piwik no script img

„Kenter mit!“

■ Entermänner-Entertainer: Maritimes Kabarett im Mon Marthe

„Will ein jeder Mann nicht auch einmal was entern, ist ein jeder Mann nicht irgendwie Pirat, viele Entermänner, ja, die kentern, und wer uns kennt, jou, der kentert mit. Ahoi“.

Matthias Winkler (Musik) und Nils Loenicker (Kabarett Alma Hoppe) alias Conny und Kalle, stellten, erstmalig in dieser Besetzung, am Mittwochabend die Premiere der „Entermänner“ im Mon Marthe in der Tarpenbekstraße 65 vor: Zwei erfolglose Entertainer suchen ihr Glück im Show-Geschäft und kommen damit letztlich auch nicht weiter.

Während Conny seine herz-schmerz-zerreißenden Rühr-Lieder zum besten gibt, will Kalle von seinen strammen Arbeiterliedern nicht lassen. So werden die Beiden von einem bösen Konzern engagiert, der an die Stelle der Bühne einen Supermarkt bauen will und sich von den dummen Jungs das erfolgreiche Leer-Spielen des Saales verspricht. Conny und Kalle setzen noch einen drauf und alles daran, sich so unbeliebt wie möglich zu machen; das klappt allerdings nicht immer. Die Nummer mit dem in die Jahre gekommenen Vampir kommt aus Gründen der Geschmacklosigkeit einfach zu gut an: Der zahnlose Alte saugt am liebsten das Blut aus frischen Tampons und küßt gern junge Männer mit Zahnfleischbluten; aidsinfizierte Junkies schmecken ihm allerdings wie eine „Vorspeise mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum“.

Bei aller bewußt fehlenden Linie droht das sich zwischen Entertaiment und Kabarett bewegende Programm doch das ein oder andere Mal zu kippen, wenn auch nicht zu kentern. Das ist einerseits vielleicht der noch fehlenden Bühnenerfahrung Matthias Winklers zuzurechnen, der allerdings hier das erste Mal auf der Bühne agiert, andererseits manchem etwas flauem Gag. Ab und zu fehlt auch der rechte Schwung, wobei Nils Loenickers souveräne Spielfreude der Show durchaus Lebendigkeit verleiht.

Für die Supermarkt-Zukunftspläne sind Conny und Kalle denn doch zu uneffektiv, sie gefallen einfach zu sehr. Daraufhin will Kalle sich RTL-technisch weiterentwickeln - die Aussicht auf Südsee, Weiber, weiße Yacht ist ach so verlockend - aber nun will Conny dem Motto „Gesinnung über Bord“ partout nicht gehorchen.

Ob die Beiden es doch noch hinkriegen mit der Gesinnung und der Karriere und dem ganzen Kram, das erfahren die Zuschauer in der nächsten Folge. Mal sehen, ob ihnen dann der große Durchbruch gelingt. Simone Ohliger

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen