: Kiel beschließt Abschiebestopp
■ Sechs Monate Schonfrist für kurdische Flüchtlinge / Taube Ohren in Hamburg?
Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat als erstes Bundesland in diesem Jahr einen Abschiebestopp für Kurden beschlossen. Das gab Innenminister Hans Peter Bull (SPD) gestern nach einer Kabinettsitzung bekannt. Bull forderte die anderen Bundesländer auf, dem Beispiel Schleswig-Holsteins zu folgen.
In Hamburg dürfte er damit allerdings auf taube Ohren stoßen. Innensenator Hackmann (SPD) hatte einen Abschiebestopp bereits vor wenigen Tagen mit einem Verweis auf „rechtliche Probleme“ abgelehnt. Die Hansestadt schiebt Kurden in die westtürkischen Städte Ankara und Istanbul mit der Begründung ab, daß ihnen dort keine Verfolgung drohe.
Der generelle Abschiebestopp der Kieler Landesregierung ist auf sechs Monate befristet und gilt nur für Kurden, die aus den Notstandsprovinzen im Südosten der Türkei stammen und ihr Asylverfahren in Schleswig-Holstein betrieben haben. Straftäter sollen weiterhin abgeschoben werden.
Eine Verlängerung des befristeten Abschiebestopps über die jetzt angeordneten sechs Monate hinaus kann nur durch eine bundeseinheitliche Regelung erfolgen. Bull fordert deshalb von der Bundesregierung, die Zustimmung zu einem längerfristigen Abschiebestopp zu erteilen. Die Rechtsauffassung von Bundesinnenminister Kanther (CDU), der wegen unterschiedlicher Ländermeinungen eine Bundeslösung ablehne, sei falsch.
Bull begründete die Entscheidung der Landesregierung mit der Lage in Kurdistan, die sich nach Berichten des Auswärtigen Amtes und von „amnesty international“ verschärft habe. „Es wird von Eigentumszerstörung, Freiheitsberaubung, Mißhandlung und Tötung gegenüber Unbeteiligten berichtet.“ Eine aus Sachsen abgeschobene kurdische Familie sei in der Türkei mißhandelt worden. Mit dem Beschluß der schleswig-holsteinischen Regierung soll „ein Signal gesetzt werden, im Zweifel für die zu handeln, die Schutz brauchen“, sagte Bull. lno
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