        & Däh =>



        “Bis zu seinem Tode 1964 gab er Kurse über seine Erfahrungen und Erkenntnisse, die aus der Fragestellung resultierten,

        „wie wir trotz der erschwerenden Bedingungen unserer Gesellschaft die naturgegebenen zweckmäßigen Verhaltensweisen und schöpferischen Möglichkeiten dem Kind erhalten und als Erwachsene wiedergewinnen können?“



        – Klappentext: Jenseits von ‚Begabt’ und ‚Unbegabt’. 2. Aufl. 1983“ - wiki -

        Feldenkrais & viele andere lauschten ihm.



        ps alle Veröffentlichungen sind ihr Geld allemal wert.

        (ps - wie drückte es mal mein 🎷Lehrer & Komponist für Neue Musik aus:



        “Ich weiß - du wirst dich nie an Akkord- und Formvorgaben halten. Aber ich improvisier sehr gern mit dir. Am liebsten mit der Querflöte. Vermutlich weil du damit nur ein begrenztes Tonmaterial zur Verfügung hast.“



        Nicht nur mit ihm - Glück gehabt!;) 🙏

        kurz - “Ein Leben ohne Musik - wäre ein Irrtum.“ Nietzsche

        • @Lowandorder:

          ...Jeep 🎹 🎺 🎸

  • Ja. Seit ewig dabei & das dank meiner musikerfahrenen Mutter (wg 4 Lungenschnitten/TBC Spielverbot; eines der wenigen Verbote - an die sich hielt!;)



    “Der singt ja falsch!“ “Ja hört ihr denn nicht zu?! Der bastelt sich ne 2.Stimme; die 1. ist doch schon da!)!bis heute & zB mit Willi Donnerstags 1. Dezember in Kölle! - möchte aber auch etwas hartes soziales Wasser ins Heiti-Teiti- 🎶🎶🎶



    Gießen: Die Jam-Session - allen voran im Jazz logo - waren knallharte “Musiker-Märkte“! In New Orleans Chicago NY - everywhere • Es ging um hartes Geld - um in dem einschlägigen Clubs Etablissements nen Job zu ergattern!



    Mal beim gut gekannten Ekkard Jost -



    Sozialgeschichte des Jazz in den USA. Fischer, Frankfurt am Main 1982, Reprint Wolke, Hofheim am Taunus 1991, ISBN 3-86150-472-3 (erweiterte Neuausgabe 2001: Frankfurt am Main 2003). zB nachlesen



    de.wikipedia.org/wiki/Ekkehard_Jost



    & vor allem unerreicht - Ben Sidran -



    Ben Sidran und 2 weitere -



    Black Talk: Schwarze Musik - die andere Kultur im weissen Amerika



    & um zu demonstrieren worums ging -



    Remember “Souvenirs Souvenirs“ by Bill Ramsey - what a musician!;)



    “Souvenirs, Souvenirs



    Kauft ihr, Leute, kauft sie ein



    Charlie Chaplins Schuh?



    Und Picassos Kamm



    Von der Garbo eine Brille



    Und von der Monroe einen Schwamm



    Von Louis das weiße Tuch



    Das die Trompete hält



    Und von Eddie die Pistole



    Mit der er Gangster fällt.“



    But. Ja Louis das weiße Tuch - hatte seinen Grund - in der Abwehr der Krokodiles! Damit diese Ausspäher der Konkurrenz anderer Clubs nicht erkennen & petzen konnten - mit welchen Tricks die Trompeter - die post des Sezzionskrieges lange lange Zeit Cornets spielten! Die hab’s für kleines Geld.



    Was et last zu Buddy Bolden führt!



    Der keine einzige Note konnte - aber alles von der Bühne blies! Was nicht bei drei auf den Bäumen war!;))



    de.abcdef.wiki/wiki/Buddy_Bolden



    Unter Kreolen “Kann keine Note. Aber du mußt downtown & den Scheiß spielen!“



    Dazu Coming Through Slaughter by Michael Ondaatje

    • @Lowandorder:

      Juti allet,



      ich möchte aber hinzufügen, das es den armen Fiódor, 11, möglicherweise wegjamt beim lesen.



      ;-)

      • @Ringelnatz1:

        Nö.. Dein link-Bild DRANBLEIBEN



        &



        SHUT UP AND PLAY! ES GIBT KEINEN FALSCHEN TON!



        &



        WO? BITTE - KANNST DU ALLES RISKIEREN - UND SELBST WENN DU MAL DANEBEN LIEGST - JA ABSTÜRZT!



        UND!!



        DIR NICHT DEN HALS BRECHEN! WOLL!



        SONDERN ES GLEICH WIEDER PROBIEREN?!!



        WER? - WENN NICHT DU! PROBIERS •



        VIEL GLÜCK

  • Die ersten drei Sätze sind so schön, lieb zielgruppenorientiert!



    Früh anfangen:



    flickr.com/photos/...L8k8-4GQimQ-4GQiku

  • Und weil sich "Jam" so ähnlich anhört wie "Cem" und Marmelade auf schwäbisch "Gsälz" heißt, bekam Cem Özdemir als Schüler den Spitznamen "Gsälz" verpasst.