■ Standbild: Keine gute Figur
„Tatort: Mordauftrag“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD
Man sieht es gleich an der Art, wie sie sich auf den Schalensitz ihres Sportwagens hebt. Kein Schwung, keine Dynamik! Sybille Kral, so unglücklich wie reich, ist ein Spielball des Schicksals. Ihr Mann Kurt hat einen fiesen Charakter, beliefert den Nahen Osten illegal mit Sprengstoffen wie Hexamytholentetramin und vögelt seine kuhäugige Sekretärin, die die Chemikalie immer ohne „h“ hinterm „t“ schreibt und trotzdem vorwärtskommen möchte.
Auch auf den Fotos, die Frau Kral einer Killerin übergibt, macht Kurt keine gute Figur. „Keine weiteren Details. Ihr Mann ist ein Schwein“, faßt die bestellte Mörderin (Nina Hoger) mit Kennerinnenblick zusammen. Doch die Auftragsschützin versteht sich besser aufs Abkassieren als aufs Abknallen und macht kein Geschäft mit dem Tod, ohne sich das mit dem Leben durch die Lappen gehen zu lassen. Der Ehemann darf sich also freikaufen. Die Gattin wird mit einer Cassettenaufnahme von der Mordbestellung abgezockt und von ihrem Liebhaber Werner hintergangen. Natürlich sind auch die devoten Schmeicheleien ihres Rechtsanwalts (Dietrich Mattausch) nicht nur Ausdruck reifer Zuneigung. Der spielsüchtige Orchideenliebhaber braucht Sybille Kral zur Vertuschung eines eigenen Mordes.
Während sich also um die arme Frau herum das übrige Personal gegenseitig erschießt oder paarweise verbündet, hält sich das Drehbuch die Heldin weiter als arglose Unwissende – und das Publikum gleich mit. Doch wer identifiziert sich schon gerne mit einer Frustrierten, die keine Fehlentscheidung ohne die Anweisung ihres Geliebten trifft und deren Geheimnisse in die Kaffeekanne ihres Sonntagsservices passen? Und wer läßt sich schon gerne von einem Kommissar (Karl-Heinz von Hassel) aufklären, der sein Revier mit der albernen Fliege und der Leidenschaft eines Rewe-Verkaufsleiters abschreitet?
„Mordauftrag“ von Wolfgang Luderer erinnert an jene ungehobelten Krimis, die einen beim Whodunit-Raten nicht mitspielen lassen, um am Ende die hanebüchensten Lösungen aufzutischen. Ein unglücklich vermischter Tatortsalat, der alle möglichen Verbrechen auf einmal erzählen möchte, etwa alle 15 Minuten mit dem nächsten Handlungsstrang wie neu beginnt und sich dabei von einer Erklärungsbredouille in die nächste manövriert. Birgit Glombitza
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