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Keiner wollte Engholm

■ Aus einem Schreiben des Ex-Politikers

Björn Engholm hat auch einen Tag nach seiner Rücktrittsankündigung von seinem Landtagsmandat die Öffentlichkeit gescheut. Gestern blieb der frühere SPD-Ministerpräsident und Kanzlerkandidat überraschend einer Fraktionssitzung seiner Partei in Kiel fern, auf der eine Erklärung zu seinem umstrittenen Beratervertrag mit dem hannoverschen Energiekonzern PreußenElektra erwartet wurde.

Gestern abend – nach Redaktionsschluß des überregionalen taz-Teils – wurde ein Schreiben Engholms an die Parteispitze verbreitet, dessen schönste Teile wir unseren norddeutschen LeserInnen nicht vorenthalten mögen.

„1. Kurz nach meinem Rücktritt von allen politischen Ämtern vor eineinhalb Jahren habe ich öffentlich erklärt, daß ich mich spätestens mit Ablauf dieser Legislaturperiode vollständig aus der Politik zurückziehen werde, um noch für einige Jahre eine eigene, freie berufliche Existenz aufzubauen. (...)

3. Nunmehr 18 Monate habe ich gewartet, ob es aus meinem politischen oder vorpolitischen Umfeld Hinweise auf künftige Verwendung meiner Erfahrungen gebe. Nachdem das (außer aus dem Ausland) nicht der Fall war, im Gegenteil, einige alles taten, meine Chancen zu mindern, mußte ich beginnen, mich allein um eine neue Existenz zu kümmern. (...)

8. Die Kommentierung meiner Bemühungen um den Aufbau einer nach-politischen Existenz war übel, verlogen und von Fehlinformation bestimmt. (...) Ich bin sicher, daß mir bei jedem Engagement innerhalb wie außerhalb der Politik gleiches widerfahren wäre, denn ob Energie oder Automobil, ob Schiffbau oder Chemie, ob Hochbau oder Wirtschaftsverbände, ja selbst Kultur – alles ist beliebig mißinterpretierbar und tabuisierbar. Mir ist damit klar, daß ich auf mich allein gestellt bin nach 30 Jahren Arbeit für unsere Sache und vielen Hilfen für Sachen und Menschen. (...)“

Siehe auch Kommentar auf S. 10

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