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Keine besternte Ernte: Daimler kriegt Enasa nicht

■ Die Fiat-Tochter Iveco übernimmt den spanischen Lkw-Hersteller

Madrid/Turin (dpa/taz) — Die Daimler-Benz AG hat das Rennen um die Übernahme des spanischen Nutzfahrzeugherstellers Enasa verloren. Der Staatsbetrieb geht überraschend an die italienische Fiat- Gruppe. Die Fiat-Tochter Iveco hat sich am Mittwoch mit der spanischen Staatsholding INI darüber geeinigt, 60 Prozent des Enasa-Kapitals zu erwerben.

Wie beide Gesellschaften am Donnerstag gemeinsam mitteilten, verpflichtet sich der Fiat-Konzern nicht nur, sämtliche Produktionsstätten und den Beschäftigungsstand von Enasa zu erhalten, sondern auch, alles zu unternehmen, um das Programmangebot der Enasa-Marke „Pegaso“ sowohl im Bereich der Schwerlaster als auch der leichteren Lkws weiter auszubauen. Von Fiat- Seite verlautete, daß im Laufe der Jahre auch die restlichen 40 Prozent in ihre Hand übergehen könnten.

Im November 1989 hatte ein deutsches Konsortium aus Daimler-Benz und MAN einen Vorvertrag über die Übernahme von Enasa unterzeichnet. MAN wollte 60 Prozent, Daimler 20 Prozent übernehmen, während die INI im Besitz der übrigen 20 Prozent bleiben wollte. Nach Einspruch der deutschen Kartellbehörden sowie der Anti-Monopol-Kommission der EG in Brüssel nahm MAN von dem Vorhaben Abstand, während Daimler weiter mit dem INI verhandelte. Das Bundeskartellamt untersagte die Fusion wegen der mutmaßlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb in der BRD. An MAN vorbei wollten INI und Daimler zuletzt eine Ministererlaubnis bewirken, was Bundeswirtschaftsminister Haussmann wohl die allerletzte politische Debatte seiner Karriere eingebracht hätte. Das Bundeskartellamt hatte allerdings bekanntgegeben, gegen den alleinigen Einstieg von Daimler bei Enasa keine Einwände zu haben, weil MAN und Daimler dann ungehemmt von den ausländischen Kapitalverknüpfungen im Inland weiterhin konkurrieren könnten. Als Kaufpreis wurde in spanischen Zeitungen immer wieder ein Betrag von umgerechnet 472 Millionen DM genannt.

Zugleich hat sich Daimler in das IFA-Lkw-Werk im brandenburgischen Marienfelde eingekauft. Fiat und die INI wiederum kamen jetzt überein, im Rahmen des Abkommens auf lange Sicht die Nutzfahrzeugindustrie in Spanien weiter auszubauen. Die Fiat-Tochter Iveco war schon seit Monaten um Enasa im Rennen, schien aber zuletzt von Daimler-Benz überrundet zu werden, die noch vor wenigen Tagen als Favorit des spanischen Partners galt. Iveco steht auf dem europäischen Nutzfahrzeugmarkt an zweiter Stelle nach Daimler-Benz.

In Zukunft will sich Iveco voll auf den europäischen Markt konzentrieren. Die Fiat-Tochter beschloß, ihre 13jährige Präsenz auf dem US- Markt aufzugeben. Begründet wird die Entscheidung mit der übermächtigen Konkurrenz, insbesondere der Japaner, auf dem US-Markt. Iveco wird die für den US-Markt bestimmten Lkws der Marke „Euro“ noch bis Mitte kommenden Jahres bauen, während der Vertrieb erst Ende 1991 eingestellt werden soll.

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