: Keine Verbindung
Amische Gemeinden gibt es in Kanada und neunzehn Bundesstaaten der USA. Die Zahl der Amischen wird auf 20.000 bis 25.000 geschätzt. Die größten amischen Siedlungen befinden sich in Ohio, Pennsylvania und Indiana. Es existieren über dreihundert kirchliche Bezirke. Der Grundgedanke ihres Glaubens: Es gibt keine Vorbestimmung und keine sichere Erlösung nach dem Tod.
Die Ursprünge reichen bis ins 16. Jahrhundert. Das so genannte „Schleitheimer Bekenntnis“ von 1527 enthält die wichtigsten Grundsätze der Wiedertäufer, die später auch von den Amischen übernommen wurden: die Ablehnung der Kindstaufe, die Verweigerung des Militärdienstes und der Beeidung. Zu den wichtigsten Grundlagen dieser Gemeinschaft wurden neubiblische Gebote (Matthäus 5 bis 7 und 18).
Die Amischen sehen sich selbst als chosen people, als auserwähltes Volk. Ein Leben der Disziplin, Reinheit und Schlichtheit ist ihnen vorgegeben. Deshalb passen sie sich der „anderen“, modernen Welt auf keine Weise an, weder durch ihre Kleidung noch durch ihr Verhalten. Elektrizität ist ihrer Meinung nach überflüssig und wird deshalb abgelehnt. Eine Stromleitung, argumentieren sie, sei eine „Verbindung zur Welt“. Sie benutzen Öllampen und Gaslaternen und gewinnen Energie aus Wasserrädern und Windmühlen.
Autos sind für die Amischen ein Hilfsmittel zur Flucht in die Welt und damit eine Gefahr für die Gesellschaft. Auch das mit dem Besitz eines Wagens assoziierte weltliche Prestige gilt als verwerflich. Damit ist für jedes Mitglied der Besitz eines Autos strengstens verboten. Man benutzt stattdessen ein Pferdegespann, den so genannten „Buggy“.
Alle männlichen Amischen haben einen einheitlichen Haarschnitt bis zur Mitte der Ohren. Verheiratete Männer lassen sich einen Bart wachsen; Schnurrbärte gelten als soldatisch und sind verboten. Frauen tragen einfache lange Kleider, die sie, wie auch die Kleidung der Männer, eigenhändig herstellen. Die Kleider sind langärmelig, hochgeschlossen und aus einfachem Material.
Unverheiratete junge Amische versammeln sich am Sonntag zum Singen in dem Haus, in dem vorher die Messe stattgefunden hat, und umwerben das andere Geschlecht. Es bilden sich Paare, die sich fortan Samstag nachts im Elternhaus des Mädchens zum Unterhalten und Spielen treffen. Sexuelle Kontakte vor der Ehe sind nicht erlaubt. Amische dürfen nur Partner aus ihrer Gesellschaft heiraten. Ihre Kinder unterrichten die Amischen selbst.
Aufgrund ihrer relativ gesunden Ernährung sind die Amischen weniger anfällig für übliche Krankheiten. Nur im Notfall wird auf moderne medizinische Mittel zurückgegriffen, auch Krankenhausaufenthalte sind rar. Gott ist ihrer Ansicht nach der Einzige, der heilen kann. Medizinische Vorsorgemaßnahmen wie Impfungen oder Untersuchungen werden so gut wie gar nicht in Anspruch genommen.
Allerdings: Medizinische Studien ergaben verschiedene genetische Defekte bei den Amischen. So treten auffällig oft Zwergenwuchs, Mutationen der Gliedmaßen und Blutkrankheiten auf. Da die Amischen ihre einmal besiedelten Gebiete nicht verlassen und auch nur untereinander heiraten dürfen, leben sie genetisch isoliert. MARTIN MAIER
Infos und Links gibt es unter www.religioustolerance.org/amish.htm
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